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NFL: Das womöglich größte Draft-Fiasko der Geschichte

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NFL: Das womöglich größte Draft-Fiasko der Geschichte

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Der größte Fehlgriff der NFL-Historie?

NFL-Experten prophezeiten Ryan Leaf vor 25 Jahren eine ähnlich große Karriere wie Quarterback-Kollege Peyton Manning. Stattdessen wurde Leaf zum Mega-Flop - der nach der Karriere in die Kriminalität abdriftete.
Ryan Leaf wurde 1998 im NFL Draft an Position 2 hinter Peyton Manning gedraftet
Ryan Leaf wurde 1998 im NFL Draft an Position 2 hinter Peyton Manning gedraftet
© Imago
mhoffmann
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Wer darf es sein an Position 1 im NFL Draft: ein junger Quarterback, der sich zu einem der besten Spieler der Liga-Geschichte entwickeln wird? Oder einer, der als einer der größten Flops der Historie in Erinnerung bleiben wird?

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Sie hatten keine Zeitmaschine, heute vor 25 Jahren. Und konnten daher natürlich nicht wissen, wie wegweisend ihre Entscheidung sein würde zwischen zwei recht ähnlich talentiert anmutenden Spielmachern.

Am Ende trafen die Indianapolis Colts die richtige Wahl, sie pickten Peyton Manning von den Tennessee Volunteers - der sich zu einem „Franchise Player“ entwickeln sollte, einem fünfmaligen MVP, zum ersten Quarterback, der gleich zwei Teams zum Super-Bowl-Gewinn führen sollte.

Den San Diego Chargers blieb Ryan Leaf von den Washington State Cougars, ein scheinbar ähnlich großer Glücksfall, aus Sicht nicht weniger Experten sogar eine größere Verheißung als Manning. Welch ein Irrtum: Ryan Leafs völlig erfolglose NFL-Karriere verglühte schnell - und es war bei weitem noch nicht das Schlimmste, was sich in seinem Leben ereignen sollte.

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Ryan Leaf sah sich schon als Super-Bowl-Quarterback

Mangelndes Selbstbewusstsein war dabei nicht das Problem von Leaf, dem die Chargers 11,25 Millionen Dollar allein dafür überwiesen, dass er bei ihnen unterschrieb – der bis dahin höchste „Signing Bonus“, der je einem Rookie gezahlt wurde.

Ryan Leaf (r.) galt als ebenso talentiert wie Peyton Manning (2.v.l., mit Charles Woodson und Randy Moss)
Ryan Leaf (r.) galt als ebenso talentiert wie Peyton Manning (2.v.l., mit Charles Woodson und Randy Moss)

„Ich freue mich auf eine 15 Jahre lange Karriere, ein paar Trips zum Super Bowl und eine Parade durch Downtown San Diego“, prophezeite der 1,96-Meter-Mann aus Montana sich damals selbst.

Recht schnell zeigte sich dann aber, dass Leafs Mundwerk größer war als seine Bereitschaft, für seine ambitionierten Ziele zu arbeiten. Leaf beendete seine erste Saison in San Diego mit einer Horror-Bilanz von nur zwei Touchdown-Pässen in zehn Spielen, bei 15 Interceptions.

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Peyton Manning hob ab, Leafs Karriere verglühte

Schlimmer noch: Während Manning sich als Musterprofi hervortat, hatte Leaf schnell einen Ruf als Problemkind mit Einstellungsproblemen weg. Er neigte zu Übergewicht, verpasste Termine, entspannte beim Golf, statt an seiner spielerischen Entwicklung zu arbeiten, beschimpfte Reporter, die seine Leistungen kritisch sahen - und vergrätzte auch Teamkollegen, als er die Schuld für schwache Auftritte bei ihnen statt sich selbst suchte.

„Ich habe nie jemanden erlebt, der härter daran gearbeitet hat, seine Mitspieler zu verärgern“, blickte der damalige Chargers-GM Bobby Beathard später zurück. Der tragisch früh verstorbene Star-Linebacker Junior Seau wandte sich nach Leafs Debütsaison ans Management und forderte: „Holt einen Typen, mit dem wir was gewinnen, statt ihn babysitten zu müssen.“

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Wegen einer schweren Schulterverletzung verpasste Leaf die darauffolgende Spielzeit, sein Comeback mündete dann in einem noch größeren Desaster: Die Chargers beendeten die Saison 2000/01 mit einer 1:15-Bilanz - und feuerten Leaf.

Wenige Tage danach verpflichteten ihn die Tampa Bay Buccaneers, mit dem Plan, Leaf als Ersatz-Quarterback behutsamer aufzubauen. Als Leaf jedoch in mehreren Preseason-Spielen nicht überzeugte und nur noch als Spielmacher Nummer 4 mit niedrigerem Gehalt weitermachen sollte, zog er weiter.

2001 machte Leaf noch vier Spiele als Backup für die Dallas Cowboys, alle gingen verloren. Seinen letzten Vertrag unterschrieb Leaf bei den Seattle Seahawks, wo er aber schließlich kurz vor dem Trainingscamp 2002 hinwarf und seine Karriere für beendet erklärte - mit nur 26 Jahren.

Wegen Drogen-Kriminalität drei Jahre im Knast

Gerade auch durch den Kontrast zur Fabelkarriere Mannings ging die Geschichte von Ryan Leaf in den Mythenschatz der NFL ein: In vielen Rankings der größten „Draft Busts“ der Geschichte landet er auf Platz 1, „der nächste Ryan Leaf“ wurde zum geflügelten Wort für verheißungsvolle Picks, die unter ihren Möglichkeiten geblieben sind.

Der Original-Leaf erlebte derweil auch abseits des Feldes schwere Zeiten: Nach dem Karriere-Ende wurde er süchtig nach Schmerzmitteln und driftete auch in die Beschaffungskriminalität ab, wegen Drogen- und Diebstahl-Delikten saß er insgesamt drei Jahre im Gefängnis, verlor auch einen Job als Quarterback-Coach am West Texas College.

2020 war er wegen einer Verhaftung aufgrund eines öffentlich nie näher ausgeleuchteten Vorfalls häuslicher Gewalt erneut in den Negativ-Schlagzeilen.

Zweite Karriere als selbstironischer TV-Experte

Trotzdem hat sich Leaf inzwischen ein neues Leben aufgebaut, neben diversen Jobs in der Wirtschaft ist er als Experte für College Football unter anderem auch für den US-Medienriesen ESPN aktiv.

Der einstige Problem-Profi ist beliebt wegen seiner Redegewandtheit und seines Humors, auch den dunklen Flecken in der sportlichen und persönlichen Vita begegnet er immer wieder mit Selbstironie („Meine letzten zehn Lebensjahre waren besser als die der New-York-Jets-Fans - obwohl ich drei davon im Gefängnis verbracht habe“).

Peytom Manning und Ryan Leaf (r.) sahen sich 2019 bei einem College-Spiel wieder
Peytom Manning und Ryan Leaf (r.) sahen sich 2019 bei einem College-Spiel wieder

Mit dem 2016 zurückgetretenen Peyton Manning verbindet den bald 46 Jahre alten Leaf übrigens ein gutes Verhältnis: Mannings Familie kontaktierte Leaf, als er im Gefängnis saß, Leaf wiederum schickte Peyton immer wieder Glückwunschnachrichten, etwa nachdem die Colts 2017 eine Statue für ihn enthüllten.