Für viele Menschen in Deutschland war die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land ein großes Highlight, doch für den ehemaligen Nationalspieler Patrick Owomoyela wurde der Sommer 2006 zum echten Albtraum.
BVB-Legende Owomoyela: "Das Schlimmste, was ich in meinem Leben erlebt habe"
Owomoyela mit emotionalem Geständnis
Statt mit Michael Ballack, Miroslav Klose und Co. das Sommermärchen zu schreiben, musste Owomoyela unbeteiligt zuschauen. Im neuen Podcast SPORT1 Deep Dive erinnert sich Owomoyela an den bittersten Moment seiner Karriere.
„Diese Nichtnominierung war so ziemlich das Schlimmste, was ich in meinem Leben erlebt habe, jetzt unabhängig von familiären Dingen“, sagt der 45-Jährige offen und ehrlich.
„Ich dachte safe, dass ich dabei bin, und dann bricht das Kartenhaus zusammen“, erinnert sich der ehemalige Nationalspieler an die damalige Zeit: „Das war ein ganz schwerer Sommer.“
Plötzlich wurde der Werbespot geändert
Die Entscheidung sei für ihn speziell deshalb so schwer zu verkraften gewesen, da er lange Zeit davon ausgegangen sei, Teil des Kaders zu sein. Doch ein Vorfall kurz vor der offiziellen Nominierung brachte ihn schon zum Zweifeln.
„Es gab viele Werbekampagnen für die WM und ich war immer dabei, auch wenn es nur drei oder vier Spieler waren. Ein paar Wochen vor der Nominierung wurde plötzlich ein Werbespot geändert für eine Biermarke“, erinnert sich Owomoyela.
„Im Werbespot haben wir uns in einer Kneipe den Ball über die Theke hinweg hin und her gespielt. Michael Ballack war dabei, ich war dabei, Miro Klose war dabei“, erzählt der ehemalige BVB-Profi: „Auf einmal wurde die Werbung gekürzt und ich war nicht mehr drin. Alle anderen waren aber noch drin.“
Dieser Umstand sei ihm damals schon extrem komisch vorgekommen, weshalb er Teammanager Oliver Bierhoff anrief, doch dieser beschwichtigte ihn: „Owo, da würde ich mir gar keine Sorgen machen“, habe Bierhoff entgegnet.
Zwei Wochen später wurde Owomoyela dann offiziell aus dem Kader gestrichen. „Ich hoffe, dass es seine Überzeugung war, oder einfach Unwissenheit“, sagt Owomoyela rückblickend über das Gespräch mit Bierhoff.
Als für Owomoyela „eine Welt zusammenbrach“
Über seine Nichtnominierung für die WM informierte ihn schließlich Bundestrainer Jürgen Klinsmann am Telefon. „Danach war da nur noch ein Piepen für mich, ich kann mich an das Gespräch nicht mehr erinnern. Da war einfach eine Welt für mich zusammengebrochen“, erinnert sich Owomoyela.
Ein Jahr zuvor war er noch Teil des Kaders beim Confederations Cup gewesen: „Ich habe die Stimmung erlebt in den Stadien, aber auch in Deutschland. Da freust du dich einfach drauf.“
„Es war die WM in Deutschland. Es wurde ja auch medial so groß aufgeblasen. Und dann ruft er dich an und sagt: ‚Du bist nicht dabei‘, obwohl du dir sicher warst, dass du dabei bist“, blickt Owomoyela auf seine Nichtnominierung zurück.
Lahm-Verletzung ließ Owomoyela träumen
Die Hoffnung auf eine Teilnahme bei der Heim-WM war anschließend aber noch nicht komplett weg, denn Owomoyela stand immerhin noch auf der Nachrückerliste des DFB.
„Das Schlimme ist, dass du ja keinem persönlich wünschst, dass er sich verletzt. Aber wenn sie dir sagen, dass du auf der Nachrückerliste stehst, wenn etwas passiert, dann denkst du natürlich: ‚Okay, im Fußball kann schon viel passieren‘“, gibt Owomoyela zu.
Und tatsächlich hätte sich für den Außenverteidiger fast doch noch die Möglichkeit ergeben. Philipp Lahm kugelte sich in der Vorbereitung den Ellenbogen aus.
„Torsten Frings rief mich an und sagte: ‚Junge, du kommst nach. Das sieht richtig scheiße aus. Der muss einen Gips haben‘”, erinnert sich Owomoyela im Gespräch mit SPORT1: „Da dachte ich mir: ‚Ja, ich fahre nach.‘ Und dann spielt Philipp Lahm mit seinem Gipsarm eine überragende WM.“
Owomoyela flüchtete während WM in die USA
Der Frust saß anschließend unglaublich tief, wie Owomoyela zugibt: „Du hast so viele Höhen und Tiefen gehabt. Auch gefühlsmäßig war es sehr schwer. Du wünschst der Mannschaft natürlich Glück, aber irgendwie bist du auch sauer.“
In seinem Frust wusste er nur einen Ausweg, er musste erstmal weg aus Deutschland. „Ich habe dann auch die Flucht ergriffen, bin erst nach Spanien, dann aber in die USA gereist, weil Spanien nicht weit genug weg war“, verrät der langjährige BVB-Profi.
Durch das Verpassen der Heim-WM ergab sich immerhin eine andere spannende Herausforderung: Er begleitete für den damaligen Pay-TV-Sender Premiere die NBA-Finals zwischen Dirk Nowitzkis Dallas Mavericks und den Miami Heat als Co-Kommentator.
„Da bin ich in den USA hin und her gereist und wollte nichts vom Fußball wissen“, sagt Owomoyela über die Zeit.
Letztendlich schloss er aber doch noch seinen Frieden mit den Umständen: „Zum Viertelfinale gegen Argentinien war ich dann wieder in Deutschland und habe dann auch für mich entschieden, dass ich wieder Teil dessen sein möchte und das Team unterstütze.“