Neulich gab es in der Bundesliga wieder Ärger: Lars Windhorst, Investor bei Hertha BSC, nörgelte, sein Engagement habe bisher nur Nachteile.
Premier League: Chelsea, Manchester City und Co.: Wie Scheichs und Milliardäre zum Unterhaltungsfaktor in England wurden
Wie witzig Investoren sein können
Natürlich stört ihn vor allem eins: Dass er 375 Millionen Euro hergab und im Gegenzug im Verein nichts zu sagen hat: Die 50+1-Regel bestimmt das so, in Deutschland ist das Vereinswesen heilig. Wir wissen gar nicht, was uns wegen 50+1 so alles entgeht.
Ein kleiner Ausflug nach England, wo diese Regel unbekannt ist und fast jeder Klub einen (Allein-)Herrscher hat. (DATEN: Die Tabelle der Premier League)
Natürlich mögen die Fans auf der Insel ihre Geldgeber vor allem aus einem Grund: Weil sie ein Vermögen in ihr Lieblingsteam stecken. Nicht zu unterschätzen ist aber der Unterhaltungsfaktor, der dank eitler, publicity-süchtiger oder manchmal einfach nur gelangweilter Männer besonders hoch ist.
Newcastle-Scheich sorgt für Empörung
Als etwa der abstiegsbedrohte Premier-League-Klub Newcastle United im November 2021 von einem Tag auf den anderen zu einem der reichsten Klub des Planeten wurde, weil ihn ein saudisches Konsortium kaufte, erschütterte ein Aufschrei des Entsetzens die Fußballwelt.
Schließlich werden Mohammed bin Salman, dem Kronprinzen, schwere Menschenrechtsverletzungen in seinem Land zur Last gelegt. Amnesty International wies darauf hin, dass die Übernahme eigentlich nur einem Zweck diene: Publicity, um Missstände im Wüstenstaat zu kaschieren.
In Newcastle hielt sich das Entsetzen in Grenzen. Hier zählt die Tabelle. „Wir steigen ab mit einer Milliarde auf dem Konto“, sangen die Fans der Magpies (Elstern) begeistert, und das erinnerte ein bisschen an den HSV hierzulande und seine verpulverten Kühne-Millionen. Aber sie wussten in Newscastle natürlich, dass das mit dem Abstieg ein Spaß ist, denn Geld schießt eben doch Tore.
Gleich in dieser Winterpause gab der Ex-Klub von Didi Hamann über 100 Millionen Euro für Verstärkungen aus, darunter Top-Leute wie Kieran Trippier von Atletico Madrid.
Und das Team, das in der Hinrunde ein einziges Spiel gewonnen hatte und Letzter war, startete durch: Die Fans feierten in Scheichgewändern drei Siege, zwei Remis, null Niederlagen – Newcastle war auf einem Nicht-Abstiegsplatz gewandert.
Und das ist alles, was in Newcastle zählt. Aber nicht nur da. Fast jeder Fan eines Premier-League-Klubs weiß einen Milliardär, Selfmade-Millionär oder Scheich zu schätzen – oder zumindest eine Anekdote über ihn zu erzählen.
Abramowitsch kauft Chelsea Meisterschaft und CL-Titel
Eine Art Prototyp ist der FC Chelsea, auch „Chelski“ genannt, seit der russische Milliardär Roman Abramowitsch 140 Millionen Pfund dafür bezahlte. Das war 2003, Chelsea wartete seit 48 Jahren auf einen Meistertitel, also fast so lange wie der 1. FC Nürnberg. Die Fans konnten ihr Glück kaum fassen und sangen „We are fucking loaded“ (sinngemäß: „Wir haben verflucht viel Geld“).
Inzwischen blickt Chelsea auf fünf Meisterschaften und zwei Champions-League-Siege zurück. Dort heißen die Stars jetzt Lukaku, Jorghino und Kanté, in Nürnberg heißen sie Handwerker und Schleimer. Die kleinen Unterschiede eben.
Billig war das aber nicht für Abramowitsch: Chelsea hievte noch im Jahr seiner Ankunft Spieler für 170 Millionen Euro in den Einkaufswagen – gleich 16 Neue kamen. Bis heute hat der Klub über zwei Milliarden Euro für neue Profis ausgegeben, darunter deutsche Stars wie Michael Ballack, Timo Werner und Kai Havertz.
Hass-Botschaften bei Manchester United
Eher kritisch wurden 2005 die Glazers in Manchester empfangen: Was erstens damit zu tun hatte, dass in Old Trafford der Leidensdruck nicht so groß war (United hatte erfolgreiche Jahre hinter sich), und zweitens damit, dass die Glazers Amerikaner sind. „Ich liebe United, ich hasse Glazer“-Sticker kleben noch heute an manchen Sitzen im Stadion.
Doch inzwischen gilt dieser Deal als richtungsweisend in der Premier League, wo das TV-Geld nur so fließt. Die Glazers drehten den Klub auf Links, ordneten die Erlösströme neu und gewannen Titel.
