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YONEX: Schläger-Hersteller aus Japan bei French Open, Wawrinka, Kerber

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YONEX: Schläger-Hersteller aus Japan bei French Open, Wawrinka, Kerber

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Der Weg zum perfekten Tennis-Schläger

Die French Open zu ungewohnter Zeit stellen besondere Herausforderungen ans Material. Ein japanisches Unternehmen geht hier seinen ganz eigenen Weg - und hat eine interessante Geschichte.
Stanislas Wawrinka
Stanislas Wawrinka
© SPORT1-Grafik: Imago/SPORT1
von Kai Hartwig

Bei den French Open 2020 sehen sich die Sportlerinnen und Sportler einer ganz neuen Situation gegenüber.

Wegen der Corona-Pandemie musste das Turnier in den Herbst verschoben werden. Statt sommerlicher Temperaturen müssen die Tennisstars bei nasskalten Bedingungen auf die Courts. Das bringt neue Herausforderungen mit sich – auch an das Material.

Die perfekte Abstimmung des Equipments gemeinsam mit den Ausrüstern dürfte bei den French Open 2020 ganz besonders ins Gewicht fallen. Auch das japanische Familien-Unternehmen YONEX hat in Roland Garros einige heiße Eisen im Feuer.

Ursprünge in der Holzbranche – Produkte für Fischnetze

YONEX (die Kurzform von Yoneyama Export) kann auf eine interessante Unternehmensgeschichte zurückblicken. Das 1946 vom Japaner Minoru Yoneyama in dessen Geburtsstadt Niigata gegründete Unternehmen war ursprünglich in der Holzbranche tätig und stellte Schwimmer für Fischnetze her. Als die Konkurrenz auf Plastikschwimmer umstellte und die Holzschwimmer nicht mehr gefragt waren, setzte bei YONEX, wo neben den Holzschwimmern auch Badminton-Schläger produziert wurden, ein Umdenken ein.

Es wurde mit Materialien experimentiert. Letztlich gelang es im Racketsport, mit Grafit leichtere Schläger herzustellen – neben Badminton auch für Tennis und Golf. Später änderte YONEX, deren Firmenlogo in Anlehnung an den Namen des Firmengründers zwei Y darstellen, auch die Optik seiner Rackets. Bis heute erkennt man die Produkte der Japaner an der isometrischen Form der Schlägerköpfe, sie soll den Sweet Spot, also den idealen Ball-Treffpunkt, vergrößern.

In seiner Arbeitsweise und Produktion hebt sich das Unternehmen ebenso von der Konkurrenz ab. Während alle anderen bekannten Marken in drei bis vier chinesischen Fabriken ihre Schläger herstellen lassen, produziert YONEX in der Manufaktur in Niigata. Hier steht Präzision an vorderster Stelle.

Während andere Marken bei jedem Racket eine Toleranz von +/- 7 Gramm angeben, entspricht die Angabe auf einem YONEX-Schläger laut Carsten Neuhaus, Tennis Promotion Manager bei dem asiatischen Unternehmen, "zu 100 Prozent" dem Schlägergewicht. Diese japanische Perfektion vergleicht der YONEX-Manager mit dem Herstellungsprozess eines in Handarbeit gefertigten Samuraischwerts.

Tennisstars wie Stan Wawrinka helfen bei der Weiterentwicklung der Rackets

Dabei baut YONEX, dessen Firmengründer Minoru Yoneyama im November 2019 verstarb und dessen Nachfolge sein Sohn Ben Yoneyama übernahm, bei der Weiterentwicklung seiner Schläger auch auf die Mithilfe seiner Vertragsspieler, von der auch Hobbyspieler profitieren. "Wir nutzen gerne das Know-How unserer Spieler, um die Produkte auch für den Endverbraucher weiterzuentwickeln", beschreibt Neuhaus gegenüber SPORT1.

Die Testphase und das Feintuning betreibt YONEX mit seinen Spielern vor allem in der Saisonvorbereitung. Auch Neuhaus unterstützt dann auf dem Court Stars wie Stan Wawrinka, als früherer Herren-30-Bundesligaspieler kann auch er tennisspezifisches Fachwissen einbringen.

"Hier die richtige Kombination zu finden, ist extrem wichtig, da bereits die kleinsten Veränderungen einen extremen Unterschied machen", sagte Wawrinka dem Tennismagazin. "Die Aufmerksamkeit für Details ist nicht von dieser Welt", befand der mehrfache Grand-Slam-Champion: "YONEX ist besessen von der ständigen Verbesserung."

