Sobald Grischa Niermann in sein Mikrofon spricht, wird hingehört.
Vingegaards deutsches Mastermind
„Wenn ich im Rennen eine Ansage mache, dann wird das auch gemacht“, sagte der Mann, in dem nicht wenige das Mastermind des Superteams Jumbo-Visma und des nun zweimaligen Tour-de-France-Siegers Jonas Vingegaard sehen, jüngst im SID-Gespräch: „Im Vor- und im Nachhinein aber diskutieren wir das gemeinsam.“
Kommunikation, Offenheit und Bescheidenheit sind dem Deutschen, der seit 2017 als Sportdirektor der niederländischen Erfolgsequipe fungiert, wichtig. „Wir haben hier in den letzten Jahren eine sehr schöne Entwicklung durchgemacht“, sagt er.
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Eine Entwicklung, an der Niermann einen großen Anteil hat. Er ist verantwortlich für Vorbereitung, Renntaktik, Coaching und nicht zuletzt für die gute Stimmung im Star-Ensemble. Auch dank einer ausgeklügelten Teamstrategie krönte sich Kapitän Vingegaard 2022 zum Sieger der Tour de France - auch in diesem Jahr machte die Taktik des Kollektivs den Unterschied.
Niermann steht in seiner Rolle nicht so im Rampenlicht wie die Fahrer, nach außen hin ist auch eher sein niederländischer Boss Richard Plugge der Chefkommunikator.
Etwas größeres Rampenlicht bekam Niermann in diesem Jahr durch die Netflix-Doku „Im Hauptfeld“, in der in Doku-Aufnahmen der Tour 2022 gezeigt wurde, dass er seinen Job auch höchst emotional ausfüllt. Viele Male ist zu sehen, wie er à la Günther Steiner lautstark „Fuck!“ ins Mikro brüllt.
Niermann kommt aus der dunklen Radsport-Ära
Der aktive Radprofi Grischa Niermann - heute immer noch begeisterter Hobbyfahrer - war dabei beim besten Willen kein klassischer Siegertyp.
Von 1999 bis 2012 fuhr er zumeist als Helfer für das Team Rabobank, viel mehr als ein Gewinn der Niedersachsen-Rundfahrt und Platz 24 bei einer seiner neun Tour-Teilnahmen sprang nicht heraus.
Rabobank war der Vorläufer von Jumbo-Visma, wie viele andere Teams früherer Zeiten von Doping-Skandalen diskreditiert. Auch Niermann, der zur Ullrich-Armstrong-Generation gehörte, hat 2013 unter dem Druck der damaligen Enthüllungswelle zugegeben, „einige Male“ mit Epo gedopt zu haben. Er kassierte damals dafür eine sechsmonatige Sperre als Trainer.
Alles Vergangenheit, die heutige Überlegenheit von Jumbo-Visma beruhe allein auf enormem Aufwand und riesiger Akribie hinter den Kulissen, wird immer wieder versichert. Niermann ist dabei in jedem Fall ein entscheidendes Puzzleteil.
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Mit Sportinformationsdienst (SID)