Die Kritik an ihrem Aufsehen erregenden Beschluss ist massiv, unter anderem auch von Deutschlands Topstar Alexander Zverev - aber die Veranstalter von Wimbledon zeigen sich überzeugt, keine andere Wahl gehabt zu haben.
Wimbledon-Hammer: Widerspruch nach Kritik von Zverev
Wimbledon-Hammer: Widerspruch für Zverev
Es gebe „keine Alternative“ zum Ausschluss russischer und belarussischer Spieler in diesem Jahr, erklärte Ian Hewitt, der Vorsitzende des All England Club (AELTC), bei derselben Pressekonferenz, bei der Novak Djokovic trotz seines Impfstatus grünes Licht für das Turnier bekam.
Hewitt betonte dabei, dass ihm in dieser Hinsicht auch die britische Politik die Hände gebunden hätte: Die Regierung um Premierminister Boris Johnson hätte „Richtlinien für Sportveranstaltungen und -verantwortliche erlassen, mit dem spezifischen Ziel, russischen Einfluss einzudämmen“.
Vor diesem Hintergrund wäre der Ausschluss auch prominenter Akteure wie die ehemalige Nummer 1 Daniil Medwedew letztlich die einzig verantwortbare Option gewesen.
Zulassung für Putin-Kritiker? Für Wimbledon zu gefährlich
"Wir haben die verschiedenen Möglichkeiten eingehend geprüft", sagte Hewitt am Dienstag. Dazu gehörte auch, russische und belarussische Spieler zuzulassen, die sich mit einer Erklärung von der russischen Invasion in der Ukraine distanzieren.
Dabei sahen die Organisatoren aber die Gefahr, dass sich die Profis selbst oder ihre Familien durch die Distanzierung einer Gefahr aussetzen könnten.
Mit Blick auf alle anderen Profis aus den betroffenen Ländern hätte man verhindern müssen, dass Erfolge „von der russischen Propagandamaschine genutzt“ werden könnten.
Mit diesen Ausführungen antwortete Hewitt unter anderem auch auf die Kritik von Zverev, der speziell in Bezug auf seinen betroffenen Freund Andrej Rublew auf Kompromissmöglichkeiten verwiesen hatte: „Er ist auch bereit, der Ukraine zu helfen, er ist bereit, gegen den Krieg anzugehen, er ist bereit sein Preisgeld an die Ukraine zu schicken“, hatte Zverev gesagt.
„Außergewöhnliche und tragische Situation“
„Wir glauben, dass wir im Rahmen der Möglichkeiten die verantwortungsvollste Entscheidung getroffen haben“, antwortete Hewitt und sprach von einer „wirklich außergewöhnlichen und tragischen Situation“.
Nicht nur Profis wie Djokovic und Zverev hatten die Entscheidung klar kritisiert - auch die Spielerorganisationen ATP und WTA stuften die Maßnahme als „diskriminierend“ (ATP) und „zutiefst enttäuschend“ (WTA) ein.
Ironie der Geschichte
In den internationalen Medien gibt es jedoch auch andere Perspektiven: Die Washington Post etwa verteidigte den Entschluss der Wimbledon-Verantwortlichen in einem Kommentar unter Berufung auf die politische Philosophie, die auch Reparationszahlungen nach Kriegen zugrunde liegt.
„Russland - nicht nur Putin - zerstört die Ukraine“, hielt die Kolumnistin Sally Jenkins fest, man mache es sich zu einfach mit der Linie, dass Bürgerinnen und Bürger Russlands keine kollektive Verantwortung dafür übernehmen müssten: „Was würde passieren, wenn wir Staatsverbrechen als völlig losgelöst von den individuellen Bürgern betrachten würden? Schreckliche Dinge.“ Der Sport könne da keine Ausnahme bilden, auch wenn es „persönlich unfair“ sei.
Die Financial Times vertritt dieselbe Linie, weist aber auch auf eine unrühmliche Ironie in der Wimbledon-Historie hin: Im Weltkriegsausbruchs-Jahr 1939 wurde die deutschen Tennis-Legende Gottfried von Cramm nicht zum Turnier zugelassen - nicht weil er Nazi-Anhänger gewesen wäre, sondern im Gegenteil weil der Hitler-Kritiker in Nazi-Deutschland unter fragwürdigen Umständen ins Gefängnis gesteckt worden war.
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Mit Sportinformationsdienst (SID)