Die Weitsprung-Revolution beginnt in Düsseldorf, die umstrittene „Take-off-Zone“ feiert Weltpremiere: Beim ISTAF-Indoor-Meeting in Düsseldorf heben die Springerinnen um Tokio-Olympiasiegerin Malaika Mihambo am Sonntag erstmals nicht vom traditionellen Balken, sondern aus einem 40 Zentimeter langen Bereich ab.
Eine hoch umstrittene Revolution
Gemessen wird dann die „reale“ Weite von der Fußspitze beim Absprung aus - ungültige Versuche sollen so minimiert werden.
„Beim Sprung vom Brett wird die technische Komponente des stabilen Anlaufes unterstrichen. Beim Sprung aus einer Zone wird die maximale Leistung in den Vordergrund gestellt, die besser erreicht werden kann, wenn der konstante Anlauf weniger im Vordergrund steht“, wägte Mihambo bereits vor einem Jahr im Gespräch mit SPORT1 ab. „Auf eine Art wäre es fairer, denn das absolute Leistungsvermögen rückt so in den Mittelpunkt.“
„Am Ende kann es den Weitsprung spannender machen“, sagt die deutsche Ausnahme-Athletin Mihambo heute: „Optimale Sprünge werden mit der Take-off-Zone auf jeden Fall wahrscheinlicher, weil wir Athletinnen und Athleten uns nicht nur am Brett orientieren müssen, sondern alle Aspekte für einen optimalen Absprungpunkt nutzen können.“
Mihambo: „Bin gerne bereit, das auszuprobieren“
Die zweimalige Weltmeisterin zeigt sich offen für die Neuerung: „Ich bin gerne bereit, das auszuprobieren. Um entscheiden zu können: Ist es sinnvoll? Ist das spannend? Wird es dadurch besser?“
Angestoßen wurde die Reform vom Weltverband World Athletics und dessen Präsident Sebastian Coe. „Bei den Weltmeisterschaften 2023 waren rund ein Drittel der Sprünge ungültig“, sagte der Brite, dies sei langweilig für das Publikum: „Unser Sport ist 150 Jahre alt. Es gibt unantastbare Elemente, die wir schützen wollen. Aber es gibt auch Bereiche, welche die Zuschauer kalt lassen.“
Bei diversen Weitsprungstars stießen die Reform-Gedanken aber auf teils brüske Ablehnung. Sie sehen das Wesen der Disziplin gefährdet, die neben Sprungkraft auch auf Präzision basiert. Genau den Balken zu treffen, von dessen Spitze dann gemessen wird - das sei die große Kunst, die durch die Revolution entwertet würde.
„Wenn das passiert, werde ich mit dem Weitsprung aufhören“, sagte der griechische Olympiasieger Miltiadis Tendoglou: „Das würde dem Weitsprung die Notwendigkeit von Fähigkeiten entziehen. Der Weitsprung ist dann die einfachste Disziplin.“ Der große Carl Lewis sprach von einem „Aprilscherz“. Beim Basketball mache man ja auch nicht „den Korb größer, wenn viele Leute daneben werfen“.