Carlo Ancelotti ballte beide Fäuste und applaudierte anerkennend. Arda Güler bedankte sich mit einer Umarmung – und bekam ein Küsschen seines Cheftrainers auf die Wange. Real Madrid demonstrierte heile Welt nach schwierigen Wochen.
Küsschen und Kroos-Vergleiche: Güler plötzlich gefeiert
“Mit einer Botschaft für Ancelotti“
Der 1:0-Siegtreffer beim FC Getafe war für Edelreservist Güler ebenso Balsam für die Seele wie für den nach dem Champions-League-Aus verstärkt angezählten Coach Ancelotti. „Ein großartiges Tor mit einer Botschaft für Ancelotti“, titelte die Marca.
Mit dem spielentscheidenden Treffer, noch dazu mit seinem schwächeren rechten Fuß, rief sich Güler eindrucksvoll in Erinnerung. Zugleich betrieb der 20-Jährige im zentralen Mittelfeld Werbung in eigener Sache.
Zuletzt hatte das türkische Talent einen schweren Stand, in der K.o.-Phase der Champions League stand Güler keine Minute auf dem Feld. In La Liga kam er zuletzt eher als Rechtsaußen zum Einsatz, dabei sieht er sich selbst im Zentrum deutlich besser aufgehoben. „Ich habe auf einer Position gespielt, auf der ich mich sehr wohl fühle“, bekräftigte Güler hinterher im Klub-TV.
Presse schwärmt: „Güler studiert bei Kroos“
Spaniens Hauptstadt-Presse zog nach der überzeugenden Vorstellung des Toptalents bereits ganz große Vergleiche. „Güler studiert bei Kroos“, titelte die AS. Der Türke habe gegen Getafe „die beste Version von Arda Güler“ gezeigt, verbunden mit einem Passspiel, „das dem Deutschen in nichts nachsteht“.
Die Sehnsucht nach einem neuen Denker und Lenker im Mittelfeld ist nach Kroos‘ Rücktritt im vergangenen Sommer groß, doch seine Fußstapfen sind noch größer. Ein guter Auftritt gegen Getafe ist nur ein klitzekleiner Schritt, diese zu füllen.
Immerhin in Sachen Passgenauigkeit wandelte Güler am Mittwoch auf Kroos’ Spuren, auch wenn er noch deutlich Luft nach oben hat. Laut Opta-Daten kamen sehr gute 87 Prozent seiner Zuspiele an. Zum Vergleich: Kroos erreichte durchschnittlich eine Quote von 92 Prozent pro Saison. Mit 77 Pässen bis zu seiner Auswechslung in der 78. Minute war Güler aber einer der fleißigsten Ballverteiler.
„Güler spielte auf der Position von Kroos, und in Getafe verkleidete er sich als der Deutsche“, schrieb die AS.
Sonderlob von Ancelotti
Eine Leistung, die ihm ein Sonderlob seines Chefs einbrachte. „Er hat im Zentrum gespielt und das sehr gut gemacht, mit Qualität, mit Ideen und mit viel Ruhe“, urteilte Ancelotti.
Und warum spielt Güler dann nicht häufiger dort? „In erster Linie weil wir nicht immer in diesem System spielen“, erklärte der Real-Coach mit Verweis auf die Umstellung auf eine 4-3-3-Grundordnung.
„In einem 4-4-2 kann er nicht auf der Doppelsechs spielen. In dem System kann er nur als rechter Flügelstürmer spielen. Wenn wir im 4-3-3 spielen, kann er auch sehr gut im Zentrum spielen“, sagte Ancelotti.
Er bescheinigte seinem Schützling fleißige Arbeit. „Ihm fehlt ein bisschen die Durchschlagskraft in den Zweikämpfen, aber er hat viel Qualität“, ergänzte der 65-Jährige und nannte neben Gülers Toren auch dessen Spielübersicht: „Die Qualität, die er im Spielaufbau hat, ist phänomenal.“
Nächste Chance für den „türkischen Messi“ im Clásico?
Doch aufgrund der großen Konkurrenz musste sich Güler in dieser Saison meist hinten anstellen. Zwar kam Güler auf 36 Pflichtspieleinsätze, doch nur einmal über 90 Minuten – in der dritten Runde der Copa del Rey gegen Deportivo Minerva.
Der Treffer gegen Getafe war erst sein zweites Saisontor in La Liga, zudem kommt er auf vier Vorlagen. Im Vorjahr waren ihm in nur zehn Liga-Einsätzen noch sechs Treffer gelungen. Bei der EM im vergangenen Jahr wurde er als „türkischer Messi“ gefeiert. Der erhoffte endgültige Durchbruch in seiner zweiten Saison bei Real blieb aber aus.
Dass Güler nun im zentralen Mittelfeld Pluspunkte sammelte, könnte sein Standing wieder etwas verbessern. „Ich glaube, dass seine Zukunft eher dort liegen wird“, sagte Ancelotti. „Im Moment ist es vielleicht verrückt, ihn im Zentrum zu sehen, aber in Zukunft können wir ihn auch auf dieser Position einsetzen.“ Vielleicht ja schon im Clásico gegen den FC Barcelona am Samstag (22 Uhr im LIVETICKER) im Finale der Copa del Rey.