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Hamburger SV: Marcell Jansen im ersten Interview als Aufsichtsratsboss

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Hamburger SV: Marcell Jansen im ersten Interview als Aufsichtsratsboss

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Jansen: "Dann brennt mein HSV-Herz"

In seinem ersten Interview als Aufsichtsratsboss spricht Marcell Jansen bei SPORT1 über sein neues Amt beim Hamburger SV und ein Lob von Uwe Seeler.
Marcell Jansen stellt sich bei einer virtuellen PK als neuer Aufsichtsratschef vor - und schließt weitere Anteilsverkäufe an Investor Kühne nicht aus.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Und plötzlich ist Marcell Jansen Aufsichtsratsboss beim Hamburger SV.

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Der 34-Jährige war schon immer für überraschende Neuigkeiten gut. Mit 29 beendete er einst seine Profi-Laufbahn als Fußballer. Damals attackierte Rudi Völler Jansen scharf, indem er sagte: "Wer so was macht, hat den Fußball nie geliebt." Jansen reagierte allerdings cool.

Ähnlich souverän startete er im Sommer 2018 seine zweite Karriere als Funktionär beim HSV, war erst Präsident des e.V. und seit vergangenen Jahr Aufsichtsratsmitglied. Am vergangenen Sonntag wurde er zum Chef des Kontrollgremiums bestimmt.

Im ersten Interview als Klub-Boss spricht Jansen bei SPORT1 über sein neues Amt, Lob von Uwe Seeler und eine mögliche Rückkehr der Rothosen auf den Rasen.

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SPORT1: Herr Jansen, Uwe Seeler hat sich im SPORT1-Interview als Ihr Fan geoutet. Was sagen Sie dazu?

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Marcell Jansen: Es freut mich natürlich sehr, wenn einer wie Uwe Seeler so etwas über mich sagt. "Uns Uwe" ist für alle HSVer ein Vorbild, aber auch für diejenigen, die den Fußball lieben. Er ist Hanseat und lebt all die Werte, die man sich wünscht. Er ist auch mein persönliches Vorbild, ist eine so große Persönlichkeit. Sein Lob macht mich stolz. Herr Seeler hat eine hohe Sozialkompetenz und ist sehr nahbar für die Hamburger. Auch über die Grenzen der Stadt hinaus. Ich sehe ihn oft bei HSV-Veranstaltungen und darf auch sozusagen in seinem Garten Fußball spielen.

SPORT1: Sie spielen im Garten von Herrn Seeler Fußball?

Jansen: Das Haus von Herrn Seeler ist in Norderstedt, da, wo wir mit dem e.V. zu Hause sind. Ich spiele ja selbst noch zum Ausgleich beim HSV III und wir spielen quasi in seinem Garten, wir stören ihn womöglich auch mal am Freitagabend, wenn wir mit der Oberliga-Truppe unter Flutlicht spielen. 

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SPORT1: Sie sind erst 34 Jahre alt. Seit zwei Jahren haben Sie die Laufbahn als Funktionär beim HSV eingeschlagen, waren erst Präsident des e.V. und sind jetzt außerdem Aufsichtsratsvorsitzender des Klubs. Kritiker sagen, dass Sie als Funktionär noch nicht so viel bewegt haben. Was sagen Sie dazu?

Jansen: Mit Kritikern muss man im Fußball leben. Ich hatte diese Ämter nicht schon immer auf meiner Agenda, sondern bin jeweils gefragt worden, ob ich das machen will. Das ist ein Unterschied. Erst ist man damals an mich herangetreten und hat mich gefragt, ob ich Präsident werden will, und auch jetzt kamen die Kollegen aus dem Aufsichtsrat auf mich zu und fragten mich, ob ich den Vorsitz übernehmen würde. Meine Antwort war: 'Wenn ihr alle dahinter steht, nehme ich es gerne an, weil ich euch vertraue und auch eure Unterstützung brauche.'

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SPORT1:  Sie haben nicht nur zu Ihren Kollegen im Aufsichtsrat ein gutes Verhältnis, sondern offenbar auch zu Klaus-Michael Kühne. Sie sagten auf der Pressekonferenz am Montag, dass Sie regelmäßig Kontakt zu ihm hatten und haben. 

Jansen:  Ich habe schon seit einigen Jahren guten Kontakt zu Herrn Kühne, vor allem seit meiner Zeit als Präsident des Vereins. Ich schätze ihn sehr und ich denke, das beruht auf Gegenseitigkeit. Herr Kühne wird oft zu Unrecht kritisiert. Er trägt die Raute im Herzen. 

