Als Stadionsprecher Stephan Lehmann um 0.43 Uhr das Mikrofon an CEO Jan-Christian Dreesen übergab, damit dieser die traditionelle Bankettrede im Teamhotel halten konnte, sagte er: „Per favore!“ Und sinnvollerweise antwortete der Vorstandsboss: „Grazie“.
Mia san selbstbewusst
Beim FC Bayern war man augenscheinlich bereits kurz nach dem Sieg in Leverkusen komplett auf Italien eingestellt. Der Gegner im Viertelfinale: Inter Mailand.
Doch natürlich mussten auch die beiden Partien gegen die Werkself nachbesprochen werden - und zwar voller Genuss. „Wir können sehr, sehr zufrieden sein mit diesem Tag. […] Wir haben vielleicht ein stückweit die Statik im deutschen Fußball heute wiederhergestellt“, verkündete Dreesen vollmundig und traf damit genau den Ton des Abends.
Nachdem zuletzt die Feierlichkeiten nach Auswärtsspielen in der Champions League eher bescheiden ausfielen, weil entweder die Spielweise oder das Ergebnis keinen Grund zum Jubeln gaben, war diesmal deutliche Erleichterung zu spüren.
Trauma besiegt
Bayer 04 hatte in der vergangenen Saison und mit dem Triumph im Pokalspiel die Bayern schmerzlich getroffen und geärgert. Das merkte man Spielern, Verantwortlichen und Fans an. Der Rekordmeister postete in den sozialen Netzwerken sogar ein Meme, in dem man mitteilte, man habe endlich inneren Frieden gefunden.
Sportvorstand Max Eberl brachte es nach dem Spiel auf SPORT1-Nachfrage auf den Punkt: „Wir sind jetzt wieder da“.
Diese wiederentdeckte Breitbeinigkeit haben sich die Bayern aber auch redlich verdient. Sowohl beim 3:0 zuhause als auch beim 2:0 in der BayArena war der Rekordmeister die eindeutig bessere Mannschaft und beging kaum Fehler. Während im ersten Spiel die Werkself noch an ihren eigenen Missgeschicken verzweifelte, verzweifelte man diesmal an der Seriosität der Münchner.
Andrich zollt Respekt
„Im Grunde genommen ist Bayern in beiden Spielen einfach die bessere Mannschaft gewesen. Das ist einfach Fakt“, sagte Leverkusens Robert Andrich zu SPORT1. Die Gäste hätten es „gut ausgespielt“. Auch Lukas Hradecky äußerte sich ähnlich.
Richtig stolz können die Münchner vor allem auf das Lob von Matthias Sammer sein. Der ehemalige Sportvorstand des Klubs fiel während seiner Amtszeit eigentlich immer als „Mahner“ auf, der sich nie zufriedengab und immer etwas zu kritisieren fand.
Diesmal überschlug sich der Prime-Experte aber für seine Verhältnisse regelrecht: „Ich bin ja nicht so leicht zu begeistern, aber ich bin begeistert über das, was ich gesehen habe. Beide Spiele waren überragend.“ Der FCB habe über zwei Partien hinweg nur einen Fehler begangen. Gemeint war der zu kurz geratene Rückpass von Dayot Upamecano im Hinspiel, der aber folgenlos blieb.
Bayern Titelfavorit?
Sind die Bayern also jetzt plötzlich der Favorit auf den Titel? Die Antwort: vielleicht. Zwar konnten sie sich durch die Playoffs drücken und das Leverkusen-Trauma besiegen, doch noch sind genügend gute Teams im Wettbewerb, gegen die die Bayern es noch schwerer haben werden als gegen Bayer 04.
Ohnehin muss erst einmal Inter Mailand bezwungen werden. Alle Beteiligten äußersten sich zwar vorsichtig und bescheinigten den Italienern hohe Qualität, doch wenn man sich im Bayern-Kosmos ein wenig umhört, merkt man: An der Säbener Straße sieht man sich im Viertelfinale in der Favoritenrolle. Das hat man sich verdient. Das Motto: Mia san selbstbewusst.