Am Samstagabend um kurz vor 21 Uhr englischer Zeit war es so weit. Endlich stand auch rechnerisch fest, was sich zuvor abgezeichnet hatte und eigentlich nicht mehr hätte schiefgehen können: Der AFC Wrexham hat es wieder geschafft.
Das nächste Kapitel eines Fußball-Märchens
Nächstes Kapitel eines Märchens
Mit einem überzeugenden 3:0 gegen Charlton Athletic sicherte sich der walisische Klub den dritten Aufstieg in Folge und wird im nächsten Jahr in der zweitklassigen Championship antreten. Mittendrin bei der Feier: die Hollywood-Stars Rob McElhenney (l.) und Ryan Reynolds sowie dessen Frau Blake Lively.
Das Wrexham-Märchen hat eine historische Dimension
Es ist ein Fußballmärchen - und ein historisches Ereignis. Noch nie feierte ein Team in der englischen Football League drei Aufstiege hintereinander.
Mit nun 89 Punkten hinter Meister Birmingham City (102 Punkte) ist Wrexham nicht mehr von den ersten beiden Plätzen zu verdrängen, die zum direkten Aufstieg in die Championship berechtigen. So ist der Verein, der als der älteste in Wales gilt, erstmals seit 1982 wieder zweitklassig.
Für die Fans des legendären Klubs eine Riesensache. Als der Sieg gegen Charlton kurz vor Schluss fast perfekt war, sangen die rund 13.000 Zuschauer im heimischen Racecourse Ground schon: “We are going up.”
Nach Abpfiff stürmten sie den Rasen und auch in der Kabine ging es hoch her, wie das Instagram-Profil des Vereins dokumentierte. Schließlich ist es der vorläufige Höhepunkt einer hollywoodreifen Story, die ohne Hollywood in dieser Form auch nicht möglich gewesen wäre.
Premier League? “Klang verrückt, aber wir meinten es ernst"
Die Worte “Erfolg” und “Wrexham” passten lange Zeit nicht wirklich zusammen. Schon 1921 traten die Waliser in die englische Football League ein, dort erreichten sie allerdings nie die Erstklassigkeit, sondern pendelten immer zwischen der zweiten und vierten Liga - bis 2008.
Dann folgte der erstmalige Absturz in die fünftklassige National League, in der man fortan feststeckte. Doch zwei prominente Retter sollten 2020 den Ausweg weisen.
Zwei Schauspieler übernahmen den Klub: Ryan Reynolds und Rob McElhenney - und sollten ihn schnell aus dem grauen Fünftliga-Alltag führen.
An großen Ambitionen durfte es angesichts des Hollywood-Flairs natürlich nicht mangeln. „Auf der ersten Pressekonferenz wurden wir gefragt, was unsere Ziele sind. Und Rob hat gleich gesagt: ‚Die Premier League‘. Leute haben gelacht. Sie hatten jedes Recht dazu. Es klang verrückt, aber wir meinten es ernst“, erinnerte Reynolds kürzlich.
Dank der Präsenz der neuen Eigentümer in den sozialen Medien und der eigens erstellten Dokumentation „Welcome to Wrexham“ stieg die Popularität von des Klubs rasant an. Die Fangemeinde wuchs - nicht nur national, sondern auch international. Mittlerweile geht die Serie in die vierte Staffel. Anhänger können dort jederzeit die Herausforderungen und Erfolge des Vereins in den letzten Jahren nachverfolgen.
Kritische Stimmen begleiten Wrexham
Aber auch wirtschaftlich sind die Waliser durch das Engagement von Reynolds und McElhenney deutlich besser aufgestellt als die Konkurrenz. Kein Wunder, dass im Laufe der Zeit immer wieder kritische Stimmen laut wurden, die einen unfairen Wettbewerbsvorteil sehen.
„In den unteren Ligen mögen nur wenige Fans Wrexham. Ihnen missfällt, wie viel Aufmerksamkeit sie bekommen und sie beschuldigen sie, sich die Aufstiege zu erkaufen”, schilderte Experte Ben Littlemore kürzlich der Online-Plattform transfermarkt.de.
„Ich würde sagen, dass Wrexham bei den Fans der Championship, League One und League Two derzeit einer der unbeliebtesten Vereine ist“, sagte Littlemore weiter: „Aufgrund der Berühmtheit der beiden Besitzer erhält der Klub mehr Medienpräsenz und bietet den Spielern die Möglichkeit, in Wrexham viel stärker wahrgenommen zu werden als bei anderen Teams in derselben Liga.“
Blake Lively feiert Aufstieg mit Ryan Reynolds
Doch daran stören sich die Hollywood-Stars nicht. Zum dritten Aufstieg in Serie wurde der Glamour-Faktor sogar noch einmal erhöht: Schauspielerin Blake Lively begleitete ihren Mann Ryan Reynolds trotz engem Terminkalender auf die Insel, wenige Tage später stand das Paar bereits in New York wieder auf dem Roten Teppich.
Reynolds und McElhenney wollen Wrexham noch attraktiver machen – sowohl sportlich als auch kommerziell.
Im ersten Halbjahr nach der Übernahme verpasste der Klub die Playoffs um einen Punkt, doch die anschließende Verpflichtung von Trainer Phil Parkinson war entscheidend.
Die sportliche Entwicklung der Mannschaft geht seitdem voran, der Kader wird von Saison zu Saison stärker. In der Saison 2021/22 musste Wrexham noch in die Playoffs und scheiterte dort dramatisch mit 4:5 an Grimsby. Ein Jahr später ging der Höhenflug aber richtig los - und stoppte bis heute nicht mehr.
Spielt Wrexham bald ganz oben?
Auf den ersten Aufstieg folgte der zweite, auf den zweiten der dritte. Daran, dass sie das Potenzial haben, auch in der Championship zu bestehen, besteht kaum Zweifel.
Immerhin haben Reynolds und McElhenney bereits bewiesen, dass ihre Investitionen den Verein nicht nur gerettet, sondern auch zu neuen Sphären geführt haben. Ein weiterer Aufstieg in die Premier League scheint nun in greifbarer Nähe - es könnte die irre Geschichte des Vereins krönen.
Unmöglich scheint das nicht, die Voraussetzungen sind gegeben. Zudem schwärmen Reynolds und McElhenney vom Zusammenhalt der Waliser: „Ich fühle mich hier zu Hause“, sagte Reynolds.
Wrexham war bereits zur Vorbereitung in den USA zu Gast und traf in Testspielen auf englische Spitzenklubs wie Manchester United und den FC Chelsea. Bald könnten diese Duelle zu regulären Punktspielen werden.