Tennis-Legende Martina Navratilova verhalf der Marke YONEX zu größerer Bekanntheit
Tennis-Legende Martina Navratilova verhalf der Marke YONEX zu größerer Bekanntheit

YONEX: Erste Erfolge mit Billie Jean King und Martina Navratilova

Der Durchbruch in der Tennisszene gelang YONEX unterdessen zunächst im Damenbereich. In den 80er Jahren verhalfen mit Billie Jean King und Martina Navratilova zwei Legenden der Marke zu mehr Bekanntheit. Später kamen weitere Superstars dazu, wie Monica Seles und Martina Hingis. "Wir hatten jahrelang so ein bisschen das Image der Damen-Marke", gibt Neuhaus zu.

Doch auch bei den Herren trug die Zusammenarbeit bereits vielfach Früchte. Der Wimbledon- und US-Open-Sieger Lleyton Hewitt sowie Marcelo Rios vertrauten auf YONEX-Rackets und eroberten Weltranglistenplatz eins. In Wimbledon gab es 1996 ein "firmeninternes" Finale zwischen dem späteren Sieger Richard Krajicek und MaliVai Washington, bei den French Open trugen sich mit Sergi Bruguera und Andres Gomez weitere YONEX-Profis in die Siegerliste ein.

In den vergangenen Jahren war Wawrinka das sportliche Aushängeschild, der bis auf Wimbledon alle Grand-Slam-Turniere bereits gewinnen konnte. In Paris zählt der Schweizer, der die French Open 2015 gewinnen konnte, auch in diesem Jahr wie sein kanadischer Markenkollege Denis Shapovalov bei den Herren zum erweiterten Favoritenkreis.

Superstar Naomi Osaka muss auf French Open verzichten

Bei den Damen musste die Marke den Turnierverzicht der Japanerin Naomi Osaka verkraften, die nach ihrem US-Open-Sieg in Paris verletzungsbedingt nicht antreten kann. Auch für Deutschlands Topspielerin Angelique Kerber, die all ihre drei Grand-Slam-Siege mit YONEX-Schlägern errang, lief es nicht nach Wunsch. Sie scheiterte auf der ungeliebten roten Asche in Runde eins.

Unter der jungen Generation im Herren-Tennis konnte man ebenso einige Top-Talente für sich gewinnen. Neben Shapovalov beispielsweise den aufstrebenden Norweger Casper Ruud und nicht zuletzt Nick Kyrgios.

Der Australier gilt für viele als Bad Boy, Neuhaus kann SPORT1 von der gemeinsamen Zusammenarbeit aber nur Positives berichten. "Unsere Zusammenarbeit mit Nick ist extrem professionell", beschreibt Neuhaus. Auf den extrovertierten Tennisprofi sei "immer Verlass. Während andere Profis bei einer Autogrammstunde nach zehn Minuten auch schon mal nervös werden, bleibt Nick so lange, bis der letzte sein Autogramm bekommen hat."

Vertragsklausel für Nick Kyrgios und Kollegen soll Vorbildfunktion fördern

Auf dem Platz hatte Kyrgios bereits einige hitzige Momente. Dabei ging mitunter auch das ein oder andere Racket zu Bruch. Dies sieht man beim Ausrüster naturgemäß nicht so gerne. Kyrgios und seine Kollegen bittet das Familien-Unternehmen für solches Fehlverhalten zur Kasse, wie Neuhaus SPORT1 bestätigte.

"Wir haben diese Klausel im Vertrag – und die ist spürbar schmerzhaft", schildert Neuhaus. Ein YONEX-Schläger "geht durch bis zu 70 Hände in der Produktion, ist die 'heilige Kuh' der Firma. Einen Schläger zu zerstören ist im Endeffekt eine Beleidigung gegen die Familie. Die Spieler repräsentieren unsere Marke, entsprechend werden sie bestraft, wenn sie mit dem Produkt so umgehen."

YONEX-Manager Carsten Neuhaus (l.) überreicht Denis Shapovalov nach dessen erstem ATP-Turniersieg eine Flasche Champagner
YONEX-Manager Carsten Neuhaus (l.) überreicht Denis Shapovalov nach dessen erstem ATP-Turniersieg eine Flasche Champagner

Andererseits pflegt YONEX einen engen und von gegenseitigem Respekt geprägten Umgang mit seinen Spielern. "Wenn eine oder einer unserer Athletinnen und Athleten bei einem Turnier im Finale steht, ist in der Regel der ranghöchste YONEX-Repräsentant vor Ort und überreicht nach dem Turnier einen Blumenstrauß und eine Flasche Champagner", erzählt Neuhaus. Er selbst Übernahm diese Aufgabe zuletzt 2019 in Stockholm, wo Jungstar Shapovalov seinen erste Turniersieg auf der ATP-Tour feiern konnte.