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Handball-EM 2022: Uwe Gensheimer glaubt an "goldenes Jahrzehnt" - und verteidigt Juri Knorr

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Handball-EM 2022: Uwe Gensheimer glaubt an "goldenes Jahrzehnt" - und verteidigt Juri Knorr

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Gensheimer glaubt an „goldenes Jahrzehnt“

Uwe Gensheimer verfolgt die Handball-EM erstmals wieder als Zuschauer. Der ehemalige DHB-Star spricht über die Chancen der Nationalmannschaft - und verteidigt Juri Knorr für dessen Entscheidung.
Timo Kastening stellt den DHB-Kader für die kommende Europameisterschaft in der Slowakei und Ungarn vor. Und verrät auch einige Geheimnisse.
Robin Wigger
Robin Wigger

Für Uwe Gensheimer muss es ein merkwürdiges Gefühl sein.

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Der 35-Jährige verfolgt die Handball-EM erstmals seit 2016 wieder als Zuschauer. Damals hatte die deutsche Nationalmannschaft den Titel geholt, Gensheimer verpasste das Turnier wegen einer Verletzung.

Nach den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr hatte der DHB-Kapitän seinen Rücktritt verkündet, spielt inzwischen nur noch für die Rhein-Neckar Löwen in der HBL. (DATEN Tabellen der Handball-EM)

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Ganz weg ist Gensheimer dennoch nicht. Der ehemalige PSG-Star wird die Nationalmannschaft als Experte bei dieser EM in Ungarn und der Slowakei begleiten - unter anderem auch für das Spotlight-Format des DHB selbst.

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Vor dem EM-Auftakt der Deutschen gegen Belarus spricht Gensheimer im SPORT1-Interview über die Chancen der Nationalmannschaft, sein Verhältnis zu den Spielern und DHB-Sportvorstand Axel Kromer - sowie über seinen Teamkollegen Juri Knorr, der die EM aus freien Stücken verpasst. (Die Handball-EM im LIVETICKER)

SPORT1: Herr Gensheimer, mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die EM? Kribbelt es, würden Sie am liebsten selbst wieder aufs Feld, ist eine gewisse Distanz da oder sind Sie gar froh, im Januar mal ein paar Wochen frei zu haben?

Uwe Gensheimer: Die Distanz ist noch nicht vorhanden, ich habe nach wie vor einen guten und engen Kontakt zu den Jungs. Ich war auch im November bei der ersten Maßnahme in der Kabine. Dass ich zuletzt nochmal beim Lehrgang vorbeischaue, ging leider nicht, weil sie abgeschottet sein sollen. Das hat bisher auch gut funktioniert, wenn man die Fälle bei der deutschen Mannschaft und den anderen Nationen sieht. Während des Turniers bin ich nun in anderer Form eingebunden. Teils beim DHB als Experte beim Spotlight-Format, aber auch für andere Partner, für die ich auf meinem persönlichen Account auf die Gegner und die deutsche Mannschaft blicke. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, tat es mir ganz gut, am 2. Januar nicht zum Lehrgang anreisen zu müssen, sondern doch noch eine Woche in den Urlaub gehen zu können. Das war ein gutes Gefühl.

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Gensheimer: „Ist auch okay, dass ich nicht mehr dabei bin“

SPORT1: Auch den Dauerdruck, den Sie auch medial erfahren haben, vermissen Sie vermutlich nicht.

Gensheimer: Ein gewisser Druck ist auch schön und macht Spaß, wenn man sich auf so ein Turnier vorbereitet. Aber alles hat seine Zeit und jetzt ist es auch okay, dass ich nicht mehr dabei bin.

SPORT1: Sie haben eben angesprochen, dass Sie als Experte beim Talkformat Spotlight des DHB im Einsatz sein werden. Wie gehen Sie diese Rolle an, müssen Ihre (Ex-)Teamkollegen sich vor Ihnen in Acht nehmen?

Gensheimer: Da muss sich niemand fürchten. Wenn es gut läuft, sind wir alle zufrieden, hoffen auf Erfolg und eine Euphorie-Welle. Und wenn es nicht so gut läuft, ist es sicher auch interessant, jemandem zuzuhören, der ziemlich nah dran ist und vor nicht allzu langer Zeit selbst noch dabei war. Ich kann dann vielleicht auch erklären, warum das so ist und es auf eine Art und Weise rüberbringen, dass es die Leute verstehen.

Darauf kommt es für Deutschland bei der Handball-EM an

SPORT1: Was trauen Sie der deutschen Mannschaft bei der EM zu?

