Zwischen Vergötterung und Verdammung ist es manchmal nur ein schmaler Grat.
Alaba nun ein Bayern-Feindbild?
12 Jahre lang hatte David Alaba das Trikot des FC Bayern getragen, mit Unterbrechung nur durch eine einjährige Leihe zur TSG Hoffenheim.
„Doppelpass on Tour“: Deutschlands beliebtester Fußballtalk geht auf große Deutschlandtour! Auftakt in Mainz und Frankfurt am 11. und 12. August - weitere Tourtermine und Tickets unter www.printyourticket.de/doppelpass oder unter der Ticket-Hotline (Tel. 06073 722740; Mo.-Fr., 10-15 Uhr)
Der Abwehr-Spieler von Weltklasse-Format war dabei auch schnell zum Liebling der Fans avanciert, nicht bloß wegen seiner sportlichen Leistungen, nachdem seine Entwicklung seit 2008 einen so exorbitant rasanten Verlauf genommen hatte.
Bayern und Alaba - das passte lange
Der gebürtige Wiener traf vielmehr auch mit seinem Schmäh den Nerv der Menschen, er wurde zu ihrer kaum angezweifelten Identifikationsfigur, kurzum: Der Name Alaba zählte etwas in München - und München zählte umgekehrt für den 29-Jährigen. (NEWS: Alles zur Bundesliga)
Auch noch im Moment der sich abzeichnenden Scheidung, als die Vertragsgespräche hinsichtlich eines Verbleibs beim Rekordmeister bereits massiv ins Stocken geraten waren, der Bruch längst nicht mehr zu kitten schien.
„Dieser Klub ist für mich nicht irgendein Verein, er ist Zuhause, Familie und Heimat“, sagte Alaba dazu im vergangenen Herbst inmitten und trotz einer bereits nicht mehr aufzuhaltenden Schlammschlacht seines Beraters Pini Zahavi mit dem langjährigen Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß.
Hoeneß hatte damals verbale Giftpfeile in Richtung von Zahavi abgeschossen, den Spielerberater im CHECK24 Doppelpass auf SPORT1 als „geldgierigen Piranha“ gegeißelt. Auch Alabas Vater George bekam sein Fett weg. Es ging um angeblich überbordende Gehaltsvorstellungen und Provisionszahlungen, am Ende hatte sich so bei nicht wenigen Fans der Eindruck verfestigt, Alaba sei geldgierig, undankbar und illoyal.
Alaba küsst Real-Wappen
Kein dreiviertel Jahr später nun liegt die neue Heimat des österreichischen Nationalspielers in Spanien, Alaba ist „Teil der großen Familie von Real Madrid“, wie es wiederum dessen Präsident Florentino Pérez bei Alabas offizieller Präsentation an diesem Mittwoch nannte.
Und Alaba, der mit den Münchnern bemerkenswerte 28 Titel eingeheimst hat, gab die warmen Worte nicht nur zurück, sondern tat etwas, das sein Image und Ansehen bei Teilen der Bayern-Fans womöglich vollends ramponierte: Er küsste das Vereinswappen der Königlichen.
Nun mochte einige Beobachter das nicht überbewerten, es auch nur als einen Teil des Business betrachten: So ist das dann eben als Profi-Sportler. Es gab durchaus auch Verständnis für den EM-Fahrer.
Der SPORT1 Podcast „Meine Bayern-Woche“ auf podcast.sport1.de, in der SPORT1 App und den gängigen Streaming-Plattformen Spotify, Apple Podcasts, Amazon Music, Deezer und Podigee
Einige Bayern-Fans schimpfen
Doch es wird auch anders gedacht, ein Teil der Anhängerschaft der Bayern schäumt vor Wut. Alabas Kuss kommt einem Hochverrat gleich, einem Frevel, der wie immer in solchen Situationen vor allem in den sozialen Netzwerken hohe Wellen schlägt.
„Ekelhaft. Nach 12 Jahren bei Bayern küsst der eben das Real-Wappen. Ich kotze“, hieß es unter anderem auf Twitter, während ein anderer User schrieb: „Wenn ich schreiben würde, was mir bei dem Anblick durch den Kopf geht, wäre der Account ruck zuck gesperrt.“
„Finde nur ich das sehr befremdlich? Oder bin ich zu sehr ein „Romantiker“?, meinte ferner Manu Thiele, auch als Journalist aktiv. (NEWS: Alles zu La Liga)
Für jene Bayern-Fans, die Alaba ohnehin nicht mehr positiv gestimmt waren, ist es der vorläufige Höhepunkt einer Aversion gegenüber einem Abtrünnigen, der zudem infolge seiner Wortwahl bei der Vorstellung in Spaniens Hauptstadt - sei es bewusst oder unbewusst - die FCB-Community nochmals verprellte.
Alaba: Real „der größte Verein“
„Ich hatte mehrere Angebote, hier geht für mich aber ein Traum in Erfüllung. Ich bin hier beim größten Verein der Welt, das erfüllt mich mit Stolz“, so Alaba über die Madridistas.
Ein Statement, welches bei Teilen des Champions-League-Siegers von 2020, zu dessen Leadern auch Alaba gehörte, als Provokation angekommen sein könnte. Real als der größte Verein der Welt - was waren demnach Alabas Herzensbekundungen gegenüber den Bayern wert?
„Ich freue mich darauf,“ fügte der Defensivallrounder weiter an, „das weiße Trikot anzuziehen.“
Das rote des FC Bayern gehört definitiv der Vergangenheit an - es dürfte Zeit benötigen, bis Alaba an der Säbener Straße wieder überall wohlgelitten ist.