Stefanie Bihlmayer ist Head of Media Services bei SPORT1.
Torturen einer Triathletin
Die 35-Jährige war früher als Basketballerin in der Bundesliga aktiv. Auch von einem schweren Autounfall ließ sie sich nicht unterkriegen und fand ihre Leidenschaft für den Triathlon.
Innerhalb einer Woche ging sie zuletzt sowohl beim Ironman in Frankfurt als auch in Roth an den Start. Hier schildert sie ihre Erlebnisse.
Nach schwerem Autounfall und langwieriger Sportverletzung wollte ich mich am 26. Juni bei der European Championship in Frankfurt erneut der Herausforderung Ironman stellen – idealerweise, um eines der begehrten Tickets fürs Finale im Oktober auf Hawaii zu ergattern. Vor Ort herrschten für mich optimale Wetterbedingungen für eine Triathlon-Langdistanz. Ich fühlte mich perfekt vorbereitet.
Tritt ans Kinn und Biene im Helm
Nach dem Start gegen 6.35 Uhr im Langener Waldsee konnte ich über die 3,8 km Schwimmen trotz teils widriger Bedingungen – so landete zum Beispiel ein Tritt eines anderen Starters an meinem Kinn – in einer Stunde und sechs Minuten eine neue persönliche Bestzeit aufstellen. Auch auf der folgenden 182 km langen Radstrecke kamen die nächsten unerwarteten Ereignisse: Eine Biene im Helm; der Verlust meiner Flaschen mit den wichtigen Kohlenhydraten auf dem „the hell“ genannten Abschnitt mit Kopfsteinpflaster und eine zumindest diskutable Zeitstrafe von fünf Minuten für Windschatten fahren, konnten mich nicht davon abhalten, auch hier einen neuen persönlichen Rekord zu erzielen.
Die böse Überraschung aber erlebte ich kurze Zeit später nach dem Wechsel auf meine eigentliche Paradedisziplin, das Laufen.
Bereits beim zweiten der insgesamt 42 Kilometer traten massive Schmerzen auf. Selbst die direkte Behandlung des Roten Kreuz konnten die notwendige Einsicht nicht verhindern: Das Rennen war für mich gelaufen. Gesundheit muss immer an erster Stelle stehen und somit war diese Entscheidung bitter, aber alternativlos.
Körper greift auf Organfett zurück - starke Schmerzen
In der Analyse mit meinem Ärzte-Team wurde schnell deutlich, dass ich in eine Unterversorgung geraten war: Nach dem Verlust meiner Flaschen mit der exakt ausgerechneten Anzahl an Kohlenhydraten, konnte ich meinem Körper die dringend benötigte Energie nicht mehr ausreichend zuführen. Aufgrund meines sehr geringen Körperfettanteils fing mein Körper daher an, nun auf Organfett zuzugreifen, was dann die erwähnten starken Schmerzen verursachte. (Von der Sportinvalidin zum Ironman Hawaii)
Eine Fortsetzung des Rennens hätte hier durchaus Schaden anrichten können. Da ich mich aber nach der Kompensation der Unterversorgung wieder topfit fühlte und mir der Renn-Abbruch noch schwer im Magen lag, entschloss ich mich gemeinsam mit meinem Trainer, direkt eine Woche später bei der Challenge in Roth anzutreten.
Nächster Versuch in Roth
Roth gilt als eine der Triathlon-Hochburgen schlechthin, sodass ich extrem motiviert, aber nach den Erfahrungen der Vorwoche auch mit einer gehörigen Portion Respekt am 3. Juli und damit nur eine Woche nach dem Ironman an den Start ging.
Die Schwimmstrecke, dieses Mal in einem Kanal zurückzulegen, lief nicht ganz so gut wie in Frankfurt, reichte aber dennoch zur Tuchfühlung zur Spitze in meiner Altersklasse.
Auf der anschließenden Radstrecke konnte ich mich erneut verbessern, allerdings wurde hier schon deutlich, dass es an diesem Tag sehr heiß werden würde. Dies bestätigte sich dann auf der Laufstrecke. Ich fand gut in meinen Rhythmus, merkte aber auf dem vor der Sonneneinstrahlung teils ungeschützten Kurs ziemlich schnell die Temperaturen von bis zu 33 Grad. Hitze von oben, Hitze von unten, Hitze von innen – bei jeder Verpflegungsstation hab ich mir eine zusätzliche Wasserdusche gegönnt.
Wozu Körper und Geist in der Lage sind
Kein Wunder also, dass sich speziell ab der zweiten Hälfte des Marathons die Kilometer wie Kaugummi zogen. Die Anstrengung wurde so enorm, dass ich immer wieder gezwungen war, kleine Streckenabschnitte im Spazierschritt zu absolvieren. Dabei war ich beileibe nicht die Einzige: reihenweise wurden die Athleten von Einsatzkräften versorgt oder aus dem Rennen genommen. Hier war es nun vor allem eine Frage der mentalen Stärke, sich durch die vielen kleinen Tiefs hindurch zu kämpfen.
Hilfreich waren dabei das fantastische Publikum in Roth sowie meine mitgereisten Unterstützer. So gelang es mir tatsächlich, nach insgesamt 10 Stunden und 26 Minuten in persönlicher Bestzeit die Ziellinie zu erreichen. Wozu man am Ende eines so langen Tages noch in der Lage ist, wenn man das Ziel vor Augen sieht – unglaublich. Da fällt es für mich auch nicht ins Gewicht, dass ich als Altersklassen-Vierte das Podium knapp verpasst hatte.
Mein Fazit: Es waren unbeschreibliche sieben Tage, innerhalb derer ich bei zwei Triathlon-Langdistanzen an den Start gehen durfte. Beide haben mich an meine Grenzen gebracht und gleichzeitig gezeigt, wozu Körper und Geist auch unter widrigen Umständen in der Lage sind.