Ihren Heimflug muss Eva Lys verschieben. Schon wieder. Sie habe das Abreisedatum eigentlich auf Sonntag gelegt, erklärte die Hamburgerin nach dem größten Coup ihrer Karriere - doch auch daraus wird nichts.
Unheilbar krank - und stärker denn je
Weil Lys ihr unglaubliches „Lucky Loser“-Märchen in Melbourne einfach immer weiter schreibt, darf sie noch länger Tennisspielen. Als nächstes gegen die Weltranglistenzweite Iga Swiatek aus Polen.

„Das ist das geilste Turnier meines Lebens“, staunte die 23-Jährige bei Eurosport kurz nach ihrem historischen Triumph bei den Australian Open. Mit einem Dreisatzsieg über Jaqueline Cristian hatte sie zuvor ein Stück Tennis-Geschichte geschrieben; als erster weiblicher „Lucky Loser“ in der Historie des Turniers in Melbourne, der es ins Achtelfinale schaffte.
Lys: Auch eine unheilbare Krankheit treibt sie an
Ein Highlight, das in Lys‘ Karriere alles andere als selbstverständlich ist. Denn die Hamburgerin leidet seit einigen Jahren an einer unheilbaren rheumatischen Autoimmunerkrankung. „Das ist ein Teil von mir und wird mich auch die nächsten Jahre verfolgen, aber ich habe es unter Kontrolle“, erklärte Lys.
Weil sie ihren Körper in einen „stabilen Zustand“ gebracht hat, kann Lys nun weiter die Erfolgswelle reiten. Erst im Frühjahr 2024 hatte sie die Erkrankung öffentlich gemacht, obwohl sie bereits seit vier Jahren davon wusste. Sie wollte die Problematik nicht als Entschuldigung für verlorene Matches verstanden wissen.

Ihr Schicksal teilt sie mit der früheren Weltranglistenersten Caroline Wozniacki, die ihre Karriere zwischenzeitlich beendet hatte - später aber zurückkehrte.
Früher sei sie häufig für „zu schwach“ erklärt worden, sagte Lys, als sie sich an die Öffentlichkeit wandte. Sie ließ sich nicht unterkriegen. Sondern antreiben. Doch was jetzt in Australien passiert, hat sie selbst noch nicht ganz begriffen. „Es fühlt sich definitiv nicht real an“, sagte Lys: „Mal sehen, wann die Realisation reinkickt.“
Ist jetzt sogar Swiatek fällig?
„Cool“ sei das, bekannte sie, angesprochen auf ihren „Lucky Loser“-Rekord. Und cool sei auch, sich nun als (vorläufige) Krönung ihrer unglaublichen Reise mit einer der besten Spielerinnen der Welt messen zu können. „Es gibt für mich kein geileres Match“, schwärmte Lys, die am Montag auf Swiatek trifft. Und sich dabei keineswegs ohne Chance sieht.
„Ich bin für Iga auch keine einfache Spielerin. Ich habe super viel Confidence und bin sicherlich relativ entspannt“, erklärte Lys im großen Pressekonferenzraum von Melbourne, in dem sie nach ihrem Rekord plötzlich auch von internationalen Journalisten mit Fragen gelöchert wurde. Beim bisher einzigen Mal, als sie Swiatek gegenüberstand, setzte es für Lys eine herbe 1:6, 1:6-Packung - doch damals, im Jahr 2022, war von der Unbekümmertheit noch nichts zu sehen, die Lys seit Tagen durch das Turnier trägt.
Am Dienstag hatte alles begonnen. Erst 15 Minuten vor ihrem Erstrundenmatch erfuhr Lys, dass sie als „Lucky Loser“ überhaupt am Turnier teilnehmen dürfe. Sie spielte anschließend befreit auf und schlug die Lokalmatadorin Kimberly Birrell klar in zwei Sätzen. Ihren für Mittwoch angesetzten Heimflug musste sie schon damals verschieben - danach behielt sie auch im engen Zweitrundenmatch gegen Varvara Gracheva aus Frankreich die Oberhand und verdiente sich den Spitznamen „Lucky Lys“.
Am Samstag dann machte sie den nächsten, geschichtsträchtigen Schritt in dieser Woche, die ihr Leben „total verändert“ habe. Nicht nur wegen des bevorstehenden Sprunges in die Top 100 der Weltrangliste. Nach 2:25 Stunden verwandelte Lys in einer umkämpften Partie gegen Cristian ihren zweiten Matchball.
„Ein unglaubliches Match auf sehr hohem Niveau von beiden Spielerinnen“, wie Bundestrainer Torben Beltz im SID-Gespräch lobte: „Das ist ein Supererfolg. Gegen Iga am Montag wird auf jeden Fall ein Highlight.“
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