Bei „Wer wird Millionär?“ dürfte die Antwort mindestens 500.000 Euro wert sein, vielleicht auch die volle Million. Wer war Deutschlands Sportler des Jahres 1954, dem Jahr des Wunders von Bern? Fritz Walter, der Weltmeister-Kapitän? Helmut Rahn, der Siegtorschütze im Finale gegen Ungarn? Toni Turek, der Teufelskerl im DFB-Tor?
Ein vergessener deutscher 100-Meter-Mythos
Ein vergessenes deutsches 100-m-Idol
Es war keiner der Genannten, auch niemand sonst aus dem Team von Sepp Herberger, das mit dem Sensations-Triumph in der Schweiz die bundesrepublikanische Identität nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend mitprägte. Deutschlands Sportler des Jahres war der heute vor sechs Jahren verstorbene Heinz Fütterer, der im selben Jahr eine heute von vielen vergessene, aber ebenfalls historische Leistung vollbrachte.
1954 so schnell wie einst Jesse Owens
Fütterer war einst der beste deutsche Sprinter und zwischenzeitlich schnellster Mann der Welt. Der in Illingen bei Rastatt in Baden-Württemberg geborene Fütterer errang 1954 (100 und 200 m) und 1958 (4 x 100 m Staffel) drei Europameister-Titel, zwischen 1953 und 1955 wurde er nie geschlagen.
Die französische Sportzeitschrift L’Équipe verpasste Fütterer in dieser Zeit den Spitznamen „Der weiße Blitz“. In Erinnerung blieb der gelernte Fischer vor allem auch dafür, dass er 1954 in Japan die damalige Weltrekord-Zeit des legendären Jesse Owens (10,2 Sekunden) einstellte. „Ich bin am Start förmlich explodiert und habe mich der Erdenschwere enthoben gefühlt“, erinnerte sich Fütterer an seinen denkwürdigen Coup. In der Reporter-Wahl zum besten deutschen Sportler hob er ihn vor auf Platz 1 vor Fritz Walter und Reitsport-Ikone Hans Günter Winkler.
Heinz Fütterer war bei Olympia im Pech
Fütterer erlebte im Lauf seiner Karriere Höhen und Tiefen: 1952 kostete ihn ein Muskelriss im letzten Trainingslager den Start bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki. 1956 warf ihn erneut ein Muskelriss vor den Spielen aus der Bahn, immerhin reichte es mit der Staffel zu Bronze mit Lothar Knörzer, Leonhard Pohl und Manfred Germar. Trotzdem sorgte das Pech bei Olympia dafür, dass Fütterer heute bundesweit weniger in Erinnerung ist als andere Sportstars seiner Zeit.
Nach seiner Karriere war Fütterer Geschäftsmann und Repräsentant eines Sportartikelherstellers, war bis ins hohe Alter fit, trieb Sport, spielte Golf.
Auch die aktuelle Sprinter-Szene behielt Fütterer im Auge, lobte in diversen Interviews Superstar Usain Bolt und zeigte sich auch überzeugt, dass er seine Leistungen sauber erzielte: „Bei ihm stimmt der ganze Bewegungsablauf. Er hat enorme Hebel, und er lässt die Arme lang, wenn er läuft, dadurch werden auch die Schritte lang“, sagte er 2011 dem SID.
Fütterer starb am 10. Februar 2019 nach kurzer, schwerer Krankheit in seiner Heimatgemeinde, der er noch zu Lebzeiten seine Trophäensammlung gestiftet hatte.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)