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Eine deutsche Leichtathletik-Sensation, die bis heute einzigartig ist

Eine historische deutsche Sensation

Vor 65 Jahren gelang der deutschen 100-Meter-Staffel um Armin Hary bei Olympia 1960 in Rom ein legendärer Gold-Coup - wegen eines verhängnisvollen Fehlers der eigentlich überlegenen US-Konkurrenz.
Cullmann, Hary, Mahlendorf und Lauer (v. li.) gewannen 1960 Gold in der 4x100m Staffel
Cullmann, Hary, Mahlendorf und Lauer (v. li.) gewannen 1960 Gold in der 4x100m Staffel
© IMAGO/Horstmüller
Vor 65 Jahren gelang der deutschen 100-Meter-Staffel um Armin Hary bei Olympia 1960 in Rom ein legendärer Gold-Coup - wegen eines verhängnisvollen Fehlers der eigentlich überlegenen US-Konkurrenz.

Sechseinhalb Jahrzehnte Jahre ist die Sternstunde nun her - und die Erinnerung war bei Bernd Cullmann bis zuletzt hellwach.

„Das war ein Schrei, den ich bis heute nicht vergessen habe“, dachte die im Januar verstorbene Leichtathletik-Legende einige Monate vor seinem Tod im Interview mit dem SWR zurück: „Das war der bewegendste Moment überhaupt in meinem Leben.“

Cullmann hatte am 8. September 1960 in Rom den Lauf seines Lebens hingelegt und damit einem historischen deutschen Olympia-Moment den Weg gebahnt, der sich am Montag zum 65. Mal jährte.

Cullmann, der einstige Weltrekordler Armin Hary, Walter Mahlendorf und Martin Lauer bildeten an diesem Tag die 4x100-Meter-Staffel, die den ersten und bis heute einzigen deutschen Olympiasieg in dieser Disziplin errang - in einer Zeitspanne von letztlich 56 Jahren das einzige Mal, dass nicht die USA bei den Spielen triumphierten.

Deutsches Quartett schrieb Geschichte

Cullmann, geboren am 11. Oktober 1939 in Idar-Oberstein (und nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Fußball-Legende des 1. FC Köln), war seinerzeit erst 20 Jahre alt.

Der Sohn eines Edelsteinschleifers (der diesen Beruf auch später selbst ausübte) war ein Talent, mitentdeckt und gefördert von seinem späteren Gold-Partner Lauer. Cullmann war Zimmerkumpan von Armin Hary, dem legendären 10,0-Sekundenläufer, die beiden verstanden sich gut, spielten Skat.

Der geschickte Handwerker Hary zimmerte auch den Startblock zusammen, mit dem Cullmann das Finale begann.

Olympia-Finale der 100-Meter-Staffel wird zum Drama

Cullmann, Hary, Mahlendorf und der 2019 verstorbene Schlussläufer Lauer gewann Cullmann im Stadio Olimpico schon Vorlauf und Halbfinale.

Im Finale vor 60.000 Zuschauern wuchs Cullmann dann über sich hinaus, unbeeindruckt von der sengenden Hitze und Komplikationen mit seinem Startblock, der sich erst zwei Minuten vor Laufbeginn mit Harys Hilfe richtig befestigen ließ.

Ein trotz allem entfesselter Cullmann übergab den Staffelstab an Position 1 liegend an Hary, der die Führung dann ausbaute - und obwohl das deutsche Team im Rennen dann auf Platz 2 zurückfiel und einlief, folgte das eigentliche Drama erst nach dem Rennen.

US-Staffel disqualifiziert

Beim ersten Wechsel von Frank Budd auf Ray Norton hatte das US-Team gepatzt und den Stab außerhalb der Wechselzone übergeben. Dass Stone Johnson und Dave Sime Mahlendorf und Lauer am Ende noch abfingen, wurde so zur Makulatur.

Wie die US-Stars schon ahnten, disqualifizierte das Kampfgericht sie nach dem Videostudium, mit den Worten „prima germania“ ist war geschichtsträchtige Triumph dann perfekt. Die Siegerzeit von handgestoppten 39,5 Sekunden war damals auch Weltrekord.

Das deutsche Siegerquartett wurde drei Monate nach der Gold-Sensation mit dem Silbernen Lorbeerblatt geehrt, das sportliche Vermächtnis von Cullmann, Lauer, dem heute 88 Jahre alten Hary und dem in diesem Jahr 90 gewordenen Mahlendorf ist immer mit ihrem großen Tag von Rom verbunden geblieben.