Auch wenn das sportliche Abschneiden des DHB-Teams dem Triumph vor zwölf Jahren nicht ganz das Wasser reichen kann, hat die Heim-Weltmeisterschaft dennoch für große Euphorie gesorgt.
So kann der Handball-Hype helfen
© SPORT1-Grafik: Marc Tirl/Imago/dpa Picture Alliance
Es strömten mehr Zuschauer in die Hallen als jemals zuvor, saßen mehr Fans vor den TV-Geräten und der mediale Hype war noch einmal eine Stufe größer.
Die große Herausforderung besteht nun darin, diesen Hype auch langfristig zu nutzen. "Meistens ist dieser montags nach dem Turnier dann wieder vorbei", sagte Handball-Legende Stefan Kretzschmar kürzlich.
Für den Handball gilt es jetzt, die Begeisterung für den Sport, die aktuell in Deutschland herrscht, auf seine Art zu nutzen und sich nicht mit Deutschlands liebstem Kind, dem Fußball, zu vergleichen. Der ist sowieso in seinen ganz eigenen Sphären unterwegs.
Kehrmann: Gab nach 2007 Aufschwung
Heiner Brand, Trainer der WM-Helden von 2007 und als Spieler 1978 selbst Weltmeister, sagte mit Bezug auf den Titels vor zwölf Jahren, man habe es damals verpasst, vom Erfolg noch mehr zu profitieren.
Dem widerspricht Florian Kehrmann bei SPORT1: "Die Aussage, wir hätten den Boom von damals nicht genutzt, ist falsch. Wir hatten von 2007 bis 2016 im Grunde genommen keine Erfolge mit der Nationalmannschaft – das hat dazu geführt, dass der Handball-Hype so abgeebbt ist."
Spürbar sei der Erfolg von damals heute vor allem sportlich. "Trotz allem gab es nach 2007 einen Aufschwung", so Kehrmann: "Die Jahrgänge, die jetzt wieder im Fokus sind, sind 2007 in den Jugendmannschaften groß geworden. Die Jungs konnten wir damals für den Sport begeistern. Und das ist uns hoffentlich auch dieses Jahr wieder gelungen."
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Arbeit an der Basis das Wichtigste
Kehrmann will vor allem die Kinder in der Schule wieder für den Handball begeistern. "Wir müssen dort Angebote schaffen", so der Trainer des TBV Lemgo. "Was können wir machen, wenn die Kinder inzwischen den ganzen Tag in der Schule sind oder in eine Ganztagsbetreuung geschickt werden?"
Holger Glandorf, der ebenfalls zur Weltmeister-Truppe von 2007 gehörte, geht sogar noch einen Schritt weiter. Der Rückraumspieler der SG Flensburg-Handewitt sieht die jüngste Zielgruppe bereits im Kindergarten. "Man muss die Möglichkeiten ausschöpfen, um die Sache voranzubringen und gerade Kinder und Jugendliche für den Handballsport zu begeistern". Entscheidend dabei sei, dass "alle zusammen an einem Strang ziehen."
Vereine und Verbände in der Pflicht
Auch in Sachen Elite-Förderung hat Kehrmann klare Vorstellungen, sieht dabei aber nicht nur die Vereine in der Pflicht: "Es gilt, die Talente in den Nachwuchsleistungszentren noch intensiver und professioneller fördern und aufbauen. Da sind alle gefragt. Vereine, Verband und Verantwortliche."
Dass der Handball König Fußball auch in Zukunft nicht die Show stehlen wird, ist allen Beteiligten klar. Die Vormachtstellung muss akzeptiert und die richtigen Schlüsse daraus gezogen werden. "Es ist wichtig, dass die Turniere im Januar stattfinden, wenn im Fußball nicht so viel passiert", findet Glandorf. Kehrmann pflichtet ihm in diesem Punkt bei: "Wir müssen es schaffen, bei den Handball-Großereignissen im Januar immer wieder zu begeistern."
2024 steigt die Handball-Europameisterschaft erstmals in Deutschland. Doch auch bis dahin gilt es, Jahr für Jahr die Zuschauer vor die Fernseher zu ziehen.
Glandorf bringt es auf den Punkt: "Wir sollten einfach versuchen, unsere Marke weiter zu stärken und zu zeigen, was Handball für ein toller, mitreißender Sport ist."
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