Er war einer der besten Schwergewichts-Ringer Deutschlands, ein international bekannter Wrestling-Mythos - und der Gründer eines deutschen Rock-Mekkas.
Tod einer deutschen Legende: Wrestling-Kultstar in Japan - und Begründer eines Rock-Mekkas
Schillernder deutscher Kultstar tot
Roland Bock war eine schillernde Figur, die in gleich mehreren Subkulturen zur Szene-Legende wurde. Nun ist bekannt geworden, dass er im Alter von 81 Jahren verstorben ist.
Roland Bock: Ein deutscher Spitzen-Ringer
Bock, geboren im vorletzten Weltkriegs-Jahr 1944 in Geislingen an der Steige nahe Stuttgart, entwickelte sich in den sechziger Jahren zu einem der besten Nachwuchsringer der Nation - der schließlich auch im Erwachsenenbereich internationale Erfolge feierte.
Zwei Jahre, nachdem der Schwabe bei Olympia 1968 in Mexiko City Platz 9 im Schwergewicht (griechisch-römisch) belegte, schaffte er bei der Europameisterschaft 1970 in Ost-Berlin seinen größten Erfolg. Der 120 Kilo schwere 1,92-Meter-Hüne holte Gold im Superschwergewicht und besiegte dabei auch den bulgarischen Weltmeister Alexandar Tomow.
Bock bekam es in Deutschland auch mehrere Male mit der elf Jahre älteren Legende Wilfried Dietrich zu tun, berühmt als „Kran von Schifferstadt“ und für seinen unglaublichen „Jahrhundert-Wurf“ gegen 182-Kilo-Koloss Chris Taylor bei Olympia 1972 in München. Bock rang Dietrich mehrere Unentschieden ab, konnte ihn aber nie besiegen. Es hieß, dass Bock trotz herausragender technischer und körperlicher Anlagen Schwächen beim Thema Nervenstärke hatte, die noch größere Erfolge verhindert hätten.
Bock beendete seine Ringer-Karriere, nachdem er infolge eines Zerwürfnisses mit Verbandspräsident Hermann Schindling nicht für Olympia 1972 nominiert wurde. Er begann eine Karriere als Wrestler - beziehungsweise Catcher, wie der damals geläufige Ausdruck in Deutschland war.
Ein Wrestling-Mythos in Japan
Dank seiner Aura als echter Kämpfer etablierte sich Bock als Showkämpfer erfolgreich, bestritt in den Siebzigern zahlreiche Matches gegen europäische Legenden wie Dave Morgan, Steve Wright, „Big“ Otto Wanz oder auch Mexiko-Idol Mil Mascaras und US-Ikone André the Giant - später einer der berühmtesten Rivalen Hulk Hogans.
Einen großen Karriere-Sprung erlebte der „Strongest Man in Europe“, als er mit dem japanischen Superstar Antonio Inoki in Kontakt kam: Der Gründer der Traditionsliga NJPW - berühmt für seinen skurrilen Crossover-Kampf mit Muhammad Ali - war immer auf der Suche nach glaubwürdigen Gegnern mit Kampfsport-Hintergrund, die seinen Nimbus und den seiner Sportart beförderten. Bock erwies sich in dieser Hinsicht als guter Fang.
Bei einem von Bock veranstalteten Event in Stuttgart 1978 inszenierten die beiden einen Sieg des Lokalmatadors über Inoki. Auf dieser Grundlage buchte Inoki Bock als Spezialattraktion für seine Shows in Japan - wo der „European Emperor“ zur Kultfigur wurde.
Bock wurde in Japan als fremdländisches „Monster“ dargestellt, das die Helden aus der Heimat mit seiner Masse und seiner Unberechenbarkeit vor enorme Probleme stellte. Er wurde berüchtigt als „No-Seller“, der die Aktionen seiner Gegner kaum „verkaufte“, sie also als schwach und sich selbst damit als stark darstellte. Unter Kollegen gilt das als unkooperative Unart - bei den Zuschauern verstärkte Bock so allerdings seinen Ruf als Phänomen.
„Er war sehr berühmt in Japan“, schrieb der bekannte Wrestling-Reporter und -Historiker Dave Meltzer über Bock: „Er war kein großer Pro-Wrestler in dem Sinne, aber er hatte die Aura.“
Eklat im ZDF Sportstudio
Bock war zu seinen Hochzeiten auch in Deutschland eine bekannte Medienpersönlichkeit, im Jahr 1980 hatte er auch eine Hauptrolle in der deutsch-französischen Filmkomödie „Hurricane Rosie“ an der Seite des jungen Gerard Depardieu. Bock spielte den Manager einer Wrestlerin, die sich Depardieus Figur verliebt.
Für Wirbel sorgte Bock auch, als er seinen Sport einst im „Aktuellen Sportstudio“ im ZDF vorführte und dort gegen einen dressierten Bären kämpfen wollte. Während der Live-Übertragung blies Moderator Dieter Kürten die Vorführung aber auf Geheiß seines Sendeleiters ab - schon der einstimmende Showkampf gegen den Briten Danny Lynch war dem zu brutal geraten („So drastisch wollten wir das eigentlich nicht demonstriert bekommen“).
Gründer der berühmten „Rockfabrik“
Bock beendete 1982 mit 37 Jahren auch seine Zweitkarriere, der gelernte Bankkaufmann konzentrierte sich danach auf den Unternehmerberuf.
Zum berühmtesten Projekt Bocks wurde die Gründung der „Rockfabrik“ in Ludwigsburg: Aus einer ehemaligen Kühlschrankfabrik entwickelte Bock zusammen mit einer Reihe von Mitstreitern eine deutschlandweit bekannte Disco und Konzerthalle, in der unzählige berühmte Bands und Acts auftraten - unter ihnen Metallica, Queen, die Scorpions, Mötley Crüe, Iron Maiden, Manowar, Subway to Sally und InExtremo.
„Roland war bis Mitte der Neunziger zusammen mit Otto Rossbacher Motor und Impulsgeber der Rockfabrik, bevor er sich ins Privatleben zurück gezogen hat“, schrieb das frühere Team der Ende 2019 geschlossenen Veranstaltungshalle in einem Nachruf auf Facebook.
Bock, der viele Jahre seines Lebens in Asien lebte, bekam zum Abschied einen letzten Dank, „dass er mit seinem Willen und seiner Vision uns allen fast 40 Jahre lang eine Heimat gegeben hat“.