Gensheimer: So wie die Mannschaft zusammengestellt ist, kann sie frei aufspielen. Sie haben wenig Druck und das kann helfen. Natürlich weiß man nicht, wie ein Spieler, der das erste Mal dabei ist, reagiert, wenn es kritische Situationen gibt oder es in Phasen nicht so gut läuft. Aber das wird ein ganz wichtiger und entscheidender Punkt sein. Dass man in Spielphasen, in denen man vielleicht ein paar Fehler gemacht hat, einen kühlen Kopf behält und sich nicht so schnell aus dem Konzept bringen lässt - und nicht innerhalb kurzer Zeit einen großen Vorsprung verspielt oder in einen großen Rückstand gerät. Dafür ist es wichtig, direkt zum Turnierstart optimal reinzukommen und es zu schaffen, dass die Jungs mit viel Selbstvertrauen spielen. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Handball-EM)

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SPORT1: Konkrete, hohe Zielvorgaben gibt es dieses Jahr öffentlich nicht - im Gegensatz zu früheren Turnieren. Hat Sie das eigentlich genervt?

Gensheimer: Nein, überhaupt nicht. Wir wollten ja selbst erfolgreich sein und haben es dann in wichtigen und entscheidenden Situationen leider nicht geschafft, die Spiele auf unsere Seite zu ziehen. Wie bei den Olympischen Spielen, als wir in wichtigen Phasen gegen absolute Top-Teams wie Frankreich oder Spanien, die später auch im Halbfinale waren, knapp mit einem Tor verloren haben.

Gensheimer reagiert auf Kromer-Kritik

SPORT1: Ein großes Diskussionsthema waren zuletzt auch die Absagen in der Nationalmannschaft. Axel Kromer hat verlauten lassen, dass einige Spieler „ihre Karriere aus unterschiedlichsten Gründen nicht so konstant im Nationalteam sehen, wie es in anderen Nationen der Fall ist. Das ist eine Sache, die uns nicht gefällt.“ Wie beurteilen Sie die Situation und Kromers Aussage, die wiederum auch Kritik hervorgerufen hat?

Gensheimer: Ich habe die Aussage von ihm nicht auf mich bezogen. Ich habe ein gutes Verhältnis zu Axel und weiß, dass er es nicht so gemeint hat. Grundsätzlich muss man die DHB-Seite verstehen, dass sie den Anspruch hat, dass alle Spieler bereitstehen, wenn die Nationalmannschaft ruft. So war es bei mir zumindest immer. Ich habe mich immer gefreut und war mit sehr viel Herzblut bei der Nationalmannschaft dabei, das war für mich von klein auf das Größte. Aber für mich war letztes Jahr der Punkt gekommen, dass es zu Ende war.

Wenn ich mir das Beispiel von Hendrik Pekeler anschaue und mich in ihn hineinversetze, ist das verständlich: Er spielt in Abwehr und Angriff immer in einer ganz zentralen Rolle, hatte letztes Jahr 80 Spiele und muss dann auch in seinen Körper hineinhören. Er will ja, wenn er für die Nationalmannschaft spielt, seine bestmögliche Leistung abrufen. Wenn er das bei so einem Turnier nicht kann, interessiert es hinterher keinen mehr, dass er angeschlagen und körperlich nicht auf dem optimalen Niveau war und es hier und da ein bisschen gezwickt hat. Fakt ist: Die Spieler, die da sind, werden sich für die Nationalmannschaft zerreißen und alles für den Erfolg tun.

Knorr ungeimpft: „Das muss man respektieren“

SPORT1: Kritik gibt es auch an Ihrem Teamkollegen Juri Knorr wegen seiner Entscheidung gegen eine Impfung, aber vor allem wegen der daraus resultierenden Tatsache, dass er ein Turnier verpasst, in dem er den nächsten Schritt hätte machen können.

Gensheimer: Juri hat diese Entscheidung getroffen und hier und da noch Bedenken, das muss man respektieren. Ich bin anderer Meinung und selbst auch geimpft, aber ich verurteile es nicht, dass er es nicht ist. Dass er deswegen nicht die Möglichkeit hat, die EM zu spielen, ist das eine. Das andere ist aber, dass er aktuell auch von der Leistung her noch auf der Suche danach ist, bei uns bei den Löwen richtig anzukommen. Da haben wir bei uns als Mannschaft aber alle noch nicht unser Potenzial ausgeschöpft und noch viel Arbeit vor uns.

Juri Knorr (r.) fehlt wegen seiner fehlenden Impfung, Uwe Gensheimer (l.) ist zurückgetreten
Juri Knorr (r.) fehlt wegen seiner fehlenden Impfung, Uwe Gensheimer (l.) ist zurückgetreten

SPORT1: Henning Fritz hat verlauten lassen, dass Alfred Gislason zwar ein Top-Trainer sei, aber anzweifelt, ob er auch der Richtige für einen solchen Umbruch sei - und sich für Florian Kehrmann ausgesprochen. Wie sehen Sie das?

