Nach einem Jahr im Schatten steht Patrick Mahomes plötzlich wieder im Rampenlicht.
Der fast vergessene NFL-Megastar
Nach seinem absurd guten Jahr 2018 lag dem Quarterback der Kansas City Chiefs die NFL zu Füßen. Der Prototyp des modernen Spielmachers mit dem unglaublich starken Wurfarm, den magischen No-Look-Pässen aus jeder Situation heraus und einer Debütsaison als Starter, die mit 50 Touchdowns, fast 5.100 Pass-Yards und der Auszeichnung zum MVP sämtliche Dimensionen sprengte. (Spielplan und Ergebnisse der NFL-Playoffs)
Mahomes wieder einen Schritt vor dem Super Bowl
Die großen New England Patriots hatte er nach einem unfassbaren Comeback in die Verlängerung des AFC-Finales gezwungen, nur um hilflos mit anzuschauen, wie Tom Brady über das Feld zum Touchdown und zwei Wochen später zu einem weiteren Super Bowl spazierte.
Ein Jahr später steht Mahomes nach einem von Erfolg gekrönten Mega-Comeback nach 0:24-Rückstand gegen Houston und vor dem Duell mit Überraschungsteam Tennessee Titans erneut einen Schritt vor dem Super Bowl, dabei stand er heuer klar im Schatten des nächsten jungen Über-Quarterbacks. Denn der riesige Hype war zu Lamar Jackson weitergezogen - Mahomes fast schon ein vergessener Superstar.
Kniescheibe ausgerenkt - Chiefs straucheln
Dabei legte der 24-Jährige mit fünf 300-Yard-Spielen in Folge einen ähnlichen spektakulären Start wie 2018 hin - mit sogar noch mehr Effizienz. Die Chiefs begannen mit vier Siegen.
Dann kam jedoch das Thursday Night Game in Denver, als er sich – bereits von Knöchelproblemen geplagt - die Kniescheibe ausrenkte. Zwar hatte er viel Glück und verpasste nur zwei Spiele und hatte in der Folge seine zwei "schlechtesten" Spiele als Starter mit weniger als 243 Pass-Yards – was mehr über seine bisher außergewöhnliche Karriere aussagt. Der mögliche Heimvorteil in den Playoffs war dahin. Die Schlagzeilen gehörten derweil Jackson, dessen Stern mit seinen herausragenden Läufen und unfassbaren Zahlen im Herbst aufging.
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Historische Quarterback-Zahlen
Die extrem verletzungsgeplagten Chiefs wurden dagegen Richtung Playoffs immer fitter, schlugen zum Saisonende erst auswärts die Patriots und dann daheim in einem Schneesturm die Broncos.
Am Ende standen bei Mahomes zwar nur 26 Touchdown-Pässe zu Buche, dafür kam er in 14 Spielen dennoch über 4.000 Yards und wurde mit lediglich fünf Interceptions noch einmal effizienter. Mahomes hat in den vergangenen zwei Saisons so viele 300-Yard-Spiele wie Interceptions (17) auf dem Konto.
Kein Spielmacher der NFL-Geschichte kam schneller auf 70 Touchdowns und hatte in den ersten drei Jahren der Karriere ein besseres Quarterback-Rating (108,9).
"Das vergangene Jahr war kein Zufall, das hat er eindeutig bewiesen. Er ist immer noch der beste Quarterback der NFL", sagt Teamkollege Travis Kelce.
Brady, Brees und Jackson raus
Die Divisional Playoffs untermauerten diesen Fakt eindrucksvoll. Waren in der vergangenen Woche bereits die Legenden Tom Brady und Drew Brees ausgeschieden, erwischte es nun auch Jackson gegen die überraschend starken Titans.
Mahomes zauberte dagegen nach dem großen Rückstand gegen die Texans in unnachahmlicher Weise. Von seiner O-Line perfekt beschützt führte er sieben Touchdown-Angriffsserien in Folge an - oftmals mit improvisierten Würfen, die die Football-Welt ins Staunen versetzen, wie bei einem der drei Touchdowns auf Kelce.
Mahomes: Mega-Arm und fotografisches Gedächtnis
Sein gewaltiger Wurfarm hilft ihm dabei. Unvergessen ist sein Wurf über 83 Yards vor Scouts sämtlicher NFL-Teams beim Probetraining an seinem College Texas Tech vor dem Draft 2017 (Pro Day).
Dazu kommt ein praktisch fotografisches Gedächtnis, von welchem Mitspieler immer wieder schwärmen, und ein unbändiger Ehrgeiz.
So begann er unmittelbar nach dem bitteren Aus 2019 gegen die Patriots mit seinem persönlichen Coach Jeff Christensen in der texanischen Heimat an sich zu arbeiten.
"Ich wusste, du kannst nicht jedes Jahr diese krassen Zahlen und Touchdowns haben. Du musst dich auch mal durchbeißen", sagte Mahomes der Sports Illustrated. Vor allem an seiner Fußarbeit hat der zweimalige Pro Bowler geschraubt: "Wenn meine Füße passen, kann ich extrem präzise werfen, manchmal falle ich aber in meine alten Gewohnheiten zurück." Vielleicht ist Mahomes nun sogar noch besser als in seinem Über-Jahr.
Super Bowl als einziges Ziel
Diese Einstellung macht ihn zu einem perfekten Leader, der im Team sehr stark respektiert wird. Viele Leute sehen diese Seite hinter seinem Superstar-Style nicht.
Fokussiert ist er bei aller Show auf ein einziges Ziel: den seit Jahrzehnten so sehnsüchtigen wartenden Chiefs-Fans ihre erste Teilnahme am Super Bowl seit dem Sieg 1969 zu bescheren. Das schafften die Legenden Joe Montana, Trent Green oder Alex Smith nicht.
Nun könnte es endlich so weit sein, die Patriots sind bereits entthront und zum ersten Mal überhaupt hat Mahomes auch eine adäquate Defense im Rücken. Am College kassierten seine Texas-Tech-Teams über 40 Punkte im Schnitt, die Chiefs hatten 2018 die zweitschlechteste Defense der NFL, aber plötzlich sind sie da. Nach dem heftigen Rückstand kontrollierten sie die Texans und trugen so zum Rekord-Spektakel von Mahomes' Angriff bei. Nach der Saison wird ein weiterer Rekord dazukommen, wenn er der bestbezahlte Spieler der NFL-Geschichte werden wird.
Für Mahomes aber noch kein Grund, zu euphorisch zu werden: "Bis wir im Super Bowl stehen, bedeuten Rekorde und all das nicht viel." Irgendwie würde es passen, wenn er nach einem Jahr im Schatten den ganz großen Wurf landen würde.