Wortlos verließ Angelina Köhler die WM-Arena und suchte Trost bei ihrem Trainer. Die gestürzte Weltmeisterin war nach dem enttäuschenden sechsten Platz im Finale über 100 m Schmetterling ihren Titel los und vergoss bittere Tränen - trotz der lautstarken Anfeuerung von Lukas Märtens. Am Tag nach dem goldenen Auftakt des Olympiasiegers gingen die deutschen Schwimmer in Singapur leer aus.
Tränen-Drama um deutsche Medaillen-Hoffnung
Drama um deutsche Medaillen-Hoffnung
Köhler, im vergangenen Jahr sensationell zum ersten WM-Titel einer deutschen Schwimmerin seit 15 Jahren geschmettert, hatte beim Sieg der amerikanischen Weltrekordlerin Gretchen Walsh nach 56,57 Sekunden 24 Hundertstel Rückstand auf Bronze - und fand anschließend keine Worte.
Coach Frank: „Da rollen die Tränen“
Ihr Berliner Coach Lasse Frank nahm sie am Ausschwimmbecken tröstend in die Arme. „Da rollen die Tränen, da ist man enttäuscht von sich selber“, berichtete Frank: „Es gab warme Worte. Sie hat sich wieder gefangen. Sie wird gestärkt daraus hervorgehen.“
Wenige Minuten zuvor hatte auch Lucas Matzerath seine „Mission Medaille“ wieder nicht erfolgreich abschließen können: Wie schon bei den letzten drei Weltmeisterschaften und Olympia in Paris schwamm der Frankfurter, der zuletzt in Australien trainiert hatte, am Podest vorbei - diesmal als chancenloser Sechster.
„Die Enttäuschung sitzt tief“, sagte der 25-Jährige, „aber ich kann nicht sagen, woran es lag.“ Melvin Imoudu, der in Paris Bronze nur um sechs Hundertstel verfehlt hatte, war bereits im Halbfinale ausgeschieden.
Mit seinem zweiten deutschen Rekord in Singapur war Luca Armbruster ebenfalls als Sechster über 50 m Schmetterling in 22,84 Sekunden der erfolgreichste deutsche Finalist am Montagabend. „Ich habe die Atmosphäre aufgesogen“, sagte der 23-Jährige.
Auch Gose war bitter enttäuscht
Bitter enttäuscht war schon am Vormittag Isabel Gose, die als Olympiadritte und Medaillenkandidatin über 1500 m Freistil im Vorlauf scheiterte. „Es ist das eingetreten, wovor ich gestern so viel Angst hatte“, sagte die 23-Jährige nach Platz neun in schwachen 16:08,41 Minuten. „Vielleicht war zu präsent in meinem Kopf die Skepsis, mit der ich hier herangehe. Es hat sich ganz anders angefühlt als gestern. Der eigene Erwartungsdruck ist doch höher, als man denkt.“
In der ersten WM-Woche hatte die Magdeburgerin noch ein goldenes Freiwasserdebüt gegeben, als sie vor der Insel Sentosa mit der gemischten Staffel im Sog des Vierfach-Weltmeisters Florian Wellbrock den Titel gewonnen hatte. Beim Beckenauftakt am Sonntag schwamm sie als Fünfte über 400 m erneut in die Weltspitze, doch überzeugt von ihrer Stärke war sie nicht. Sie berichtete von einem „Auf und Ab“ in den vergangenen Wochen, „ich war im Training nicht ganz so konstant, wie ich es sonst von mir kenne“.
Auch Köhler war mit einem schlechten Gefühl nach Singapur geflogen - nicht jedoch aus sportlichen Gründen. Nach ihrem vierten Platz in Paris hatte die Berlinerin von einem „miesen Beigeschmack“ gesprochen, weil die Chinesin Zhang Yufei ihr Bronze weggeschnappt hatte. Sie gehörte zu 23 Schwimmerinnen und Schwimmern, die in China Anfang 2021 positiv auf das Herzmittel Trimetazidin getestet, aber nicht gesperrt worden waren.
Es folgte ein Shitstorm im Internet: „Ich wurde von chinesischen Bots auf Englisch und Deutsch angegangen. Ich wurde als Nazi beschimpft und bekam Fotos mit Hitlergrüßen zugeschickt“, berichtete sie und fürchtete, dass sie von den vielen chinesischen Fans in Singapur „ausgebuht werde“. Doch diese Sorge löste sich schon im Vorlauf auf: „Die Zuschauer haben gejubelt, meine Befürchtungen sind nicht eingetreten.“ Grund zum Jubeln hatte sie selbst aber nicht.