Frauen-EM>

Diese Kritik schlägt Wellen bei den DFB-Frauen

Diese Kritik schlägt Wellen

Die DFB-Frauen erreichen vorzeitig das EM-Viertelfinale – doch nach dem Sieg steht Torhüterin Ann-Katrin Berger ob einiger gewagter Aktionen im Mittelpunkt.
Bundestrainer Christian Wück (l.) und Ann-Katrin Berger sind beim Torwartspiel nicht einer Meinung
Bundestrainer Christian Wück (l.) und Ann-Katrin Berger sind beim Torwartspiel nicht einer Meinung
© IMAGO/Passion2Press
Die DFB-Frauen erreichen vorzeitig das EM-Viertelfinale – doch nach dem Sieg steht Torhüterin Ann-Katrin Berger ob einiger gewagter Aktionen im Mittelpunkt.

„Ich werde mich mit ihr natürlich an einen Tisch setzen, dass wir da andere Lösungen finden müssen, sonst werde ich nicht alt.“ Bundestrainer Christian Wück hielt mit seiner Meinung nach dem zweiten Gruppenspiel der DFB-Frauen bei der Europameisterschaft in der Schweiz wahrlich nicht hinter dem Berg.

Auslöser waren die risikobehafteten Aktionen von Torhüterin Ann-Katrin Berger beim 2:1-Erfolg gegen Dänemark. Das Gegentor geriet dabei zur Nebensache – vielmehr störte Wück, dass Berger durch ihr risikoreiches Spiel den enorm wichtigen Sieg potenziell noch in Gefahr brachte.

Immer wieder suchte Berger mit dem Ball am Fuß das direkte Duell mit ihren dänischen Gegenspielerinnen – am Ende zwar stets erfolgreich, aber alles andere als nervenschonend. Weder für Bundestrainer Wück noch für die knapp 16.000 mitgereisten Fans aus Deutschland, die Bergers Aktionen teils mit einem lauten Raunen quittierten.

Nach Wück-Kritik: Berger bleibt gelassen

Die Torhüterin selbst konnte den Wirbel hingegen wenig nachvollziehen. „Ich muss ehrlich sagen, bei den drei Aktionen, die ich hatte, hatte ich ein echt gutes Gefühl. In eurer Perspektive sieht es anders aus als bei mir. Ich würde es wieder tun“, sagte sie nach der Partie gelassen zu den Medienvertretern.

Allein der letzte Satz dürfte Wück vermutlich ein paar weitere Monate altern lassen – auch wenn Berger ankündigte, sich mit dem Bundestrainer an den erwähnten Tisch zu setzen.

Sie würde „mal gucken, was er zu sagen hat“ und dabei bestenfalls eine Lösung finden, „mit der wir beide einig sind“. Klingt nicht so, als wäre Berger leicht von einer Anpassung ihres Spielstils zu überzeugen, zumal sie anfügte: „Wenn der Cheftrainer was anderes sagt, dann mal gucken.“

Teamkollegin Nüsken: „Sie ist da eiskalt“

Wieder einmal sieht sich Berger, die aktuell in den USA bei NY/NJ Gotham unter Vertrag steht, mit Kritik für ihr Verhalten mit dem Ball am Fuß konfrontiert. So wie beispielsweise schon bei der EM-Generalprobe in der Nations-League-Partie gegen Österreich, wo sie zwar kein Tor zuließ, aber dafür mit einer sehr riskanten Aktion sowie einem gefährlichen Fehlpass für Schweißperlen auf Wücks Stirn sorgte.

Dabei hatte sein Vorgänger Horst Hrubesch sie noch für die „unglaubliche Ruhe“ gelobt, die sie am Ball ausstrahle.

Eine Einschätzung, die nach dem Dänemark-Spiel auch DFB-Kollegin Sjoeke Nüsken teilte. „Sie hat es gut gemacht, sie ist da eiskalt und hat so eine Ruhe, krass“, meinte die neu ernannte Vize-Kapitänin zur Leistung der Torhüterin.

