Tadej Pogacar steht kurz davor, seinen vierten Gesamtsieg bei der Tour de France einzufahren– doch von Euphorie fehlte nach der 19. Etappe am Freitag jede Spur. Im Gegenteil: Zwei Tage vor der Ankunft auf der Champs-Élysées zeigte der Superstar Anzeichen von Müdigkeit und Erschöpfung - auch mental.
Tour de France: Rätselraten um Pogacar! "Irgendwas passt nicht"
Pogacar gibt Rätsel auf
„Ich habe mein Tempo durchgezogen und zähle die Kilometer bis Paris. Das war mein Tag“, gab Pogacar nach dem brutalen Schlussanstieg des letzten Alpen-Krachers nach La Plagne nüchtern zu Protokoll.
Der Titelverteidiger war als Dritter hinter Dauerrivale Jonas Vingegaard ins Ziel gerollt. Sein Vorsprung in der Gesamtwertung beträgt aber komfortable 4:24 Minuten, weshalb ihm der Tour-Sieg nur noch theoretisch zu nehmen ist.
Pogacar zählt die Kilometer: Experten verwundert
Dennoch wirkte Pogacar nach dem Bergfinale ungewöhnlich niedergeschlagen – und machte mit seinen Aussagen klar, dass er es kaum erwarten kann, in Paris anzukommen. Experten spekulieren über die Ursachen für Pogacars Zurückhaltung: Handelt es sich nur um große Müdigkeit oder hat sich beim erfolgsverwöhnten Slowenen möglicherweise Langeweile breitgemacht?
Der ehemalige Radprofi Jérôme Coppel zeigte wenig Verständnis für das Auftreten des Dominators: „Am Abend der letzten Bergetappe kann man durchatmen und sich sagen: ‚Das war’s, ich habe die Tour de France gewonnen‘“, erklärte der Franzose beim Sender RMC und stellte klar: „Tadej Pogacar hingegen langweilt sich.“
Noch drastischer äußerte sich Ex-Profi Jérôme Pineau: „Er ist mürrisch, fast depressiv. Das ist weder gut für ihn, noch für das Team oder die Tour. Er sendet eine Botschaft: ‚Es ist fast zu einfach, ich langweile mich.‘“
„Das schadet seinem Image“
Pineau, der 2015 seine Karriere beendete, richtete zudem eine direkte Botschaft an Pogacar: „Genieße es, lache, lächle, du bist nicht in der Mine oder bei der Arbeit!“
Und weiter: „Es gibt Leute, die zur Arbeit gehen und sagen können: ‚Ich habe es satt, ich freue mich auf den Urlaub.‘ Du hast gegenüber den Zuschauern und deinen Teamkollegen kein Recht dazu. Das ist schlechte Kommunikation, das schadet seinem Image, das bisher nicht allzu schlecht war.“
Nicht nur in Frankreich herrschte Verwunderung über Pogacars Auftreten, auch die Experten der ARD rätselten.
Pogacar „ist super passiv gefahren“
„Pogacar ist super passiv gefahren heute. Ich dachte, dass er schon heute noch eine Etappe gewinnen will“, analysierte Simon Geschke unmittelbar nach der 19. Etappe. „Ich hätte den gesamten Berg vorher gewettet, dass Pogacar gewinnen will. Aber am Ende sah es gar nicht mehr so aus.“
Fabian Wegmann zeigte sich ebenfalls irritiert: : „Das war schon komisch, was Pogacar da gemacht hat.“
Selbst bei der Siegerehrung machte Pogacar keinen gelösten Eindruck. „Der sieht nicht super glücklich aus. Also irgendwas passt nicht. Ich will nicht groß spekulieren, aber es war ein seltsamer Tag von seiner Fahrweise her. Er sieht sehr genervt aus“, meinte Geschke weiter.
Pogacar selbst wollte zudem nichts von einer Vorentscheidung um den Gesamtsieg wissen. „Man weiß es nicht. Es ist die Tour de France“, antwortete er auf eine entsprechende Frage.