Aller Voraussicht nach die erste titellose Saison seit vier Jahren, zum ersten Mal überhaupt vier Niederlagen in vier Clásicos gegen den großen Rivalen aus Barcelona - und zum Überfluss noch ein lauffaules Starensemble in der vordersten Reihe: Real Madrid hat allerhand Probleme, die in dieser Saison schonungslos offenbart wurden.
Alonso begibt sich in eine Zwickmühle
Alonso begibt sich in eine Zwickmühle
In Xabi Alonso, Leverkusens scheidendem Double-Trainer aus der Vorsaison, will man den Heilsbringer gefunden haben. Doch auf Alonso wartet eine Menge Arbeit.
Alonso scheint sich den bevorstehenden Problemen bewusst zu sein. Nicht umsonst soll er laut spanischen Berichten zwiegespalten sein, was einen verfrühten Einstieg bereits zum Start der Klub-WM bei den Königlichen angeht. Reals erstes Pflichtspiel steigt am 18. Juni gegen den Saudi-Klub Al-Hilal, gleichzeitig Sieger der asiatischen Champions League. Erst einige Tage zuvor kehren viele der Spieler von ihren Einsätzen bei der Nationalmannschaft zurück.
„In Madrid verzeiht man keinen Fehltritt“
„Alonso weiß, dass man ihm in Madrid keinen Fehltritt verzeiht, und er zieht es vor, zu warten, anstatt ein verfrühtes Debüt zu geben“, schreibt die spanische Sport. Allen Bedenken zum Trotz wird es aber wohl so kommen, die Marca vermeldete: Alonso soll in Madrid bereits zum Start der Klub-WM übernehmen.
Alonso begibt sich gleich in eine Zwickmühle. Umso weiter es Real bei der Klub-WM schafft, desto kürzer wird die Vorbereitung im Anschluss ausfallen.
Das Finale findet erst am 13. Juli statt. Kurzfristiger Erfolg könnte einer optimalen Anpassung an Alonsos Ideen und seinem Spielsystem - und damit langfristigem Erfolg - im Weg stehen. Denn der Baske hat in Valdebebas, wo Reals Trainingskomplex steht, allerhand Arbeit vor sich. Entweder muss er die Mannschaft an sein System anpassen oder sein System an die Mannschaft.
Wie will Alonso diesen Hühnerhaufen umprogrammieren?
Die Schwächen im Spiel der Königlichen wurden in dieser Spielzeit mehr als deutlich aufgezeigt. Barcelona hat sie in mehreren Clásicos regelrecht gedemütigt. Gegen gezieltes und einwandfrei orchestriertes hohes Pressing wusste sich Real bei der wahnwitzigen 3:4-Niederlage am Sonntag nicht zu helfen. Vorne glänzte zwar Kylian Mbappé als dreifacher Torschütze, ließ aber ebenso wie Vinícius Jr. Laufbereitschaft und Einsatz in der Arbeit gegen den Ball vermissen.
Ohne Ball gleicht das noch von Carlo Ancelotti angeleitete Starensemble einem Hühnerhaufen. Die as monierte nach dem Clasico am Sonntag unter anderem „viele Momente der Faulheit im Spiel ohne Ball“.
„Ohne Ball, ohne Ideen, ohne Einstellung und ohne Engagement irrten die Weißen auf dem Spielfeld umher, ohne einen Plan, an dem sie sich festhalten konnten“, kritisierte die Marca.
Das wird Alonsos größte Herausforderung
Unter Alonso soll sich alles ändern, aber kann er die Probleme sofort lösen? Dazu müsste erstmal ersichtlich werden, wo der Kern des Problems liegt. Ist Ancelottis Plan schlichtweg zu schlecht? Oder sind es die eher auf sich selbst fokussierten Stars wie Mbappé und Viní Jr., die eine ganzheitlich effektive Strategie über Mannschaftsteile hinweg unmöglich machen?
„Für mich ist der Eckpfeiler des Projekts die Integration der beiden im Sturm“, analysierte der Sportjournalist Jesús Gallego im Gespräch mit dem spanischen Radiosender Cadena SER und befürchtet: „Wenn man es nicht schafft, eine Mannschaft zu bilden, in der die beiden Spitzenstürmer (Mbappé & Viní Jr., Anm. d. Red.) so integriert sind, dass sie am gemeinsamen Spiel teilnehmen, kann man eine ähnliche Saison wie diese erleben.“
Alonso braucht Verstärkungen
Zudem brauche Alonso Verstärkungen für den Kader, insbesondere auf den Außenverteidigerpositionen. Was Real ebenfalls noch fehle, sei ein Spielmacher, der Alonsos Spiel auf dem Feld orchestriert.
Der Taktik- und Scouting-Experte Bruno Alemany ist sich auf jeden Fall sicher: „Es wird eine viel taktischere Mannschaft sein als mit Ancelotti.“
Fragt sich, ob es auch eine viel erfolgreichere Mannschaft sein wird als in dieser Spielzeit. Zwei von Alonsos Wunschspielern, Florian Wirtz und Martín Zubimendi, tendieren zu anderen Klubs - Wirtz zu Bayern, Zubimendi zu Arsenal.
Es wird kein einfacher Sommer für Alonso und Real, doch es wird ein entscheidender für die Zukunft der Königlichen. Denn Titel und Erfolg sind bei Madrid für gewöhnlich eine Selbstverständlichkeit, daran wird auch Alonso gemessen werden.