Béla Réthy ist die Erinnerung an jenen tragischen 12. Juni 2021 noch immer präsent.
WM 2022: Das letzte Spiel für Bela Rethy - Abschied im WM-Halbfinale in Katar
Kommentatoren-Legende hört auf
Der Zusammenbruch von Dänemark-Star Christian Eriksen im EM-Spiel gegen Finnland, die Wiederbelebungsmaßnahmen auf dem Spielfeld nach dessen Herzstillstand - all das hat sich als beklemmendster Moment seiner Kommentatoren-Laufbahn, die am Mittwochabend im ZDF zu Ende geht, in seinem Gedächtnis eingebrannt. (NEWS: Alles Wichtige zur WM)
„Ja, mit großem Abstand“, sagt Réthy im SID-Interview, angesprochen auf jene Szene, die von einer Sekunde auf die andere die Nebensächlichkeit des Fußballs aller Welt vor Augen führte.
Abschied beim WM-Halbfinale in Katar
„Es war unheimlich schwierig, das Geschehene in Worte zu fassen. Alle waren geschockt, natürlich ich auch als Reporter, denn auf eine solche Situation kann sich niemand vorbereiten“, erinnert sich der Journalist, der am Mittwoch beim WM-Halbfinale zwischen Titelverteidiger Frankreich und Außenseiter Marokko (ab 20 Uhr im LIVETICKER) seinen Abschied als Kommentator im Zweiten geben wird.
Réthy hat vor anderthalb Jahren zu Recht viel Lob bekommen für seine einfühlsamen, mit Bedacht gewählten Worte bei Eriksens Zusammenbruch auf dem Spielfeld - um dann auch mal nichts zu sagen. (DATEN: WM-Spielplan 2022)
„Ich wollte auf keinen Fall über etwas spekulieren. Und dann ist manchmal das Schweigen genau das Richtige“, erklärte Réthy.
„Mir hat nie jemand dazwischengefunkt“
Am Mittwoch im Al-Bayt-Stadion, an seinem 66. Geburtstag, hofft Réthy auf ein „ganz normales“ Spiel, Gedanken an den bevorstehenden Ruhestand „mache ich mir nicht, die Vorbereitung läuft wie immer“.
Drei WM-Endspiele (2002, 2010, 2018) und drei EM-Finals (1996, 2004, 2012) durfte er in seiner Laufbahn kommentieren, die Partie am Mittwoch ist die letzte für das ZDF bei der WM in Katar.
Dass sich Réthy immer als sehr privilegiert in seiner Rolle gesehen hat, das ist bis zum heutigen Tag so. Er sieht die Freiheit als TV-Kommentator als „die letzte Bastion“ an: „Mir hat nie jemand dazwischengefunkt und mir wird auch im letzten Spiel am Mittwoch niemand dazwischenfunken.“
Viele große Kollegen im ZDF wie Rolf Kramer, Marcel Reif, Eberhard Figgemeier, Dieter Kürten oder Günter-Peter Ploog hat er begleiten dürfen, aber „ich habe keine Vorbilder, weil man sich als eigene Persönlichkeit entwickeln muss“.
Sich etwas abschauen, ja, das „Beste mitzunehmen“, das war seine Devise. Der langjährige Kollege Marcel Reif würdigte Réthys Schaffen. „Ich werde deine Stimme vermissen, wenn der Ball rollt im TV“, schrieb der 73-Jährige in der Bild.
„Aus Respekt und Demut vor dem Spiel und deiner Kundschaft hast du geredet wie ein normaler Mensch; wohl auch, weil du begriffen hattest, dass es bei aller Ambition und Eitelkeit nicht darum geht, nachzuweisen, dass man als Reporter im Nebenjob glatt auch noch einen Bezirksligisten trainieren könnte“, so Reif.
Bela Réthy wächst in Brasilien auf
Seine Familie stammt aus Ungarn, nach dem Volksaufstand 1956 kam es zur Flucht. Réthy wuchs in Sao Paulo auf, ehe seine Familie aus Brasilien nach Deutschland übersiedelte.
Er war damals zwölf Jahre jung. Seine Vielsprachigkeit (Deutsch, Englisch, Ungarisch, Portugiesisch, Französisch und Spanisch) hat sein Reporterleben vereinfacht.
Die Entwicklung in den letzten Jahren bedauert er allerdings: „Der unmittelbare Zugang ist verloren gegangen.“ Berater und Pressesprecher werden häufig zu unüberwindlichen Hürden beim Streben, den direkten Kontakt zu Trainern und Spielern aufrechtzuerhalten.
Aber das wird in Zukunft nicht mehr sein Problem sein. Réthy lässt erstmal alles auf sich zukommen, wenn er ab 1. Januar 2023 offiziell Rentner ist. Co-Kommentator Sandro Wagner hält ihn vor dessen letztem Einsatz am Mikrofon für einen der Größten seines Fachs.
„Béla Réthy ist eine absolute Legende. Ich bin mit seiner Stimme groß geworden, und ich weiß gar nicht mehr, wie viele große Spiele ich geschaut habe, in denen er der Kommentator war“, sagte der Ex-Bayern-Star der dpa: „Er ist ein überragender Typ, nicht nur am Mikrofon. Seine Stimme wird dem deutschen Fernsehen fehlen!“
Was danach kommt, weiß er noch nicht genau - die Tür für eine Rückkehr als Medienmann lässt Réthy zumindest einen Spalt weit offen.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)