Als alles gelaufen war, lud Brad Stevens, Coach der Boston Celtics, die Schuld auf sich.
Die Gründe für das Aus der Celtics
"Ich habe einen schlechten Job gemacht. Wenn dein Team nicht die ideale Konstellation findet, liegt das an dir", sagte der 42-Jährige nach der 91:116-Niederlage seiner Celtics in Spiel fünf gegen die Milwaukee Bucks und dem damit verbundenen Playoff-Aus.
Noch im Vorjahr war der NBA-Rekordmeister ohne wirkliche Stars - Kyrie Irving und Gordon Hayward fehlten verletzt - bis in die Conference-Finals gestürmt und unterlag dort den Cleveland Cavaliers erst in Spiel sieben. Youngster wie Terry Rozier und Jaylen Brown spielten sich ins Rampenlicht und ließen die Celtics-Fans vom großen Wurf träumen.
Schuld an Celtics-Aus liegt auf mehreren Schultern
Mit den Rückkehrern Irving und Hayward plus den Jungstars, die nur so vor Selbstvertrauen strotzten, sollte die elfjährige Titeldurststecke beendet werden. Doch die Mission scheiterte überraschend früh und deutlich. Die Schuld dafür liegt aber nicht nur bei Stevens, sondern verteilt sich auf mehrere Schultern.
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Im Gegensatz zum Playoff-Run der Vorsaison war der Teamgeist bei den Celtics in diesem Jahr nicht besonders gut. Einer der Hauptverantwortlichen dafür ist Superstar Irving. "Wenn ihr mich hier haben wollt, dann plane ich, erneut hier zu unterschreiben", verkündete er pathetisch bei einem Fan-Event im TD Garden im vergangenen Herbst. Und wohl jeder Anhänger der Kelten hätte ihm direkt einen Vertrag zur Unterschrift vorgelegt.
Irving kritisierte Teamkollegen öffentlich
Doch im Verlauf der NBA-Saison gab es immer wieder Probleme zwischen ihm und vor allem den jüngeren Teamkollegen. "Wir hatten letztes Jahr nichts zu verlieren, jeder konnte frei aufspielen. In dieser Saison gibt es Erwartungen an uns, das ist neu. Es ist hart", sagte der auserkorene Leader Irving nach einer knappen Pleite früh in der regulären Saison.
Mit dieser Aussage brachte der 27-Jährige die jungen Shootingstars um Jayson Tatum, Rozier und Brown gegen sich auf. Immer wieder enthüllten Aussagen von Spielern die Probleme in der Teamchemie.
Aber auch Irvings Status bei den Fans begann zu bröckeln, denn im Februar erklärte er auf die Frage nach seiner Vertragsverlängerung: "Fragt mich am 1. Juli. Ich schulde niemandem einen Scheiß."
Statistisch betrachtet spielte der frühere Cavs-Profi eine sehr gute reguläre Saison mit neuen Bestmarken bei Rebounds und Assists. Aber in den Playoffs konnte er sein Team nicht in dem Maße tragen, wie es die absoluten Superstars der Liga können. Symptomatisch ist diese Statistik aus der Serie gegen die Bucks: Er nahm insgesamt 104 Würfe, erzielte aber nur 102 Punkte.
Zu wenig für jemanden, der 2016 Cleveland und LeBron James verlassen hatte, um ein Team alleine im Rampenlicht zu führen.
Inzwischen würden einige Celtics-Fans ihren Superstar lieber heute als morgen vom Hof jagen. Aber die Alleinschuld für die enttäuschende Saison trägt Irving trotzdem nicht.
Hayward kämpft nach Verletzung
Ein weiteres Puzzleteil ist die Personalie Hayward. Die Saison 2017/2018 verpasste der 2,03-Meter-Mann mit einer schweren Beinverletzung. In dieser Spielzeit sollte er den Celtics in der Offense zusätzliche Variabilität verleihen. Allerdings konnte Hayward nur selten an seine Leistungen aus der Saison 2016/2017 bei den Utah Jazz anknüpfen. Bei knapp zehn Minuten weniger Spielzeit im Durchschnitt erzielte er nur die Hälfte der Punkte.
In der Serie gegen die Bucks fand er gar nicht statt. Bestes Beispiel seine Plus-Minus-Statistik von -49 vor Spiel fünf. Doch es gibt Anlass zur Hoffnung, dass der 29-Jährige wieder zu alter Stärke zurückfindet. Der heutige OKC-Star Paul George erlitt 2014 eine ähnliche Verletzung und war nach zwei Jahren wieder ganz der Alte und zählte in diesem Jahr sogar zwischenzeitlich zu den MVP-Kandidaten.
Durch die Rückkehr von Hayward und Irving zeigte sich auch, dass die Celtics ein Überangebot an Spielern und Talent haben. Denn Playoff-Helden wie Tatum, Brown und Rozier mussten mit weniger Spielzeit auskommen, als für ihre Entwicklung nötig wäre. Das bekannte Sprichwort "Zu viele Köche verderben den Brei", lässt sich auch auf den Kader in Boston anwenden.
Leonard-Verpflichtung wäre wohl möglich gewesen
Denn Coach Stevens musste jedem Spieler adäquate Spielzeit einräumen, durfte aber gleichzeitig den Teamerfolg nicht gefährden - eine Herkulesaufgabe.
Das Front Office der Celtics um GM Danny Ainge hätte dieser Entwicklung im vergangenen Sommer entgegen steuern können. Beispielsweise wären die San Antonio Spurs wohl bereit gewesen, Kawhi Leonard für einige Talente und Draft-Picks an die Celtics abzugeben.
Doch so wirklich bemühte man sich in der Hauptstadt des US-Bundesstaats Massachusetts nicht um einen weiteren Superstar in den eigenen Reihen. Offenbar bot man nicht genügend lukrative Teile bzw. vertraute - verständlicherweise - dem eigenen Kern.
Wie geht es bei den Celtics weiter?
In diesem Sommer wird sich das Team auf jeden Fall verändern. Verlängert Irving doch in Boston, wird man dann doch versuchen, einen zweiten Star an Land zu ziehen. Top-Kandidat: Anthony Davis von den New Orleans Pelicans. Allerdings darf Irving, falls er nicht seine Player Option (21,33 Millionen) zieht, für eine Verpflichtung des Big Man keinen Maximalvertrag unterschreiben, da die Celtics sonst Davis' Salär wohl nur schwer stemmen könnten.
Können sich beide Parteien nicht auf eine Verlängerung einigen, erscheint es wenig sinnvoll, Davis, dessen Kontrakt im Sommer 2020 ausläuft, per Trade zu verpflichten, um ihn dann nach nur einem Jahr möglicherweise wieder zu verlieren. Zumal dessen Lust auf Boston ohne Irving, der immer wieder mit den New York Knicks in Verbindung gebracht wird, wohl nicht unbedingt riesig wäre.
Stattdessen wäre ein Neuaufbau mit Brown, Rozier und Tatum und auch Hayward als Säulen wohl die einzige Lösung. Angereichert mit einigen guten Talenten aus dem Draft könnte das Team dann wohl in (naher) Zukunft wieder um den Titel spielen.
Rozier wurde, angesprochen auf einen möglichen Neustart, deutlich: "Shit, wir haben keine andere Wahl, als das zu tun."