Das sorgte für Nachahmer: In den zehn Jahren nach der Glazer-Übernahme gingen 22 der 40 englischen Erst- und Zweitligisten in den Besitz ausländischer Investoren über. Die Liga muss solchen Übernahmen übrigens zustimmen, ist dabei aber nicht kleinlich. Selbst wenn die neuen Besitzer rechte Hallodris sind, wird gern ein Auge zugedrückt. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Premier League)
Vom Mittelmaß zu Titeln
Beim Thailänder Thaksin Shinawatra etwa, der Manchester City 2007 für schlappe 82 Millionen Pfund kaufte. Als der Vorstand des Klubs den Aktionären empfahl, sein Angebot anzunehmen, reichte die Staatsanwaltschaft in Thailand gerade eine Klage wegen Korruption in drei Fällen gegen Shinawatra, den Ex-Premierminister seines Landes, ein.
Die Verbindung hielt nicht lange. Ein Jahr später verkaufte Shinawatra, den die City-Fans liebevoll „Frank“ nannten, weil sich niemand seinen Namen merken konnte, aber jeder an „Sinatra“ denken musste, für das das Doppelte an den fünften der 19 Söhne von Scheich Zayed: an Scheich Mansour. Zwei Jahre nach der Übernahme schaute der zum ersten Mal bei einem Heimspiel vorbei. Aber Präsenz war ja sowieso nicht das, was die Fans von ihm erwarteten, sie erwarteten Geld für Spieler.
ManCity war damals marodes Mittelmaß, und mit dem Öl-Geld änderte sich alles. 2012 feierte der Klub die erste Meisterschaft seit 44 Jahren. Und während „Scheich“ heute eines der beliebtesten Schimpfwörter in der Welt des Fußballs ist, lieben die ManCity-Anhänger den ihren, weil er ein Imperium aufgebaut hat.
Er bedankt sich auf seine Weise: 2021 übernahm Mansour – oder, so viel Zeit muss sein: Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan – zum Beispiel deren Reisekosten zum Champions-League-Endspiel in Porto.
Statue von Michael Jackson sorgt für Lacher
Natürlich geht ein Investment nicht immer gut aus. Manchmal reicht es aber für einen mit viel Geld erkauften Titel, danach verschwinden Klub und Investor wieder von der Bildfläche. Oder die Sache kracht gleich komplett in sich zusammen.
Fulham-Besitzer Mohamed Al-Fayed, ein milliardenschwerer Kaufhaus-König, sorgte 2011 für nationale Erheiterung, als er vor dem Stadion seines Klubs ausgerechnet eine Michael-Jackson-Statue enthüllte. Er hatte den King of Pop eben sehr gemocht.
Aber ein Fußballstadion? Als sich die Anhängerschaft kichernd fragte, auf welcher Position dieser Jackson in ihrem Klub wohl gespielt haben könnte, keilte der Harrods-Besitzer beleidigt zurück: „Wenn einige dumme Fans ein solches Geschenk nicht zu schätzen wissen, können sie zur Hölle fahren.“
Al-Fayed versuchte auch sonst stets, seine Magath-artigen Führungsqualitäten unter Beweis zu stellen. Als das Team in der Saison 2010/11 eine schwache Leistung nach der anderen ablieferte, stürmte er das Vereinsgelände, versammelte den Kader in einem Besprechungszimmer und fragte die Runde: „Soll ich den Trainer feuern?“ Der stand unglücklicherweise mitten im Raum, es war der Ex-Bayernprofi Mark Hughes. Die Spieler schauten betreten weg, Hughes durfte bleiben, musste aber im kommenden Sommer seinen Spind räumen.
Drei Jahre später wurde tatsächlich Felix Magath (sehr kurz) Trainer bei Fulham, doch Al-Fayed – übrigens der Papa von Dodi, einst Freund von Lady Diana – hatte aufgegeben und den Klub an den schlappe zehn Milliarden Dollar schweren US-Autoteile-Händler Shadi Khan verkauft.
Macht Geld Wunder wahr?
Geld machte das Wunder von Leicester, den Titelgewinn der Underdogs 2016, möglich – der Duty-Free-Shop-Milliardär Vichai Srivaddhanaprabha hatte den Klub in der zweiten Liga übernommen. Oder lag es eher daran, dass er danach Mönche einfliegen ließ, die den Rasen und die Spieler segneten? Man weiß es nicht, aber natürlich liebten ihn die Fans so oder so.
Nach dem sensationellen Gewinn der Premier-League-Trophäe schenkte der damals fünf Milliarden Dollar schwere Vichai jedem Spieler einen nagelneuen BMW i8 in Klubfarben-Sonderlackierung.
Geschichten wie diese gibt es haufenweise aus der Premier League. Während bei uns kaum einer all die Vereinspräsidenten oder Vorstände kennt, herrscht dort stets VIP-Alarm. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Premier League)
West Ham - vom Island-Flop in Porno-Hand
Womit wir bei West Ham United wären. Der Klub zog das große Los (oder meinte, es gezogen zu haben), als 2006 einer der reichsten Männer der Welt zugriff: der isländische Milliardär Björgólfur Guðmundsson kaufte die Hammers. Womit weder er noch die Fans gerechnet hatten: die Immobilienblase.
Was in jenen Tagen mit West Ham und Guðmundsson geschah, kann man nicht besser formulieren als Wikipedia: „Im März 2008 wurde er vom Forbes Magazine als der 1014. reichste Mann der Welt geführt, mit einem Vermögen von 1,1 Milliarden US-Dollar. Im Dezember des gleichen Jahres korrigierte das Forbes Magazine sein Vermögen allerdings auf 0 US-Dollar.“
West Ham gehört heute übirgens David Gold und David Sullivan. Die beiden sind mit Porno-Magazinen und Sexshops reich geworden.