Seine Geschichte wäre selbst für den pathetischsten US-Sportfilm zu unglaubwürdig.
Das Märchen eines Football-Zwergs
An der High School kam der kleine und schmächtige Ersatz-Cornerback Keelan Cole jahrelang nur als Holder für Extrapunkte und Field Goals zum Einsatz, jetzt lehrt er als Receiver der Jacksonville Jaguars NFL-Verteidiger das Fürchten.
Nach einem fantastischen Rookie-Jahr 2017 trauen ihm nicht wenige Experten zu, einer der Shooting Stars der neuen NFL-Saison zu werden.
"Das ehrt mich natürlich, aber bei mir kommt immer das Team zu erst. Wenn wir den Super Bowl holen und ich nur 35 Bälle fange, ist das auch gut. Der Titel ist mein Traum. Will ich Pro-Bowl-Zahlen hinlegen und den Super Bowl gewinnen? Na klar, aber immer einen Schritt nach dem anderen", sagt Cole im exklusiven Gespräch mit SPORT1.
Cole: Vom Niemand zum NFL-Profi
Vor einem Jahr tauchte er als absoluter Nobody in der Vorbereitung der Jaguars auf - kein NFL-Team hatte den Receiver von einem Mini-College in Kentucky eines Draft-Picks für würdig gehalten.
Aber gleich im ersten Preseason-Spiel ließ er es ausgerechnet gegen das Superteam der New England Patriots mit einem 97-Yard-Touchdown richtig krachen.
"Das war ein unglaubliches Gefühl. Die Vorbereitung ist so lang und hart, da kannst du schnell in ein mentales Loch fallen. Ich habe immer Extraschichten gemacht und noch mehr Videos angeschaut. Ich wollte sicherstellen, dass ich vorbereitet bin, mein Potenzial ausschöpfen zu können. Dann sollten die Spiele ganz natürlich laufen", erklärt Cole.
Harte Arbeit für den Erfolg
Dank einer starken Vorbereitung schaffte es Cole in den Kader der aufstrebenden Jags und nutzte in der zweiten Saisonhälfte Verletzungen der Starter für seinen Durchbruch.
In drei Spielen in Folge gelang dem pfeilschnellen Jungstar ein Touchdown, beim Kantersieg gegen Houston schnappte er sich sieben Bälle für herausragende 186 Yards. Am Ende standen 748 Yards für den Rookie zu Buche - vor allem die 17,8 Yards pro Fang stachen heraus.
"Ich will aber mehr als nur ein Spezialist für lange Bälle sein. Ich will ein kompletter Receiver werden. Ich habe dieses Jahr vor allem an meinen Routen und der Fußarbeit gearbeitet - aber auch weiter an der Schnelligkeit", betont der 25-Jährige.
In der Schule zu klein, an der Uni plötzlich Star
Dabei war in der Schule eine NFL-Karriere noch komplett unrealistisch, obwohl der damals gerade einmal gut 1,60 Meter kleine 15-Jährige nie etwas anderes machen wollte.
"Er wusste schon immer, was er mit seinem Leben anfangen wollte. Er hat Football gegessen, getrunken, geatmet", sagt Vater Michael Morgan dem Courier Journal.
An seiner starken High School in Louisville kam er trotzdem nie wirklich zum Zug – für Football-Verhältnisse war er eben ein Zwerg. "Mir fehlte einfach der Körper für Football. Ich war schon athletisch, aber einfach zu klein", erklärt Cole.
An das zweitklassige Mini-College Kentucky Wesleyan verschlug es ihn auch, weil sein Onkel der hiesige Pfarrer war, aber dann wurde alles anders.
Ein Wachstumsschub von 15 Zentimetern machte Cole plötzlich zum Footballspieler. "Als ich dann auf Receiver wechselte und sah, wie gut ich war, habe ich extrem hart gearbeitet, um meine Chance zu nutzen", erinnert sich der 25-Jährige.
In den drei folgenden Jahren dominierte er die Gegner mit 4300 Yards und insgesamt 53 Touchdowns - unter anderem gelangen ihm in einem Spiel 278 Yards und fünf Touchdowns.
Motto: Niemals aufgeben
Die Jaguars schickten als erstes NFL-Team Scouts, der Rest ist Geschichte. "Auch wenn ich nicht gedraftet wurde, wusste ich, dass ich auf dieses Level gehöre. Diese Einstellung brauchst du, um es in der NFL zu schaffen. Aber klar, es war ein harter Weg", sagt Cole nicht ohne Stolz.
In seiner zweiten Saison sind die Voraussetzungen günstig. Die langjährigen Starter Allen Robinson und Allen Hurns sind weg. In der Offseason arbeitete Cole zudem mit Quarterback Blake Bortles ("Er wird ein großes Jahr spielen") am Timing.
In der Vorbereitung verletzte sich nun auch Marqise Lee: die Chance für Cole, sich gegen Donte Moncrief oder Dede Westbrook ein Startplatz zu erkämpfen.
Jaguars peilen Super Bowl an
Nach dem verlorenen AFC-Finale gegen New England im vergangenen Jahr sind die Jaguars mit ihrer überragenden Defense ein heißer Kandidat auf den Super Bowl.
"Wir glauben, wir haben das Zeug. Auf dieses Ziel arbeiten wir tagtäglich hin. Aber du darfst auch nicht zu weit nach vorn schauen, wir legen jetzt die Grundlage, dann gehen wir in jedes Spiel wie in den Super Bowl", erklärt Cole.
Wenn Cole sein enormes Potenzial abruft, könnte Jacksonville mit der Defense und Star-Running-Back Leonard Fournette tatsächlich im Februar die Lombardi Trophy in die Höhe stemmen.