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Früher Existenzsorgen - heute HSV-Führungsspieler

Ein märchenhafter Aufstieg

Vom Amateurfußball in die Bundesliga - Daniel Elfadli hat einen erstaunlichen Werdegang hingelegt. Vor wenigen Jahren wusste der Abwehrspieler des HSV kaum, wie er seine Miete bezahlen soll.
HSV-Star Daniel Elfadli hat einen traumhaften Aufstieg hinter sich
HSV-Star Daniel Elfadli hat einen traumhaften Aufstieg hinter sich
© IMAGO/Lobeca
Vom Amateurfußball in die Bundesliga - Daniel Elfadli hat einen erstaunlichen Werdegang hingelegt. Vor wenigen Jahren wusste der Abwehrspieler des HSV kaum, wie er seine Miete bezahlen soll.

Plötzlich stand er in der Startelf. HSV-Verteidiger Daniel Elfadli war gegen Eintracht Frankfurt eigentlich als Einwechselspieler angedacht. Doch Jordan Torunarigha verletzte sich beim Aufwärmen. Also durfte Elfadli – kürzlich noch von einer langwierigen Adduktorenverletzung geplagt – einspringen.

„Es ist schwer, konditionell reinzukommen - zumal ich auch eine kleine Erkältung habe. Ich musste mich durchkämpfen. Aber es hat Spaß gemacht“, sagte er später.

Damit nicht genug an Überraschungen: Beim Warmup erfuhr Elfadli, dass er später eine Rede halten soll – im ausverkauften Volksparkstadion.

Also stand er nach dem 1:1 vor den Fans und sprach in das Mikrofon: „Was ein verrücktes Jahr, was eine gemeinsame Reise – auf und neben dem Platz.“

Vor 300 Zuschauern in der Oberliga aktiv

Dies trifft auch auf ihn persönlich zu. Denn dieser 28-Jährige, der am Samstagabend vor rund 57.000 Zuschauern eine Rede hielt, spielte vor fünf Jahren noch vor 300 Zuschauern in der Oberliga Baden-Württemberg (5. Liga) für den FC Nöttingen. Als 21-Jähriger war er sogar in der 6. Liga für die SKV Rutesheim aktiv.

Wie es sich anfühlt, von dort aus den Sprung in die Bundesliga geschafft zu haben? „Natürlich bin ich sehr stolz, es ist sehr besonders“, sagt er zu SPORT1. „Ich versuche, mich zu verbessern und mich auf das Wesentliche zu fokussieren. Der Weg ist schön, aber ich genieße einfach die Momente.“

Als Bundesligaspieler führt er ein privilegiertes Leben. Doch vor wenigen Jahren war er noch von Existenzängsten geplagt.

„Die Finanzen waren früher ein Faktor bei mir, der dich nachts nicht ruhig schlafen ließ“, verriet er kürzlich bei Sky.

Selbst im Alter von 25 Jahren, als er in der Regionalliga für den VfR Aalen spielte, hatte er ständig die Unsicherheit im Kopf, „ob du am Ende des Monats die Miete bezahlen kannst.“ Restaurantbesuche? Undenkbar! Stattdessen gab es daheim Pasta mit Ketchup.

Studium, Nebenjob, Fußballtraining

Seine Tage waren voll durchgetaktet: tagsüber studieren, dann jobben, abends zum Fußballtraining. Immer wieder gab es Rückschläge. Ein Probetraining beim damaligen Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen scheiterte.

Dann schien sich der Lebenstraum plötzlich zu erfüllen, als er im Sommer 2022 beim Zweitligisten 1. FC Magdeburg unterkam. Doch es folgte das erste Pflichtspiel – ein Desaster.

In der 1. Runde des DFB-Pokals traf Magdeburg auf den damaligen Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt – vor rund 26.000 Zuschauern. Elfadli stand auf der ungewohnten Position des Rechtsverteidigers in der Startelf.

Sein damaliger Gegenspieler: der pfeilschnelle Filip Kostić. Nach 32 Minuten und zwei Gegentreffern wurde der völlig überforderte Elfadli wieder ausgewechselt. Selbstzweifel kamen auf.

HSV wird auf Elfadli aufmerksam

Doch Elfadli passte sich an das Niveau der 2. Bundesliga an, wurde Stammspieler und weckte das Interesse größerer Vereine.

Bereits nach seiner ersten Zweitliga-Saison, im Sommer 2023, wollte der Hamburger SV ihn verpflichten. Doch Magdeburg ließ ihn nicht ziehen. Erst ein Jahr später kam der Transfer für eine Ablöse von rund 800.000 Euro zustande. In Hamburg ist er seitdem als Stammspieler gesetzt.

„Fadli steht dafür, dass das Leben ein Prozess ist und über eine Entwicklung stattfindet“, sagte HSV-Trainer Merlin Polzin im August. „Wenn man sieht, welche Schritte er in den letzten Jahren gemacht hat, ist das etwas ganz Besonderes.“

Für Polzin zeichnen Elfadli „viele Dinge aus, die für unser Spiel ganz wichtig sind – das mutige nach vorne verteidigen, für Ballgewinne sorgen, die Flexibilität im Spiel mit dem Ball und die positiven Vibes, die er jedem gibt.“

Auch Remberg kommt aus der Oberliga

Der Karriereweg von Elfadli ist im modernen Fußball, in dem die meisten Profis einem Nachwuchsleistungszentrum entspringen, sicherlich eine Seltenheit – aber kein Einzelfall.

HSV-Mitspieler Nicolai Remberg, ebenfalls ein Leistungsträger, war im Jahre 2020 in der Oberliga Westfalen für Preußen Münster II aktiv. „Man muss kein NLZ besucht haben, um Profifußballer zu werden“, sagt Remberg.

Welchen Tipp könnte man jungen Spielern geben, die ebenfalls von solch einem Karriereweg träumen? „Dranbleiben, fleißig sein – das würde ich an die Nummer 1 setzen“, antwortet Elfadli.

Für ihn steht fest: „Der Fleiß zahlt sich aus. Vor allem in Zeiten, wenn es mal nicht so läuft, muss man hartnäckig bleiben. Diese Resilienz zu haben, nicht aufzugeben. Ich glaube, das ist das alles Entscheidende.“