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Hamburger SV: Manfred Ertel und Jürgen Hunke sprechen über drohendes Horrorszenario

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Hamburger SV: Manfred Ertel und Jürgen Hunke sprechen über drohendes Horrorszenario

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Ehemalige HSV-Bosse über die Krise

Der Hamburger SV belegt nach 31 Spielen nur Platz vier. Der Nichtaufstieg wäre eine Katastrophe für den Klub. Bei SPORT1 sprechen zwei ehemalige Aufsichtsratsbosse.
Hannes Wolf hat sich die Situation mit Holtby nicht so gewünscht. Am Ende müsse er aber konsequent bleiben und an der Suspendierung des Mittelfeldspielers festhalten.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Drei Spiele hat der Hamburger SV noch Zeit, um den Worst Case Nichtaufstieg in die Bundesliga abzuwenden.  

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Nach dem 0:2 bei Union Berlin am vergangenen Sonntag waren die Hanseaten aus den Top drei der Tabelle rausgefallen, belegen nun Platz vier. Trainer Hannes Wolf darf erstmal bleiben. Dafür wurde Mittelfeldspieler Lewis Holtby suspendiert, wird für den HSV kein Spiel mehr bestreiten.

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Keine Frage, die Nerven liegen blank. Vor dem Heimspiel gegen den FC Ingolstadt beziehen die Rothosen nun ein Kurz-Trainingslager.

Im SPORT1-Interview sprechen die ehemaligen Aufsichtsratsbosse Manfred Ertel (Anfang 2013 bis März 2014) und Ex-Präsident Jürgen Hunke, ebenfalls lange im Aufsichtsrat, Klartext.

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SPORT1: Herr Ertel, was sagen Sie dazu, dass der HSV nach 31 Spielen nur auf Platz vier steht?

Manfred Ertel: Ich bin wahnsinnig enttäuscht. Ich wusste so wie die meisten von uns, dass die 2. Liga und der Wiederaufstieg kein Spaziergang sein würden. Aber die Mannschaft hatte es jetzt mehrfach selbst in der Hand, sich entscheidend abzusetzen, und hat die Chancen ziemlich kläglich verspielt. Ohne Mumm, ohne Leidenschaft, ohne echte Siegermentalität. Das ist es, was mich fast noch mehr nervt als die verlorenen Punkte. Dass man der Mannschaft viel zu selten anmerkt, dass sie ein Spiel unbedingt gewinnen und den Wiederaufstieg um jeden Preis schaffen will. Dass sie nicht zwei Spiele hintereinander die gleiche Mentalität auf den Platz bringt wie zum Beispiel gegen Leipzig oder in Köln. In der 2. Liga muss man kämpfen, kratzen und beißen. Mit Schönspielerei allein und gechipten Bällen ist da wenig zu erben.

SPORT1: Trainer Hannes Wolf darf bleiben. Die richtige Entscheidung?

Ertel: Ich halte eigentlich nicht viel davon, immer gleich alle Schuld beim Trainer zu suchen. Hannes Wolf ist sicher ein sehr Guter. Aber das waren andere auch. Und Wolf wie auch der Verein müssen sich und die Arbeit der vergangenen Wochen mal selbstkritisch hinterfragen. Als Christian Titz (vom 13. März 2018 bis 23. Oktober 2018 HSV-Coach, Anm. d. Red.) entlassen wurde, standen wir auf Platz fünf, zwei Punkte hinter dem Ersten. Heute ist es Platz vier und sechs Punkte hinter der Spitze. Damals erklärte Sportchef Ralf Becker den Rauswurf von Titz damit, dass "wir leider nicht die angesteuerte Entwicklung genommen haben" und "unsere Saisonziele gefährdet" haben.

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SPORT1: Die Mannschaft wirkt verunsichert.

Ertel: Wolf hat die Mannschaft leider nicht besser gemacht. Und wenn ein Trainer wie vor kurzem selbst öffentlich einräumt, dass seine Mannschaft sich nach einem 1:0 unerklärlicherweise und ohne Traineranweisung immer zurückzieht, muss er sich die Frage stellen oder gefallen lassen, ob er die Mannschaft noch ausreichend erreicht. Wenn seine taktischen Finessen darin bestehen, zum Beispiel Bakery Jatta ins Sturmzentrum zu rücken und damit den zuletzt stärksten Angreifer praktisch aus dem Spiel zu nehmen, wenn er die Startelf immer um Kapitän Aaron Hunt herum aufstellt und damit andere Spielertypen braucht, die Hunt die Lauf- und Drecksarbeit abnehmen, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Mannschaft so wenig torgefährlich ist. Aber die Fans verstehen wahrscheinlich zu wenig von Fußball ...

SPORT1: Wäre ein weiteres Jahr in der 2. Liga finanziell für den HSV ein Horrorszenario?