SPORT1: Auf Schalke ist Clemens Tönnies Aufsichtsratsvorsitzender. Sie sind jetzt der Jüngste in dem Amt. Das ist schon ein Pfund. Keine Angst vor dem, was da auf Sie zukommt?

Jansen: Ich habe keine Angst, sondern bin mutig genug, das anzugehen. Team-Sport bedeutet auch Mut. Einer alleine kann nichts bewirken. Und das Alter ist auch nicht das Entscheidende, sondern die Taten, die Leistungsbereitschaft, das Miteinander. Ich freue mich über das Vertrauen meiner Kollegen und gehe das jetzt mit Feuereifer an. Die Zeit der Streitereien muss jetzt vorbei sein. 

SPORT1: Warum ist der HSV für Sie so etwas Besonderes?

Jansen:. Ich habe die längste Zeit meiner Profi-Karriere beim HSV gespielt und bin seit über zwölf Jahren in Hamburg. Wenn ich helfen kann oder meine Hilfe und mein Rat erwünscht sind, dann brennt mein HSV-Herz. 

SPORT1: Es war nicht immer leicht, oder?

Jansen: Natürlich war es eine schwierige Situation. Ich kam nach dem Abstieg und da wussten wir schon, dass wir herausfordernde Aufgaben vor der Brust hatten. Aber, wenn alle mit anpacken und man teamfähig ist, dann kann man mit diesen wundervollen Fans und tollen Mitgliedern vieles erreichen, und auch wieder eine Stabilität hinbekommen.  

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SPORT1: Wie blicken Sie zurück auf Ihre bisherige Zeit als Funktionär?

Jansen: Ein Jahr bin ich nun Präsident und ein weiteres Jahr Mitglied des Aufsichtsrates. Nach diesen beiden Jahren kann ich mit Überzeugung sagen, dass der Verein solide aufgestellt ist. Trotz des Abstiegs und des verpassten Aufstiegs in der darauffolgenden Saison glaube ich, dass bisher gute Arbeit geleistet wurde. Vor allem, wenn ich überlege, aus welcher Vergangenheit wir kommen. Ich nennen Ihnen ein Beispiel: Es ist kein Zufall, dass der HSV nicht zu den erstgenannten Vereinen zählt, wenn es darum geht, welche Profiklubs die Coronakrise womöglich nicht überstehen könnten. 

SPORT1: Seit dem Abstieg war es kurioserweise ruhig bei den Rothosen. Früher gab es regelmäßig Chaos beim HSV. Wie wollen Sie dauerhaft Ruhe reinkriegen?

Jansen: Von dem Begriff "Chaos" halte ich nicht viel, das ist eher eine Medien-Vokabel. Wichtig ist: Alle Eitelkeiten müssen im Sinne der Raute zurückgestellt werden. Wir wollen gemeinsam nach vorne marschieren. Mit klaren Ideen, einem ganz klaren Leitfaden. 

SPORT1: Sind Sie eigentlich froh darüber, jetzt auch etwas mehr Macht zu haben als Aufsichtsratschef?

Jansen: Es geht doch gar nicht um Macht. Es geht immer um ein Miteinander und um Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Wir sind jetzt in allen Bereichen gut aufgestellt, und Mannschaftssport kann nur dann erfolgreich sein, wenn man diesen auch lebt. 

SPORT1: Sind Sie stolz, der jüngste Aufsichtsratschef im Profifußball zu sein?

Jansen: Ich bin dankbar, nicht stolz. Ich mache mir nichts aus Titeln und aus Altersangaben. Es kann im Leben nur funktionieren, wenn es gemeinsam klappt. Es hängt nie von einer Person ab. 

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SPORT1: Haben Sie mit Bernd Hoffmann noch mal gesprochen?

Jansen: Nein, bislang nicht. Meine Rolle ist übrigens nicht groß anders als zuletzt. Ich bin weiter Präsident des e.V. und weiter im Aufsichtsrat, bin jetzt nur der Vorsitzende, also einen Tick enger an den Vorständen dran. Vorher war das mein Vorgänger Max-Arnold Köttgen, mit dem ich ein sehr gutes Verhältnis habe. Das ist keine ganz große neue Rolle für mich. 

SPORT1: Warum werden Sie von den Mitgliedern und den Menschen beim HSV so geliebt? Sie überraschten damals auch mit Ihrem frühen Karriere-Ende mit 29. Ist Ihre Gradlinigkeit Ihr großes Plus?

