Auf so einen Abend mussten die Football-Fans in San Francisco lange warten.
Wiederauferstehung eines Giganten
Die heimischen 49ers dominieren Monday Night vor den Augen der gesamten Football-Welt wie zu den glorreichen Zeiten von Joe Montana und seinem Nachfolger Steve Young.
Fünfmal gewannen die Kalifornier zwischen 1981 und 1994 den Super Bowl und erreichten in dieser Zeit elfmal die Playoffs, das aktuelle Team weckt nun Hoffnungen, an die goldene Ära anzuknüpfen.
Mit 31:3 fegten sie die vor der Saison extrem gehypten Cleveland Browns aus dem Levi's Stadium, erstmals seit Montanas MVP-Saison 1990 gelang ein Start mit vier Siegen in Folge.
Vor einem Jahr waren die Niners selbst der Hype-Meister der Offseason, ehe eine Flut von Verletzungen und nicht abgerufenes Potenzial das Team abstürzen ließen. Diese Lektion trägt nun entscheidend zur Wiederauferstehung eines alten NFL-Giganten bei.
49ers lassen Kritiker verstummen
Denn nicht wenige Experten waren vor dieser Saison deutlich skeptischer, schließlich hatten Quarterback Jimmy Garoppolo und Co. ihr Talent bisher nur hin und wieder aufblitzen lassen.
Daraus zieht das Team aber nun seine Motivation. Denn für diese "Wir gegen den Rest der Welt"-Einstellung haben sie auch die richtigen Charaktere versammelt.
"Idioten sollen einfach weiter wie Idioten klingen. Bleibt einfach dabei, wenn ihr uns das vor der Saison nicht zugetraut habt, dann bleibt einfach dabei", sagte Cornerback Richard Sherman.
Lynch und Shanahan bauen starkes NFL-Team
Der 31-Jährige ist einer der Leader der teils noch recht unerfahrenen Truppe. Mit Seattle gewann er bereits einen Super Bowl und gehört immer noch zu den Top-Verteidigern der NFL.
Sherman war einer der Volltreffer des ehemaligen NFL-Spielers John Lynch, der 2017 als General Manager übernahm und mit Head Coach Kyle Shanahan das neue Erfolgsgespann bildet.
Schritt für Schritt haben sie durch den Draft, Trades und gezielte Free Agents wie Tevin Coleman - spielte in Atlanta bereits für Shanahan - ein extrem talentiertes und ausgeglichenes Team aufgebaut.
Garoppolo rechtfertigt Millionen-Deal
Nach vier Spielen stehen die 49ers als einziges Team nach Yards pro Spiel in Verteidigung und Angriff unter den Top Vier der NFL und sind neben den New England Patriots die letzte ungeschlagene Franchise.
Beispielhaft warf Garoppolo seine sieben Touchdowns 2019 auf sieben verschiedene Passempfänger. Überhaupt zahlt sich das Investment in den einstigen Kronprinzen von Tom Brady nun aus.
Per Trade kam er als junger Spielmacher aus New England, zeigte 2017 gute Ansätze und wurde sofort mit einem 137-Millionen-Dollar-Vertrag ausgestattet. Auch dieser Deal wurde kritisch gesehen, erst Recht nach Garoppolos Kreuzbandriss in Woche drei 2018, aber der inzwischen 27-Jährige hat sich schnell zurückgekämpft.
Angriff erinnert an Kaepernicks Glanzzeit
Shanahans bereits in Washington und Atlanta erfolgreich praktiziertes Laufspiel mit beweglichen Blockern und explosiven Running Backs wie Coleman und Matt Breida passt optimal zu Garoppolo.
Er kann so seine Stärken als Play-Action-Passer (Pässe nach Andeutung eines Laufes) perfekt ausspielen. In Tight End George Kittle und den Receivern Dante Pettis, Marquise Goodwin oder Rookie Deebo Samuel hat er mittlerweile auch gute Anspielstationen.
Die Folge ist ein explosiver Angriff, der an die Glanzzeit mit Colin Kaepernick erinnert, als die Niners drei NFC-Finals in Folge erreichten, aber nie den ganz großen Wurf schafften. Das aktuelle Team hat jedoch deutlich mehr Potenzial und könnte eine Ära prägen. Seit 2013 warten die Fans auf eine Playoff-Teilnahme.
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Defense überragt
Während die Offense naturgemäß im Fokus steht, ist die Defense aktuell sogar noch dominanter. Rang zwei bei Pass-Yards, Rang sechs bei Lauf-Yards, niemand forciert beim Gegner mehr Ballverluste - die Zahlen sind herausragend.
Der durchaus talentierten Offensive der Browns gestatteten sie ganze neun vollständige Pässe, viermal brachten sie Spielmacher Baker Mayfield zu Boden. Dee Ford und Kwon Alexander waren starke Verpflichtungen, aber der Schlüssel zur aktuellen Dominanz ist ein Rookie: Nick Bosa.
Bosa dominiert bereits
Der Bruder des Chargers Joey Bosa wurde zum Albtraum für Mayfield. Zwei Sacks und ein erzwungener Fumble erzählen nur einen Teil der Geschichte. Das ganze Spiel hindurch machte Bosa Druck auf Mayfield.
Nach nur vier Einsätzen gilt Bosa bereits als Favorit für den Titel Defensiv-Rookie des Jahres. Weil die Defensive Line so viel Druck auf den Gegner macht, wird das Leben für die Passverteidigung leichter.
"Bosa ist immer gut. Er ist konstant und verlässlich. Diese Qualität weißt du zu schätzen. Das ist kein Zufall, das ist kein Witz", lobte Sherman.
Der erste richtige Härtetest steht allerdings in der kommenden Woche an. Dann reisen die 49ers zum aktuellen NFC-Champion L.A. Rams zum Division-Kracher. Danach wird man wissen, ob tatsächlich wieder vom Super Bowl geträumt werden kann.