Lothar Matthäus stieß an seine Grenzen, als er den Namen von Alexander Røssing-Lelesiit aussprechen wollte. „Alexander Rössing Les... Lelessel ... Lelesiit... ein Zungenbrecher“, stammelte der Sky-Experte. Dies war am dritten Spieltag, als der Hamburger SV völlig chancenlos mit 0:5 beim FC Bayern München verlor. Seitdem nahm der Aufsteiger eine positive Entwicklung – und Røssing-Lelesiit auch.
Die Millionen-Wette des HSV
Die Millionen-Wette des HSV
Dem 18-Jährigen gelang am Samstag beim 2:1 gegen den VfB Stuttgart eine echte Traumvorlage. In der eigenen Hälfte nahm er Tempo auf, wurde gehalten, zu Fall gebracht, stand wieder auf und steckte den Ball genau im richtigen Moment auf Robert Glatzel durch, der daraufhin das 1:0 erzielte.
„Diese Aktion von ihm war natürlich überragend“, lobte sein Mitspieler Miro Muheim auf Nachfrage von SPORT1. „Er ist ein Talent und hat viel Potenzial. Er hat auch noch Sachen, an denen er arbeiten muss. Aber heute hat man gesehen, dass er uns weiterhelfen kann. Wir sind froh, ihn zu haben und schauen, dass er weiter Fortschritte macht.“
Erst die Traum-Vorlage, später Gelb-Rot
Was ihm noch fehlt? Möglicherweise ein bisschen Spielcleverness. Seine Gelb-Rote Karte brachte den HSV in Unterzahl und somit in eine brenzlige Situation. Er ging zu forsch in den Zweikampf mit Josha Vagnoman, kam zu spät und traf den Stuttgarter dadurch am Fuß. „Ich mache ihm da keinen Vorwurf. Er hat einfach der Mannschaft helfen wollen. In dem Moment ist das eben nach hinten losgegangen“, sagte Muheim.
Bis zu seinem Platzverweis aber zählte er zu den auffälligsten Spielern – nicht nur aufgrund der Vorlage. Kaum war Glatzel verletzungsbedingt ausgewechselt und durch Ransford Königsdörffer ersetzt, bekam auch dieser von Røssing-Lelesiit eine Top-Vorlage in den Strafraum serviert – nur die Vollendung fehlte.
Ablöse von rund 2,8 Millionen Euro
Der HSV hatte den Norweger Anfang Februar verpflichtet, kurz nach seinem 18. Geburtstag. Laut Informationen von Sky war auch der italienische Top-Verein AC Mailand an ihm interessiert, doch er entschied sich für Hamburg, weil die Aussicht auf Spielpraxis größer zu sein schien.
Der HSV musste ordentlich zahlen: Die Ablöse für den U19-Nationalspieler belief sich auf rund 2,8 Millionen Euro. Viel Geld für einen Spieler, der bis dahin nur elf Spiele in der 1. Liga von Norwegen für Lillestrøm SK absolviert hatte.
Um das einmal ins Verhältnis zu setzen: Røssing-Lelesiit ist damit der teuerste Transfer für den HSV im Kalenderjahr 2025. Seit dem Bundesliga-Abstieg 2018 gab es mit Mario Vuskovic (2021) und David Kinsombi (2019) nur zwei Spieler, die mit einer Ablöse von jeweils rund drei Millionen Euro teurer waren.
Schnell, dribbelstark – ein Top-Talent
Warum der HSV so viel Geld für ihn bezahlte? „Er ist schnell, dribbelstark und auf beiden Flügeln einsetzbar. Zudem ist er uns in den Sichtungen mit seiner frechen und unbekümmerten Art aufgefallen“, sagte Sportdirektor Claus Costa zur damaligen Verpflichtung. Auch Sportvorstand Stefan Kuntz bezeichnete Røssing-Lelesiit als „ein Top-Talent mit einem spannenden Profil“.
Kurzum: Røssing-Lelesiit ist eine Wette auf die Zukunft. Dass er eine gewisse Eingewöhnungszeit brauchen würde, war abzusehen. „Natürlich war es anfangs eine Herausforderung, in ein Land zu ziehen, in dem man weder die Sprache spricht noch jemanden kennt“, sagt Røssing-Lelesiit dem Hamburger Abendblatt.
Dompé ist seine Bezugsperson
Mittlerweile aber scheint er in der Mannschaft angekommen zu sein. Mit Jean-Luc Dompé, dessen Alternative er auf Linksaußen ist, tauscht er sich regelmäßig aus. „Dompé ist ein wichtiger Ansprechpartner für mich, weil ich sehr viel von ihm lernen kann. Wenn ich eine Frage habe, kann ich immer zu ihm gehen. Nach dem Training und nach Spielen nimmt er sich Zeit für mich.“
Seine Entwicklung ist positiv. Nachdem er vergangene Rückrunde in der 2. Liga nur zwei Kurzeinsätze hatte, wird er in der Bundesliga häufiger eingesetzt. In zehn der 14 Pflichtspiele stand er auf dem Spielfeld, sechsmal sogar in der Startelf. Aufgrund der gelbroten Karte wird er zwar das Derby am kommenden Sonntag gegen den SV Werder Bremen verpassen, könnte dafür aber im Pokalspiel am Mittwochabend gegen Holstein Kiel eingesetzt werden.
Forderung von Polzin
„Das Vertrauen von unserer Seite in Alex drückt sich natürlich in der Spielzeit aus“, sagte Trainer Merlin Polzin auf Nachfrage von SPORT1. „Wenn man wiederholt beginnen darf und so eine Energieleistung wie heute zeigt, dann ist das definitiv gerechtfertigt.“
Und doch stellte der Trainer klar, „auch viele Dinge gesehen zu haben, die wir weiterhin mit ihm verbessern wollen.“ Umso wichtiger sei es, dass er „hart daran arbeitet, früh da ist, spät nach Hause geht und alles versucht, um sich zu verbessern.“
Dann wird auch Matthäus keine Probleme mehr damit haben, seinen Namen auszusprechen.