Jansen: Ob und wie viele mich mögen oder wie man mich sieht, das überlasse ich den Mitgliedern oder den Fans. Für mich ist wichtig, dass ich auf mein Herz höre. Das war damals so bei der Entscheidung als Profi aufzuhören, und das ist auch jetzt beim HSV so - sowohl als Amateurfußballer als auch als Funktionär.

SPORT1: Und was ist Ihr Lebensmotto?

Jansen: Das Herz muss immer dabei sein. Ich will nicht bewusst gegen den Strom schwimmen, damit man mich wahrnimmt. Der HSV ist und bleibt mein Verein. Wenn die Leidenschaft und das Herz nicht dabei sind, macht es für mich keinen Sinn, etwas zu machen. Das habe ich beim HSV in meinem neuen Leben nach dem Profisport gefunden.

SPORT1: Ist es durch die Coronakrise für Sie doppelt schwer?

Jansen: Ich sehe mich nicht alleine vor diesen riesigen Herausforderungen. Es wird jetzt natürlich noch intensiver, aber ich habe da vollstes Vertrauen in alle Personen und unseren Vorstand, dass wir uns gut aufstellen. Hoffentlich kann es bald mit dem Team-Training wieder losgehen. Der größte Wunsch in Fußball-Deutschland ist doch Normalität. Ich sehe dem, was jetzt kommt, positiv entgegen. 

SPORT1: Aber wie bedrückend ist die Coronakrise für Sie?

Jansen: Das ist eine Sondersituation, die man noch nicht richtig bewerten kann. Ich weiß natürlich, was Corona für unsere Gesellschaft bedeutet. Ich weiß aber nicht, was das Virus final mit uns machen wird. Je schneller es wieder losgeht für uns alle, desto besser. Da meine ich nicht nur die Fußballer, sondern alle Menschen, die an ihrem Job hängen. Wir wünschen uns alle wieder den Alltag herbei. 

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SPORT1: Was wünschen Sie sich für den Klub?

Jansen: Dass wir unsere sportlichen und wirtschaftlichen Ziele mittel- bis langfristig erreichen. Aber daran hat sich jetzt auch nichts geändert, nur weil es diese personelle Umbesetzung gab. Das Bestreben und der Ehrgeiz sind geblieben. Durch mich wird nicht alles umgeworfen. 

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SPORT1: Warum hört der Knatsch in der Chefetage durch Sie auf?

Jansen: Ich kann nur meinen Teil dazu beitragen. Es geht um das Wir. Die vergangenen Wochen waren nicht einfach. Jeder, der jetzt Verantwortung für den HSV hat, muss Team-Spirit im Sinne der Sache leben. Wir wollen unseren Fans und Mitgliedern etwas zurückgeben. Denn seit ich beim HSV bin, stehen diese Menschen wie eine Wand hinter dem Klub. Darauf können wir alle stolz und dankbar sein. Mit sehr viel Demut. 

SPORT1: Das mit der Demut war beim HSV immer so eine Sache, davon haben schon viele vor Ihnen gesprochen. 

Jansen: Man muss den Blick wirklich dafür schärfen, sich dem Ganzen unterzuordnen. Ich glaube, dass wir davon schon viel vorgelebt haben und dass zuletzt auch wahrnehmbar war, dass der HSV versucht Dinge anzupacken und nach vorne zu blicken. Ich bin sehr zuversichtlich. Mein Vertrauen in alle handelnden Personen ist groß. 

Wir wollen gemeinsam durch die Coronakrise kommen und wollen uns gemeinsam gut aufstellen, dass es länger keine HSV-Krise mehr geben wird. Ich liebe den Amateursport, die Vereinsarbeit und den Bundesliga-Fußball. Ich will im Kollektiv dafür kämpfen, dass der gesamte HSV wieder stabil und sicher wird.

SPORT1: Wann glauben Sie, dass es für den HSV wieder auf dem Rasen um Punkte geht?

Jansen: Als Amateurspieler, der mit seiner Truppe den Rasen schon vermisst, am besten gestern. Aber man muss an die Gesundheit denken. Viele gesellschaftliche Themen sind jetzt wichtiger. Mein großer Wunsch ist, dass es im Mai wieder losgeht - natürlich mit dem Verständnis, dass es dann erst einmal ohne Zuschauer sein wird. Es wäre ein tolles Zeichen an die Welt da draußen, wenn der Sport wieder losginge.