Das riesige Poster in Downtown Cleveland ist legendär.
Wie LeBron fast bei Reebok landete
An der Fassade des Sherwin Williams Buildings, auf einer Größe von gut 2300 Quadratmetern, hingen dort von 2003 bis 2010 sowie zwischen 2014 und 2018 verschiedene Motive von NBA-Superstar LeBron James.
Zunächst der junge LeBron im zarten Alter von 20 Jahren, dazu der Spruch: "We are all witnesses" ("Wir sind alle Zeugen"). Anschließend ein Bild von James, wie er eine Handvoll Kreidepulver in die Luft wirft.
Nach seiner Rückkehr aus Miami folgte eine Ansicht von James' Rücken, auf dem Trikot in großen Buchstaben das Wort Cleveland - nach dem Titelgewinn 2016 ergänzt durch die NBA-Trophäe. (Alle Tabellen der NBA)
LeBron James wie selbstverständlich bei Nike
Immer darauf zu sehen, fast schon wie selbstverständlich, als würde sonst etwas fehlen: der Swoosh, das Markenzeichen von Sportartikelhersteller Nike.
Für das US-Unternehmen ist der Basketball-Superstar seit dem Beginn seiner NBA-Karriere einer der wichtigsten Werbeträger - und dementsprechend dürften sich die Verantwortlichen immer noch dafür feiern, den damaligen Wunderknaben 2003 unter Vertrag genommen zu haben.
Denn wie jetzt ein neues Buch von ESPN-Reporter Brian Windhorst (LeBron, Inc.: The Making of a Billion-Dollar Athlete) ans Licht bringt, hätte damals alles ganz anders kommen können.
Als das High-School-Phänomen - damals noch ohne Umweg über ein College - sich anschickte, die NBA auf den Kopf zu stellen, waren die großen Marken alle hinter ihm her. Für einen Schuhdeal mit dem kommenden Gesicht der stärksten Basketball-Liga der Welt konnte man eigentlich nicht zu viel Geld auf den Tisch legen.
Reebok, Adidas und Nike buhlen um James
Reebok, Adidas, Nike. Innerhalb von nur zehn Tagen stellten sich die drei größten Namen auf dem Markt bei James, seiner Mutter Gloria und Berater Aaron Goodwin vor - und sie hätten nahezu alles dafür getan, um diesen 19-Jährigen zu sich zu locken.
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Schon das erste Treffen mit Reebok muss dem jungen LeBron wie ein Traum vorgekommen sein: Das Paket für James soll insgesamt rund 100 Millionen US-Dollar umfasst haben, darunter zehn Millionen Dollar nur für seine Unterschrift.
Ein Glücksfall für James' Lager, damit hatten sie ein gigantisches Angebot bereits sicher. (Ergebnisse und Spielplan der NBA)
Einige Tage später flog Adidas LeBron gemeinsam mit einigen Freunden in einem Privatjet nach Los Angeles. Plätze für ein Lakers-Spiel, mit bester Sicht auf Kobe Bryants 39-Punkte-Gala gegen die San Antonio Spurs. Am nächsten Tag die Präsentation in einem Haus in Malibu, mit bester Sicht auf den Pazifik.
Das Drumherum stimmte - nur die Zahlen nicht.
Adidas-Vertreter Sonny Vaccaro wollte ein Paket mit einer garantierten Summe von 100 Millionen Dollar schnüren, die Konzernleitung in Deutschland allerdings soll ihr Veto eingelegt haben. Garantiert waren letztlich nicht einmal 60 Millionen.
James' Zukunft lag also nicht bei Adidas, genauso wenig wie die von Vaccaro. Enttäuscht von der fehlenden Rückendeckung kehrte er dem Unternehmen wenig später den Rücken.
James stellt Woods und Bryant in den Schatten
Reebok hielt also weiterhin alle Karten in der Hand, ein Mitbewerber aber blieb noch. Ein starker noch dazu. Denn: Im Vergleich zu seinen Konkurrenten hatte Nike immer das gewisse Etwas. Die besseren Produkte, die stärkere Marke, das coolere Image.
Das bestätigte sich offenbar im Pitch, den das Unternehmen für James vorbereitet hatte. Alles war stimmig, überzeugend, für einen 19-Jährigen beeindruckend - bis es ums Finanzielle ging.
Rund 70 Millionen Dollar sollen James garantiert worden sein, dazu ein Signing Bonus. Allerdings nicht sofort per Scheck, so wie es Reebok angepriesen hatte.
Zum Vergleich: Tiger Woods' erster Nike-Vertrag soll ein Volumen von rund 35 Millionen Dollar umfasst haben, Kobe Bryant unterschrieb 2003 für rund 40 Millionen. Das Angebot für James lag für Nike also weit über dem Durchschnitt, aber eben auch weit unter dem von Reebok.
LeBron "wollte wie Jordan sein"
Zumal die ihres noch einmal aufbesserten, Insidern zufolge soll es letztlich bei rund 115 Millionen US-Dollar gelegen haben. Manager und Anwälte der Firma machten sich bereits auf den Weg in James' Heimatstadt Akron, um den Deal unter Dach und Fach zu bringen - aber es sollte nicht dazu kommen.
Warum?
"Wenn LeBron sich seine Zukunft vorgestellt hatte, hatte er sich immer in Nikes gesehen. Er träumte davon, in Nike-Werbespots zu sehen zu sein. Er wollte wie Jordan sein. Er wollte Geschäfte mit Nike machen. In seinen Worten: Er wollte Teil der Nike-Familie sein. Manches davon war Jordans Vermächtnis. Manches lag an der stärkeren Marke. Manches davon lag an seinem Ego: Er wollte den Swoosh tragen."
So schreibt es Windhorst in seinem Buch.
Nike-Deal bringt James über 100 Millionen US-Dollar
Als Nike das Angebot auf 77 Millionen Dollar garantiert plus zehn Millionen Dollar Signing Bonus erhöhte, war die Entscheidung gefallen. Die Reebok-Delegation, die in einem Hotel auf den Vollzug ihres Deals wartete, musste geschlagen die Rückreise antreten.
In einem Statement erklärte die Firma wenig später, die Konkurrenz hätte schlichtweg mehr Geld auf den Tisch gelegt. Nach heutigem Kenntnisstand war das nicht der Fall.
Alles in allem soll sein erster Nike-Deal James über die Jahre im Übrigen dann doch noch mehr als 100 Millionen US-Dollar eingebracht haben - und dazu ein riesiges Poster auf einer Hauswand in Cleveland, das für immer mit seinem Namen in Verbindung gebracht werden wird.
Genauso wie die Marke Nike. Und der legendäre Swoosh, der LeBron offenbar mehr wert war als Millionen von Dollar.