Aber auch sie konnte nicht verbergen, dass sie eine weniger risikoreiche Spielweise häufig bevorzugen würde: „Ich habe teilweise im Zentrum gestanden: ‚Oh Gott, spiel den Ball jetzt einfach lang‘ – aber es ist zum Glück gut gegangen.“

Berger? „Wird ihre Lehren daraus ziehen“

Es ist fraglich, ob Wück sich bewusst war, dass er mit seinen Worten so eine große Welle auslösen würde, die kurz darauf bereits den Rest der Mannschaft erreicht hatte.

Denn auch Nüsken äußerte unterschwellig dann doch einen Wunsch an die Torfrau, als sie auf Wücks Äußerung angesprochen wurde: „Ich glaube, in ein, zwei Situationen, gerade am Ende, kann man den Ball auch einfach mal lang spielen. Das ist nicht verkehrt, um da hinten mal rauszukommen.“ Aber sie zeigte sich überzeugt, dass „Anne ihre Lehren daraus ziehen wird“.

Das wäre wichtig, denn Berger war in ihrer DFB-Zeit anders als Vorgängerinnen wie Nadine Angerer oder Almuth Schult nie über Jahre gesetzt oder unumstritten. Dass Wück Berger bereits Wochen vor dem Turnierstart offiziell zur Nummer eins zwischen den Pfosten auserkoren hat, war für diese beinahe eine ungewohnte Luxussituation.

In den Jahren zuvor herrschte auf der Position stets ein reger Konkurrenzkampf im DFB-Team – auch unter Wück-Vorgänger Hrubesch. Unter diesem duellierte sich Berger mit Merle Frohms – und löste diese nach starken Leistungen kurz vor Olympia-Start als Stammkeeperin ab. Es war für sie das erste große Event als Nummer 1.

DFB-Keeperin: „Druck verspüre ich nicht“

Sowohl Hrubesch als auch Wück sahen dabei die Ruhe, die Berger ausstrahlt, als einen wichtigen Faktor an. „Ich muss ehrlich sagen: Druck verspüre ich nicht. Es ist grundsätzlich ein Fußballspiel – einer gewinnt, einer verliert“, erklärte Berger vor wenigen Wochen auf SPORT1-Nachfrage bei der EM-Vorbereitung in Herzogenaurach.

Diese lockere Einstellung gegenüber dem Profifußball ist auch auf ihre zweimalige Krebserkrankung zurückzuführen, die Berger einen anderen Blick auf die Dinge haben lässt, wie sie der Welt erzählte: „Meine Krankheit hat mich zu 70 Prozent geprägt. Auf dem Platz passieren manchmal Fehler, aber dann sage ich mir: Nicht schön, aber du stehst noch auf beiden Beinen und spielst noch Fußball.“

Die Ruhe, die sie ausstrahlt, zeigt sich aber nicht nur, wenn sie eine Angreiferin lässig austanzt, sondern vor allem auf der Linie – und nur zu gerne in den wichtigsten Momenten. Im Olympia-Viertelfinale gegen Kanada parierte Berger nicht nur zwei Elfer, sondern verwandelte einen auch noch eiskalt selbst.

Frauen-EM: Die nächsten Herausforderungen warten

Ihre Stärke in diesen Drucksituationen wie Elfmeterschießen ist wohl ein Grund, warum sie für Wück vermutlich auch in den kommenden Spielen unverzichtbar sein dürfte – zumal mit Stina Johannes und Ena Mahmutovic zwei Ersatzfrauen dabei sind, die zusammen lediglich auf vier Länderspiele kommen.

Eines ist jedoch klar: Ab dem Viertelfinale, das Deutschland am Dienstagabend klarmachte, wird es noch heikler für das DFB-Team und die gefährlichen Situationen werden sich häufen.

Allzu viele Dribblings sollte Berger dann nicht mehr wagen - auch zum Wohle der Gesundheit ihres Trainers.