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Deutsches WM-Drama: Selbst ZDF-Experten verlieren die Orientierung

Ein Drama, das für Verwirrung sorgte

Kurz sah es so aus, als könnte Franziska Preuß sogar Gold gewinnen. Auch die Kommentatoren des ZDF waren auf der falschen Spur unterwegs.
Franziska Preuß hat Silber im Sprint von Lenzerheide gewonnen
Franziska Preuß hat Silber im Sprint von Lenzerheide gewonnen
© Imago
Kurz sah es so aus, als könnte Franziska Preuß sogar Gold gewinnen. Auch die Kommentatoren des ZDF waren auf der falschen Spur unterwegs.

Als Franziska Preuß beim WM-Sprint in Lenzerheide mit der Winzigkeit von 0,2 Sekunden vor der Finnin Suvi Minkkinen über die Ziellinie fuhr und völlig entkräftet in den Schnee fiel, schien der größte Erfolg ihrer Karriere perfekt. Ein einziger Fehler bei schwierigsten Bedingungen am Schießstand, dazu eine tadellose Leistung in der Loipe. Doch das große Drama war noch lange nicht vorbei - und sorgte für Verwirrung.

„Im Moment ist es die Führung“, schrie ZDF-Kommentator Volker Grube während der Live-Übertragung ins Mikrofon und meinte: „Franziska Preuß ist auf dem Weg zur Goldmedaille, aber noch sind nicht alle der Top-Favoritinnen im Ziel.“ Elvira Öberg aus Schweden, eine dieser Kandidatinnen auf einen Podestplatz, leistete sich im selben Augenblick jedoch zwei Fehler. Viele Eindrücke innerhalb kurzer Zeit, durch die man schon mal den Überblick verlieren kann.

ZDF-Kommentatoren liegen falsch

Grube lehnte sich deshalb etwas weiter aus dem Fenster und vermittelte den Eindruck, die Sache sei schon gelaufen. „Das war die letzte Konkurrentin, die Preuß fürchten musste“, sagte der Kommentator. Wenige Augenblicke später legte Experte Sven Fischer nach: „Wer ist noch draußen, wer ist noch dabei?“, fragte er. „Ich sehe in der Konkurrenz jetzt keine, die Preuß noch angreifen kann. Ich mag sicher die eine oder andere verpasst haben, aber wenn ich auf den Datenmonitor schaue, dann kommen nicht mehr viele.“

„Für Franziska Preuß sieht es gut aus, dass es so bleibt“, meinte Fischer. Kurios: Zur gleichen Zeit zeigte die Weltregie das zweite Schießen der Französin Justin Braisaz-Bouchet, die fehlerfrei blieb und nur 2,9 Sekunden hinter der Deutschen auf die letzte Runde ging. Grube ruderte umgehend zurück: „Das wird doch noch ein bisschen knapper. Justin Braisaz-Bouchet kann ihr gefährlich werden.“

Fischer räumte in der Folge ein, Braisaz-Bouchet im engen Duell zwischen Preuß und Minkkinen schlicht übersehen zu haben. Ein Fehler, der menschlich ist und natürlich passieren kann. Schließlich hatte auch die Regie nicht alles im Blick und schaltete erst auf das finale Schießen der Französin um, als diese bereits zweimal ins Schwarze getroffen hatte.

Braisaz-Bouchet fängt Preuß spät ab

Sowohl Fischer als auch Grube ahnten nun, dass der Krimi um Preuß eben doch noch nicht zu Ende war - und sollten recht behalten. Braisaz-Bouchet, die an diesem Tag die schnellste Laufzeit aller Athletinnen hatte, warf auf der Schlussrunde alles in die Waagschale und machte Sekunde um Sekunde auf Preuß gut.

Bei der nächsten Zwischenzeit lag Braisaz-Bouchet bereits 0,7 Sekunden vor Preuß, bei der zweiten Zeitmessung waren es sogar schon 9,5 Sekunden. Ein plötzlich sattes Polster, das sie bis ins Ziel verteidigen konnte. Doch die Deutsche trauerte der verlorenen Goldmedaille nur bedingt nach.

Preuß: „Freue mich mega“

„Ich freue mich mega über den zweiten Platz. Es war mein Ziel, hier eine Einzelmedaille zu gewinnen. Dass es gleich im ersten Rennen passiert, lässt den Rucksack etwas abfallen“, erklärte Preuß im ZDF. Lediglich der eine Schießfehler ärgere sie etwas: „Vielleicht habe ich einen Tick zu schnell geschossen. In der Loipe habe ich mich gut gefühlt, auch wenn es hinten raus echt hart wurde.“

So oder so endete der turbulente Sprint mit einem Erfolg. Ihre erste WM-Einzelmedaille gewann Preuß 2015 als 20-jähriges Talent im Massenstart von Kontiolahti. Danach hatte sie immer wieder mit Krankheiten zu kämpfen, fiel lange aus und musste Saisons vorzeitig beenden.

Bis Freitag kam keine weitere Einzelmedaille bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Winterspielen hinzu. Umso höher ist diese Silbermedaille zu bewerten.