Liebe Handball-Freunde,
Sigurdsson: Anführer der Sympathiewelle
© Sport1/Getty
mit Platz 7 haben die Deutschen das Minimalziel, sich die Chance auf Olympia zu erhalten, erreicht.
Beim Sieg gegen Slowenien haben sie eine Reaktion auf die beiden Niederlagen zuvor gezeigt und sich versöhnlich verabschiedet. Daher dürfen sie mit dem Turnier alles in allem zufrieden sein.
Wenn sich die Mannschaft so weiter entwickelt wie im vergangenen halben Jahr inklusive dieser WM, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Olympischen Spiele in Rio erreicht werden.
Ich will jetzt nicht sagen: Wir sind zurück in der Weltspitze. Schließlich sind Frankreich, Spanien, Kroatien, Dänemark und Polen doch eine Nummer konstanter.
Und in der Vorrunde haben die Deutschen schon am absoluten Limit gespielt.
Wir haben eine sehr gut funktionierende erste Sieben gehabt, aber wir haben gesehen, wo es noch hapert. Wir müssen in den nächsten Jahren eine Bank aufbieten, die für Entlastung sorgen kann. Die Reservisten sind teilweise zu sehr abgefallen.
Aber: Die Mannschaft ist zusammengewachsen, und der Kern könnte noch Jahre beisammen bleiben. Ich habe bei keinem Angst, dass er morgen oder übermorgen zurücktritt.
Wenn dann noch weitere junge Spieler, die verletzt waren, hinzukommen, und alle die Philosophie von Dagur Sigurdsson annehmen, sich bedingungslos in den Dienst der Mannschaft stellen und die Chemie noch befeuern, dann sieht die Zukunft rosig aus.
Apropos Sigurdsson. Ich habe den Bundestrainer sehr mögen gelernt während des Turniers. Seine Art und Weise, wie er Interviews und Pressekonferenzen gibt, ist sehr souverän.
Wie er auftritt als Mensch, auch während der Spiele, hat uns weltweit sehr viele Sympathien gebracht. Er ist der Anführer der Sympathie-Welle, die das DHB-Team losgetreten hat.
Und das ganz demütig. Trotz aller Diskussionen um die Wildcard und den Gastgeber Katar haben sich die Spieler ganz aufs Sportliche konzentriert und sicherlich viele Fans zurückgewonnen. Dafür muss man ihnen Respekt zollen.
Ein Sonderlob verdient Uwe Gensheimer. Er hat seine Rolle als Kapitän großartig ausgefüllt. Er ist nicht der große Schreihals und auch nicht der, der andauernd auf den Putz haut, sondern er ist als überragender Linksaußen das Fundament dieses Teams.
In den vergangenen Jahren sind wir durch ein Tal der Tränen gegangen, und ich hatte das Gefühl für die Nationalmannschaft etwas verloren. Das ist jetzt wieder da.
Bis zum nächsten Mal,
Euer Kretzsche
Stefan Kretzschmar, 41, ist seit 2009 als Experte und Co-Kommentator das Handball-Gesicht von SPORT1. Der neben Heiner Brand wohl bekannteste deutsche Handballer hat in 218 Länderspielen 817 Tore für den DHB erzielt, gewann unter anderem Olympia-Silber in Athen 2004. In der Bundesliga war der ehemalige Weltklasse-Linksaußen für den SC Dynamo Berlin, Blau-Weiß Spandau, den VfL Gummersbach und zuletzt den SC Magdeburg aktiv, mit dem er 2002 die Champions League gewann. Bei SPORT1.de analysiert "Kretzsche" während der WM regelmäßig vor Ort das Geschehen in Katar.