Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft steht bei der WM in Lettland überraschend im Halbfinale. Am Samstag kämpft das Team von Bundestrainer Toni Söderholm gegen Finnland um den Einzug ins Endspiel (WM-Halbfinale: Deutschland - Finnland, Samstag ab 16.30 Uhr auf SPORT1 im Free-TV und Livestream).
Zach: Darum ist der WM-Titel drin!
Vorab hat SPORT1 mit dem früheren Bundestrainer Hans Zach über die deutsche Nationalmannschaft gesprochen, die Stärken, die Chancen im Halbfinale und den frechen Penalty von Marcel Noebels. Zudem nimmt die 72 Jahre alte Trainer-Legende zum emotionalen Ausbruch von SPORT1-Kommentator Basti Schwele Stellung.
SPORT1: Kommentator Basti Schwele ist beim entscheidenden Penalty von Marcel Noebels gegen die Schweiz richtig aus dem Sattel gegangen. Gefällt es Ihnen, wenn so emotional bei Ihrem Sport mit gefiebert wird?
Zach: Beide, also Rick Goldmann und Basti Schwele, machen es super. Die verkaufen den Eishockey-Sport sehr gut.
SPORT1: Sie waren auch ein emotionaler Trainer. Kommt Schwele an den Vulkan Zach heran?
Zach: Da kommt er nicht hin. Ich habe auch eine kleine Kritik. Wir haben mit Seider und Müller zwei Spieler mit so einem schönen Vornamen – nämlich Moritz. Und die beiden am Mikro sagen immer Mo. Genau wie der Korbinian Holzer bei uns zu Hause in Bad Tölz Kurbi und nicht Korbi ausgesprochen wird. Aber Spaß bei Seite. Ich muss die beiden Kommentatoren ja auch auf die Schippe nehmen (lacht). Ich habe ja einige Spiele mit Basti Schwele als Co-Kommentator begleitet. Es war immer ein super Verhältnis und eine gute Zusammenarbeit.
Penalty von Noebels "aller Ehren wert"
SPORT1: Marcel Noebels hat Deutschland mit seinem Penalty in das Halbfinale gebracht. Was sagen Sie zu seinem rotzfrechen Schuss?
Zach: Er hat es gut gemacht. Man hat es mehrfach schon so gesehen, aber dann von Weltklassespielern wie Forsberg. Das ist aller Ehren wert dieses Können. Ich weiß, dass es nicht so einfach ist. Ich mag eigentlich kurzen Prozess und geradeaus lieber beim Penalty. Aber wenn man zum Schuss antritt, dann muss man schon wissen, ob man die Nerven hat und ruhig bleibt. Da muss man am Ende so antreten, wie man es selbst meint.
SPORT1: Es war ein Krimi gegen die Schweiz. Hand aufs Herz: Haben Sie nach dem 0:2 noch an die Wende geglaubt?
Zach: Ich war ja auch ein emotionaler Trainer und da habe ich schon gedacht, wenn ein Tor fällt, dann geht etwas. Das Tor von Kühnhackl hat es hingebogen. Nach dem zweiten Tor hat man die Schweizer Mentalität gesehen. Da haben sie die Köpfe hängen gelassen. Da hat man schon gedacht, das tun ihnen weh jetzt. Ich habe schon noch dran geglaubt – vor allem die Daumen gedrückt und gehofft.
SPORT1: Wie verfolgen Sie die deutschen Spiele?
Zach: Ich bin emotional dabei. Ich hoffe immer, dass es für Deutschland gut läuft. Ich habe ja noch Beziehungen zum Team. Ich habe Matthias Plachta als Trainer gehabt, ich habe Moritz Müller in Köln in die erste Mannschaft gebracht und den Vater von Mathias Niederberger in Düsseldorf trainiert. Mich freut es aber für alle anderen Spieler genau so.
Deutschland überzeugt ohne Superstars
SPORT1: Deutschland steht nun im Halbfinale. Was zeichnet die Mannschaft aus?
Zach: Das Teamwork und die Fitness sind sehr stark. Deutschland hat Zweikampfstärke. Also vereint das Team alle wichtigen Sachen, die es zum erfolgreichen Eishockey braucht. Du brauchst keine Superstars. Pep Guardiola hat auch schonmal gesagt, ihm ist ein wichtiger Spieler wichtiger als ein Weltklassespieler. Die Leute, die sich hinten reinwerfen und die Schüsse blocken, sind genau so wichtig wie die Techniker. Ich möchte auch herausheben, dass das Auftreten außerhalb der Eisfläche vorbildlich ist - also auch am Mikrofon, beim gemeinsamen Singen der Hymne. Das ist alles sehr gutes Auftreten für eine deutsche Sportmannschaft.
SPORT1: Deutschland hat einen wahnsinnigen Rückhalt mit Mathias Niederberger. SPORT1-Experte Rick Goldmann hat ihn als "Krake von Riga" geadelt. Ist dieser Spitzname berechtigt?
Zach: Ich bin kein Freund von solchen Bezeichnungen. Das ist ja nett und lustig. Aber ich freue mich, dass er so gut hält. Bei allem anderen bin ich Pragmatiker.
SPORT1: In der DEB-Auswahl spielt kaum einer in der NHL. Trauen Sie einigen Akteuren den Sprung nach Übersee zu?
Zach: Ich habe zu wenig Ahnung von da drüben. Aber sicher können da noch welche zukommen. Man sieht es ja. Die Jungs schlagen Mannschaften mit viel mehr Spielern aus der NHL. Das zeigt doch schon viel.
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SPORT1: Es gab Silber bei Olympia 2018. Nun steht die Nationalmannschaft im Halbfinale der WM. Ist Deutschland auf einmal eine Eishockey-Hochburg?
Zach: Das geht nicht von heute auf morgen. Sie haben sich aber auf alle Fälle in der erweiterten Spitze der Top 8 festgesetzt. Das ist viel wert.
Zach: Nur Kanada kann nicht Weltmeister werden
SPORT1: Jetzt geht es gegen Finnland. Ist da die nächste Sensation drin?
Zach: Finnland ist schon eine sehr gute Mannschaft. Die haben alle drei verbliebenen Gegner bereits geschlagen beim Turnier. Sie haben die USA geschlagen und Kanada besiegt. Gegen uns war es ein sehr enges Spiel. Man muss Geduld und Zweikampfstärke haben und dran glauben. Es muss ganz hartnäckig am Spielplan festgehalten werden. Dann ist gegen jeden etwas möglich. Aber die Finnen sind in diesen Dingen auch extrem gut. Bei denen sticht auch keiner heraus übrigens.
SPORT1: Vor der WM waren Russland und die Schweiz Ihre Favoriten. Die sind beide raus. Wer holt nun also Gold?
Zach: Das kann ich nicht sagen, weil ich ja offenbar keine Ahnung habe (lacht). Ich sage, dass jeder abgesehen von den Kanadiern den großen Wurf landen kann.
SPORT1: Also glauben Sie an einen deutschen WM-Titel?
Zach: Außer den Kanadiern kann es jeder schaffen. Damit ist alles gesagt.