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NFL-Star Lynch bestreikt Training

NFL-Star Lynch bestreikt Training

Marshawn Lynch boykottiert das Trainingscamp der Seahawks, weil ihm 31 Millionen Gehalt nicht reichen. Es ist ein gefährlicher Poker.
Running-Back Marshawn Lynch (l.) gewann 2014 den Super Bowl mit Seattle
Running-Back Marshawn Lynch (l.) gewann 2014 den Super Bowl mit Seattle
© Getty Images
Marshawn Lynch boykottiert das Trainingscamp der Seahawks, weil ihm 31 Millionen Gehalt nicht reichen. Es ist ein gefährlicher Poker.

Von Maximilian Länge

München/Seattle - Marshawn Lynch wollte ein Zeichen setzen.

Das dachte sich zumindest der 28-jährige Superstar des Super-Bowl-Champions Seattle Seahawks.

Es geht um Geld, viel Geld. Lynch weiß: Ihm bleiben auf diesem Niveau nicht mehr viele Jahre in der NFL (Die NFL-Saison 2014 LIVE im TV auf SPORT1 US u. im STREAM). Deshalb erschien er am Freitag einfach nicht zum Auftakt des Trainingscamps in Renton, Washington.

Lynch will Druck ausüben auf seinen Arbeitgeber. Es ist ein gefährliches Spiel. Die Seahawks sind ja schließlich nicht irgendwer, sondern haben in der vergangenen Saison die begehrteste Trophäe des amerikanischen Mannschaftssports gewonnen. Entsprechend unbeeindruckt ist Seattle vom Vorpreschen seines Running Backs (So spricht die NFL: Die wichtigsten Begriffe).

Stattliche Summe

"Er ist ein Spieler, der denkt, dass er in letzter Zeit über dem Wert seines Vertrages gespielt hat", sagte Michael Robinson.

Lynchs früherer Mitspieler und heutiger TV-Experte wirkte beim Liga-eigenen Sender "NFL Network" wie der private Sprecher des oft so wortkargen Superstars. Lynch nehme Geld sehr ernst und versuche, das Maximum aus den ihm verbleibenden Jahren in der NFL herauszuholen, meinte Robinson.

Die Summe, um die es ihm geht, ist mehr als stattlich. Er hat einen noch zwei Jahre gültigen Vertrag. 2012 hatte er das Arbeitspapier über 31 Millionen US-Dollar unterzeichnet, in der kommenden Saison soll er bis zu sieben Millionen verdienen.

Ein Gehalt, das Lynchs Ansicht nach nicht seiner Leistung und seinem Wert für das Team entspricht.

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Kein Mann großer Worte

Beim Media Day vor dem Super Bowl XLVIII in New Jersey hatte er Ende Januar immer wieder erklärt, dass er kein Mann der großen Worte sei. Er wolle lieber handeln. Gesagt, getan. Lynch lässt Taten folgen - pünktlich zum Start der Saisonvorbereitung. Ein wohl kalkuliert gewählter Moment.

Über Robinson ließ er mitteilen, dass er vorerst nicht mehr an den Trainingseinheiten der Seahawks teilnehmen werde. Ein gewagter Alleingang. Doch Lynch hat einen Grund.

Er kennt das Geschäft NFL. Lynch befürchtet, nach dieser Saison gecuttet zu werden. Mit dann 29 Jahren hat er den durchschnittlichen Zenit eines Running Backs in der amerikanischen Profiliga überschritten. Deshalb pokert "Beast Mode" um einen neuen Vertrag.

Kansas als Vorbild?

Erst vor wenigen Tagen hatten die Kansas City Chiefs die Vertragsverlängerung mit Jamaal Charles verkündet, die den 27-Jährigen zu einem der bestbezahlten Running Backs in der NFL macht.

Es habe Lynch gefallen, dass die Chiefs Charles für seinen bedingungslosen Einsatz belohnt hätten, schilderte Robinson. Doch bei seinem Klub stößt der Trainingsboykott auf Unverständnis. "Ich bin enttäuscht, dass er nicht hier ist", sagte Head Coach Pete Carroll nach dem ersten Training.

Man habe vor einigen Jahren großen Aufwand betrieben, um Lynch mit einem lukrativen Vertag an den Verein zu binden, erzählte er.

Auch bei John Schneider sitzt der Frust tief. "Marshawn war einer der ersten Spieler, den wir vor zwei Jahren im Rahmen unseres Langzeitplans mit einem hoch dotierten Kontrakt ausgestattet haben", schilderte der General Manager.

Seahawks haben vorgesorgt

Der Klub hat sich positioniert: Die Seahawks sind nicht daran interessiert, Lynch einen Vertrag zu verbesserten Konditionen anzubieten. Er selbst ist nicht bekannt dafür, gerne nachzugeben. Eine gefährliche Hängepartie.

Lynchs Leistung in den vergangenen drei Jahren ist unbestritten. Er lief jeweils über 1200 Yards, erzielte Touchdowns im zweistelligen Bereich (12, 11, 12) und war ein enorm wichtiges Element des Meisterteams.

Doch im Gegensatz zu den Kansas City Chiefs haben die Seahawks vorgesorgt für die Zeit nach ihrem Star-Running Back. Christine Michael wurde 2013 in der zweiten Runde gedrafted und gilt als ähnlich kraftvoller Läufer - und noch schneller.

30.000 Dollar pro Tag

Kommt seine Zeit früher als erwartet? Coach Carroll erklärt gerne ausführlich, dass es für ihn keine unersetzbaren Spieler gebe. Wie auch immer sie heißen mögen.

Lynch spürt bereits erste Konsequenzen. Er muss für seinen Sturkopf tief in die Tasche greifen. Pro verpassten Tag im Camp bekommt er 30.000 US-Dollar Strafe aufgebrummt.

Der Vertragspoker befördert den Super-Bowl-Champion aus dem Feiermodus zurück in die Realität. Er droht zur ersten Krise einer bislang reibungslosen Offseason zu werden.

Sie haben die Titelverteidigung am 1. Februar 2015 in Glendale, Arizona, als Marschroute ausgegeben. Sollte es soweit kommen, ist der einstige Held Lynch vielleicht gar nicht mehr Teil dieser Mannschaft. Schließlich geht es um Geld, viel Geld.