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Olympia 2018: Rick Goldmann zur Zukunft des deutschen Eishockey

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Olympia 2018: Rick Goldmann zur Zukunft des deutschen Eishockey

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Goldmann: Wir haben wieder Helden

Nach der sensationellen Silbermedaille bei Olympia sieht SPORT1-Experte Rick Goldmann große Chancen für das deutsche Eishockey - diese muss man aber auch nutzen.
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© SPORT1/Getty Images

Liebes deutsches Eishockey,

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du erlebst ein Wintermärchen. Das Märchen von Dornröschen. Du warst in einem Dornröschenschlaf – und Marco Sturm hat Dich wachgeküsst. (Empfang von Team-D im LIVETICKER)

Ein Traum ist wahr geworden. Ein Traum, eines jeden Fans. Ein Kindheitstraum, eines jeden Eishockeyspielers. Eishockey-Deutschland, du hast es ins Finale des Olympischen Eishockeyturniers geschafft und Silber gewonnen.

Ein Millionenpublikum hat dich verfolgt und deine Sportler, die mit beiden Beinen in der Realität stehen. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem Deutschlands Sportkind Nummer 1, der Fußball, durch Egoismus und unglaubliche Summen drauf und dran ist, seine Glaubwürdigkeit, seine Bodenhaftung und die Liebe seiner Fans zu verlieren.

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Es ist endlich mal der Zeitpunkt – und es ist ein perfekter Zeitpunkt –, auf sich aufmerksam zu machen. Ein Zeitpunkt für neue Helden. 42 Jahre haben wir immer die gleichen Namen gehört: Kühnhackl, Schloder, Reindl, Kießling. Innsbruck, 1976, Bronze.

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Diese Spieler haben so viel für Eishockey-Deutschland gemacht, Kühnhackl der bekannteste Name im Ausland über Jahre, ohne Schloder kein Eishockey mehr in Landshut und und und. Aber das sind keine Namen mehr der Gegenwart. Sie sind den Kindern, die an diesen Sport gebunden werden sollen, nicht mehr zu vermitteln. Wer hat diese Herren noch spielen sehen? Es gab keine Helden mehr.

Jetzt haben wir wieder welche. Mit den Spielen gegen Schweden, gegen Kanada und gegen Russland. Auch das ist der Geist von Olympia. Sie heißen jetzt Reimer, Kahun und Mauer. Aus den Birken, Seidenberg und Wolf. Hager, Ehrhoff, und und und. Ein jeder der 25 Mann.

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Wie Danny aus den Birken, der bei den Iserlohn Roosters – jetzt etwas überspitzt – davongejagt wurde, der auch in Köln nie die Anerkennung erhielt, die er verdient, der in München erst als Playoff-Backup, dann als Nummer eins die Meisterschaft gewonnen hat.

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Wie David Wolf, der es in der NHL bei den Calgary Flames versucht, sich aber nicht durchgesetzt hatte, als zu weich verspottet worden war. Er war der härteste aller Spieler auf dem Eis, härter als jeder Kanadier, der ihn in Calgary noch verspottet hatte.

Wie Dominik Kahun, der die Scheibe lenkt, mit ihr denkt und Kreativität ins Spiel bringt. Der für die NHL als zu klein, zu schmächtig angesehen wurde, der aber in München das Vertrauen von einem Trainer erhält, der sich im Gegensatz zu den meisten anderen, mit dem deutschen Eishockey auseinandersetzt, der Spieler dort einsetzt, wo sie ihre Stärke haben und das deutsche Eishockey und ihre Spieler anerkennt. Und nicht per se in die dritte und vierte Reihe abschiebt.

Das muss in der Liga noch mehr ankommen. Dass deutsche Spieler fähig sind, Eishockey zu spielen. Nicht nur ein paar wenige, sondern auch in einer größeren Anzahl – wenn man sie denn lässt. Und genau das macht auch Marco Sturm, der eine Atmosphäre in und um die Nationalmannschaft geschaffen hat, die jeden einzelnen Spieler in dieser Einheit besser macht.