Gensheimer: Alfred ist ein guter Trainer, der mit dieser Mannschaft den Umbruch einleiten wird. Er hat seinen Vertrag verlängert und mehr gibt es da nicht zu diskutieren. Witzigerweise habe ich gestern mit Henning gesprochen. Er hat in keinerlei Weise angezweifelt, dass Alfred der Richtige sei für das Amt des Bundestrainers, sondern lediglich für einen Umbruch weitere Kandidaten genannt.

Uwe Gensheimer: „Die Voraussetzungen für ein goldenes Jahrzehnt sind sehr gut“

SPORT1: 2024 steigt die EM in Deutschland. Was stimmt Sie zuversichtlich, dass Gislason bis dahin eine Truppe zusammen hat, die womöglich um den Titel mitspielen kann - und es tatsächlich ein goldenes Jahrzehnt werden kann, wie es Bob Hanning mit Blick auf die Heimturniere genannt hat?

Gensheimer: Die Voraussetzungen für ein goldenes Jahrzehnt sind sehr gut, nicht nur im Männerbereich, sondern auch im Frauen- und Nachwuchsbereich. Es ist für den Handballbund und den Sport allgemein super, wenn wir die Turniere im eigenen Land austragen dürfen. Nicht nur für die Euphorie in Deutschland und die Kinder, die dann hoffentlich auch für den Handballsport begeistert werden. Auch die anderen Nationen waren immer begeistert ob der guten Organisation, die bei uns herrschte. Es waren immer großartige Events und alle waren wirklich happy.

Was die Qualität angeht: Mit dem Spielerpotenzial ist es definitiv möglich, eine schlagkräftige Truppe aufzustellen. Mit einer konstant guten Arbeit werden wir es schaffen, über Jahre hinweg ein Wörtchen bei den Medaillen mitreden zu können.

SPORT1: Die linke Seite beackern nach Ihrem Rücktritt Marcel Schiller und Lukas Mertens. Wie sehen Sie das Duo hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Rollenverteilung?

Gensheimer: Da mache ich mir keine Sorgen. Die Jungs zeigen konstant starke Leistungen: Marcel Schiller schon über mehrere Jahre hinweg im Verein, Lukas Mertens ist auch aufgrund der Verletzung von Matze Musche, der über ein Jahr ausgefallen ist, ein bisschen reingerutscht. Aber er hat das super gemacht, ist sofort top reingekommen und schwimmt natürlich auch ein bisschen auf der Euphorie-Welle des SC Magdeburg mit, der ja bislang eine überragende Runde spielt. (NEWS: Alles Wichtige zum Handball)

Dänemark für Gensheimer EM-Favorit

SPORT1: Wer ist für Sie der große Titelfavorit bei der EM? Bob Hanning vermutet, dass die Mannschaft Europameister wird, die die wenigsten Coronafälle hat ...

Gensheimer: Das Corona-Thema ausgeklammert, ist Dänemark der große Favorit für mich, weil sie von der Qualität, der Breite im Kader und den Erfolgen der vergangenen Jahre herausstechen. Daneben sehe ich im Favoritenkreis auch die Teams, die die letzten Turniere mitbestimmt haben - Spanien, Frankreich, Schweden und Norwegen. Ansonsten ist es schon auffällig, dass es in der Vorbereitungsphase aller Mannschaften sehr viele positive Fälle bei den Spielern gab. Vielleicht ist es auch ein bisschen der Disziplin geschuldet, dass es die eine oder andere Nation in der Vorbereitung nicht ganz so stringent mit der Blase genommen hat. Ich hoffe, dass bei der deutschen Mannschaft alles so bleibt wie bislang: dass alle Spieler gesund bleiben und keiner in Quarantäne muss.

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SPORT1: Zum Abschluss noch ein Blick auf Ihren Verein: Die Rhein-Neckar Löwen haben eine schwache Hinrunde gespielt. Wo sehen Sie die Gründe und was stimmt Sie zuversichtlich für 2022?

Gensheimer: Es wäre für viele Spitzenteams in der Bundesliga sehr bitter, wenn mit Mikael Appelgren der erste Torhüter für eineinhalb Jahre ausfällt. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Hinzu kommt, dass Palle (Andreas Palicka, Anm. d. Red.) aus persönlichen Gründen den Verein verlassen hat. Außerdem haben wir es leider nicht geschafft, unser Spiel und unser Potenzial konstant hoch abzurufen. Wir haben immer extrem hohe Schwankungen. Und negative Erlebnisse wirken sich auch auf den Kopf aus. Dann glaubt man in der einen oder anderen kritischen Situation nicht mehr so sehr an den eigenen Erfolg. Da müssen wir so schnell wie möglich rauskommen, uns weiter finden und noch mehr Vertrauen in unsere Stärke haben.

Alles zur Handball-EM 2022 auf SPORT1: