Es ist gar nicht lange her, da verkündete Vincent Kompany eine Art Fußball-Glaubensbekenntnis: „Kreativität! Ich liebe sie!“, sagte der Trainer des FC Bayern im vereinseigenen Klub-Magazin und erklärte, dass er den Spielwitz und den Einfallsreichtum der entsprechenden Spieler schützen wolle.
FC Bayern: Kompany weicht von einer zentralen Idee ab
So hinterging sich Kompany selbst
Es sind erstaunliche Worte für einen Mann, in dessen aktiver Karriere als Innenverteidiger es seine Hauptaufgabe war, solche kreativen Geister zu stören. Jetzt denkt Kompany anders und hat das seiner Mannschaft in dieser Saison in beeindruckender Weise eingeimpft.
Kompany muss aktuell beim FC Bayern Abstriche machen
Doch aktuell muss der Belgier Abstriche machen. In Paris, gegen St. Pauli und jüngst bei Union Berlin: Vermehrt war von den Münchnern gefragt, dass sie kämpfen und Fußball regelrecht arbeiten. Mit Schönspielerei wäre man nicht weit gekommen.
„Generell war heute wenig möglich im spielerischen Bereich, das war viel Kampf. […] Normalerweise wollen wir mehr Fußball spielen“, sagte Joshua Kimmich nach der Partie in Berlin am SPORT1-Mikrofon. Dabei klang der DFB-Kapitän aber keinesfalls frustriert, sondern eher stolz. Auch Harry Kane sah in der kämpferischen Leistung des Teams einen neuen „Evolutionsschritt“.
Kompany: „Geht nicht immer nur über schönen Fußball“
Doch gefällt das dem Trainer wirklich? Sind solche Partien nicht eigentlich Verrat an seiner eigenen Fußball-Idee?
„Ich möchte nicht, dass wir uns für solche Spiele zu gut sind und wir diese Kämpfe auch genießen können. Das sind auch schöne und wichtige Momente in einer Saison“, sagte Kompany am Freitag auf SPORT1-Nachfrage und ergänzte: „Es geht nicht immer nur über den schönen Fußball – aber der ist mir natürlich lieber.“
Es wird deutlich, dass selbst der Schöngeist an der Seitenlinie zu Anpassungen bereit ist. Er ist kein Dogmatiker. Kompany hinterging sich in Berlin selbst – und zwar ganz bewusst für den Erfolg.
Es könnte diese Mischung aus einer klaren Idee und dem nötigen Pragmatismus sein, die die Bayern in der aktuellen Saison zu zahlreichen Erfolgen führt. Gerade in den K.o.-Spielen müssen sie ab und an „schmutzig“ sein. Der Trainer hat das verinnerlicht und hält deswegen nicht manisch an der Schönspielerei fest.
Kompany folgt auch dem Beispiel von Tuchel
Ähnlich tat es übrigens Thomas Tuchel in der Endphase seiner Amtszeit an der Säbener Straße. Als er 2024 spürte, dass seine Mannschaft nicht mehr die gewünschte Dominanz ausstrahlen konnte, änderte er das System.
Der damalige Bayern-Trainer tauschte Überlegenheit gegen Erfolg ein und stieß damit sogar bis ins Halbfinale der Champions League vor – damals angesichts der zahlreichen Probleme zwischen ihm und den Spielern wahrlich überraschend. Die Münchner hatten in manchen Partien sogar weniger Ballbesitz als der Gegner.
Gut möglich, dass die Fans in diesem Kalenderjahr keine große Torgala mehr erleben werden – der Spielplan mit den Partien in Stuttgart, gegen Sporting, gegen Mainz und in Heidenheim gibt das höchstens im Duell mit den 05ern her.
Auch das winterliche Wetter auf teils arg ramponierten Rasen dürfte eine Rolle spielen. Aber Kompany ist mittlerweile ja einfach „nur“ mit Siegen zufrieden – auch mit den schmutzigen.