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Aber vergessen wir nicht die Arbeit des Verbandes, der mit einem neuen Vorstand um Franz Reindl, Daniel Hopp, Berthold Wipfler und Marc Hindelang neue Strukturen und Aufbruchsstimmung geschaffen hat. Nach Jahren lässt er neue, junge Leute ran wie Sportdirektor Stefan Schaidnagel, und gibt damit auch den Weg frei für neue Ideen. Der Vorstand will endlich nicht mehr nur verwalten, er will bewegen.

Es hat sich leider Jahre hingezogen, bis sich endlich etwas bewegt und nun nach vorne geht. Der jetzige Zeitpunkt mit diesem nicht für möglich gehaltenen Triumph könnte der richtige sein, um noch mehr, um richtig viel zu bewegen. Dass es bereits etwas aufwärts geht, zeigen die vergangenen Weltmeisterschaften 

Das Finale und auch Halb- und Viertelfinale haben wieder gezeigt, wofür Olympia steht. Dieses TeamD-Gefühl, dieses zusammen erleben von Sportarten. Dieses Zusammentreffen von Sportlern, von denen Geschichten und Geschichte geschrieben werden. Und die Eishockey-Mannschaft hat es geschafft, dieses Wunder zu schreiben. Olympia, die mediale Flucht aus der deutschen Sport-Monokultur Fußball.

Zu schön wäre es gewesen, wenn wir dieses Wunder in München hätten erleben dürfen. Denn die bayrische Landeshauptstadt hatte sich ja auch auf genau diese Spiele 2018 beworben, war aber gescheitert.

Olympische Spiele zu Hause, nicht Tausende Kilometer weg in Pyeongchang, Almaty oder Peking, sondern vor der eigenen Haustür, die uns Sporthelden vorführen, wären für unsere Gesellschaft nicht das Falscheste gewesen. Ziele, Bewegung, Teamgedanke. Punkte die man sich gerne mal hautnah vor Augen führen darf.

Aber da müssen sich auch die Olympische Bewegung und das IOC hinterfragen, ob sie weiterhin diesen Weg gehen wollen. Ob das IOC mit seinen undurchsichtigen Vergaben und diktatorischen Richtlinien den Ländern, Städten und Kommunen einen vorgegebenen Weg aufzwängen, den Bewerbern keine Freiheit mehr lassen will – und sich nur noch mehr Geld in seinen nimmersatten Rachen stecken will.

Vergessen wir aber nicht, dass es eine Momentaufnahme ist, dass die besten Spieler aus der NHL gefehlt haben. Es war die Möglichkeit für diese Sportart, die Dynamik, Härte, und Mannschaftsgeist wie keine andere in sich vereint, sich in den Vordergrund zu spielen und zu präsentieren. Das hat sie geschafft.

Aber wir dürfen hier nicht aufhören. Die Mission ist nicht beendet. Verband, Liga, Spieler müssen weiterarbeiten, als Vorbild dienen, weitergehen. Wir hatten schon 2010 gedacht, dass jetzt alles besser wird.

Jetzt erst steht unsere Sportart seit Jahrzehnten erstmals auf dem Zeitpunkt 0. Eishockey-Deutschland, Glückwunsch zu Olympiasilber - aber nutze diesmal Deine Chance!

Euer Rick

Rick Goldmann, 41, stand 126 Mal für die deutsche Nationalmannschaft auf dem Eis. Der Verteidiger, der beim NHL-Draft 1996 an 212. Position von den Ottawa Senators gezogen wurde, bestritt ein Spiel in der NHL. Nach einer schweren Sprunggelenksverletzung beendete er 2008 beim EHC München seine Laufbahn. In seiner Karriere bestritt er für den EV Landshut, Adler Mannheim, Kaufbeurer Adler, Moskitos Essen, ERC Ingolstadt und Iserlohn Roosters 500 DEL-Spiele. Für SPORT1 kommentiert Goldmann seit 2008 die Spiele der Nationalmannschaft.