So richtig überraschend kam das nicht. Er war die logische und nachvollziehbare Lösung! Ein Bewerbungsschreiben gab Carsten Cramer schon in den vergangenen Jahren mit seiner Arbeit beim BVB ab.
Vom Stadionsprecher eines Konkurrenten zum BVB-Boss
Wer ist der neue starke BVB-Mann?
Spätestens auf der Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr dürfte seine Eignung allen aufgefallen sein. Bei brisanten Fragen wie beispielsweise dem Rheinmetall-Deal ergriff er, als seine Kollegen ins Schwimmen gerieten, das Wort und ordnete den Sachverhalt ein: inhaltlich, empathisch und auch rhetorisch in überzeugender Manier. Cramer besitzt die Fähigkeit, Menschen um ihn herum zu beruhigen, aber auch emotional mitzureißen: Cramer ist ein Menschenfänger der positiven Art.
Innerhalb des Vereins ist er sehr beliebt. Der 56 Jahre alte Familienvater von vier Kindern kann eigentlich mit jedem: sowohl mit den großen Chefs mit ausgeprägtem Ego, wie Watzke einer ist, als auch mit den Profis, Jugendspielern und Mitarbeitern des Vereins. Doch wer ist der neue starke Mann der Dortmunder?
Cramer: Streetworker, Jura-Student, Stadionsprecher
Cramer ist in Münster geboren und aufgewachsen, ging dort zur Schule und machte Abitur. Eigentlich wollte er immer Sportler werden, vorzugsweise Fußballer oder Volleyballer. Sein Talent reichte allerdings nicht für den Profisport aus. Er entdeckte dadurch sein wahres Talent: Dinge anpacken, organisieren und Verantwortung übernehmen.
Seine Vita liest sich beeindruckend: So gründete er während seines Zivildienstes einen Fußballverein. Nach seiner Arbeit als Streetworker in sozialen Brennpunkten begann er ein Jura-Studium. Nebenbei betrieb er ein Tischtennisfachgeschäft und arbeitete als Presse- und Stadionsprecher bei Preußen Münster. Beim Zweitligisten wurde er dann, noch bevor er sein Studium abschloss, Marketingleiter und später Geschäftsführer.
Seine gute Rhetorik und Stimme brachten ihm Jobs als Hallensprecher bei den Bundesliga-Volleyballerinnen des USC Münster ein. Mehrere Jahre war er schließlich Stadionsprecher beim BVB-Nachbarn und Bundesliga-Konkurrenten Borussia Mönchengladbach.
Cramer ist seit 15 Jahren beim BVB
Seit über 15 Jahren arbeitet Cramer nun bereits in Führungspositionen bei Borussia und ist maßgeblich am enormen wirtschaftlichen Aufschwung beteiligt. Als Direktor für Vertrieb und Marketing, seit März 2018 als Mit-Geschäftsführer, fädelte er viele große Sponsoren-Deals ein.
Auch das Klub-Motto „Echte Liebe“ entstand unter seiner Regie. Zudem hat er sich die Internationalisierung und Auslandsvermarktung des Klubs auf die Fahnen geschrieben.
Der BVB-Kontakt besteht schon lange
Schon auf seiner beruflichen Station zuvor hatte er Berührungspunkte mit Borussia Dortmund. Vor seiner BVB-Zeit war Cramer für den Hamburger Sportrechtevermarkter UFA (heute Sportfive) tätig.
Als Teamleiter betreute er dort zunächst den Hamburger Sportverein. Von 2002 bis 2007 war er dann für Borussia Dortmund zuständig, ehe er Senior Vice President für das deutschlandweite Marketing- und Vertriebsgeschäft der Firma wurde.
Gerade bei den Dortmundern hinterließ er einen bleibenden Eindruck, sodass ihn diese dann im Oktober 2010 zum Verein lotsten.
„Ich habe einen Traumjob“
Wie beliebt er bei den Fans ist, muss sich erst noch zeigen. Viele sehen in ihm den professionellen Marketing-Fachmann. Vom Typ her trifft er damit vielleicht nicht ganz die Ruhrpott-Mentalität.
Den BVB-Fans dürfte das aber relativ egal sein, solange er seine Arbeit weiterhin gut macht. Und die umfasst seit dieser Woche so einiges.
Seit der Wahl von Hans-Joachim Watzke zum BVB-Präsidenten übernimmt er die Funktion als Sprecher der Geschäftsführung und verantwortet in Zukunft die Bereiche Strategie, Kommunikation, Marketing, Vertrieb, Digitalisierung und Internationalisierung.
Cramer ist ein Typ, der gerne und viel arbeitet. „Worüber soll ich mich beklagen“, sagte er einmal in einem Interview. „Ich habe einen Traumjob. Was für viele Freizeit ist, ist für mich Beruf.“ Beim BVB sind sie sich sicher: Mit diesem Mann muss dem Verein nicht angst und bange werden.