Ertel: Das können nur die Herren Hoffmann und Wettstein ehrlich beantworten.

Jürgen Hunke: Ich kann nicht beurteilen, ob es ein Horrorszenario ist, auf jeden Fall ist es für die Fußballstadt Hamburg und die Fans ein Fiasko, denn es läuft die Zeit davon. Leider gibt es in dem Verein keine Transparenz, und das ist eine der Ursachen für das schlechte Image des HSV.

Ertel: Schlimm wäre es zunächst mal für die Fans, die bislang noch überraschend treu und loyal zu ihrem Verein stehen. Die wirtschaftliche Situation würde sicherlich nicht einfacher und hinter der sportlichen Lage stünde ein großes Fragezeichen. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob Leistungsträger wie van Rick van Drongelen, Julian Pollersbeck oder Jatta dann noch zu halten wären. Andere wie Orel Mangala oder Douglas Santos werden wir sowieso nicht wiedersehen.

SPORT1: Wer sind die Hauptschuldigen für die aktuelle Misere?

Hunke: Meine Auffassung ist seit Jahren bekannt. Die Ziele von Herrn Hoffmann stimmen nicht mit den Zielen eines funktionierenden Vereins überein. Verantwortlich sind die, die das zulassen.

Ertel: Es macht keinen Sinn, von außen jetzt ein Namensroulette in Gang zu setzen. Sportchef, Trainer und der eine oder andere wie HSV-Präsident Marcell Jansen haben Fußballsachverstand genug, um die Lage zu analysieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die müssen gegebenenfalls schonungslos sein.

SPORT1: Im Team spielen teure Akteure wie Pierre-Michel Lasogga und Hunt, die bei einem weiteren Jahr 2. Liga schwer bleiben werden. Spekulieren diese Profis mit einem Abstieg, damit sie wechseln können?

Ertel: Das können nur die Spieler selbst beantworten. Wenn ich mir aber zum Teil deren Leistungen auf dem Platz anschaue, machen sie nicht gerade Werbung für sich.

SPORT1: Ein weiterer teurer Akteur, Lewis Holtby, wurde jetzt suspendiert, er wird kein Spiel mehr für den HSV machen. Vergangene Saison war er noch ein wichtiger Spieler für den Klub. Was sagen Sie zu diesem Thema?

Ertel: Fehler darf jeder mal machen. Aber man darf sich als Spieler niemals gegen die Mannschaft stellen und sie im Stich lassen. Und gegen den Verein schon gar nicht. Ich kann Holtbys Enttäuschung verstehen. Was ich nicht verstehen kann, ist seine fehlende Einsicht, dass auch der Trainer und viele der Fans von ihm und seinen Leistungen in den vergangenen Wochen enttäuscht sind.

Hunke: Das passt leider ins Gesamtbild. Es beweist und zeigt, dass Geld und Show wichtiger sind als Engagement und Tradition.

SPORT1: Ralf Becker sagte nach dem Spiel in Berlin, es fehle an Struktur im Team, es fehle an Leistungsträgern. Holtby ist nun weg, wer sollte noch gehen?

Ertel: Wenn ich das nachhaltig beantworten könnte, wäre ich gut bezahlter Sportchef. Für mich hat sich die gedachte Achse Gotoku Sakai, Holtby, Hunt nicht bewährt. Das beweisen auch der Tabellenstand und die veränderten Startelfaufstellungen der letzten Wochen. Und für mein Gefühl vertrauen wir den jungen Spielern zu wenig. Wenn Hunt, Sakai oder Holtby auch mal mehrere durchwachsene oder schlechte Spiele am Stück machen dürfen, ohne wie in der Vergangenheit gleich ihren Stammplatz zu gefährden, warum duften das dann Jann-Fiete Arp, Matti Steinmann oder Tatsuya Ito nicht? Und warum werden sie wie zum Beispiel Arp dann zehn Minuten vor Schluss als Joker auf einer Position gebracht, zum Beispiel auf der linken Seite, die gar nicht die ihre ist. So sollte man meines Erachtens mit öffentlich hochgelobten Talenten weder sportlich noch pädagogisch und psychologisch umgehen.

SPORT1: Der HSV enttäuscht schon die ganze Rückrunde, Trainer Wolf wirkte nach dem Union-Spiel ratlos. Was muss besser werden?

Ertel: Wir brauchen jetzt Spieler und Verantwortliche, für die es eine Ehre und eine leidenschaftliche Verpflichtung ist, den HSV wieder dahin zu bringen, wo er als einer der größten deutschen Klubs hingehört: In die erste Liga. Der HSV hat kaum noch eine Chance, aber die muss er nutzen. Drei Spiele, drei Siege, es gibt keine andere Marschroute.