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Thomas Berthold ruft erneut zu Querdenker-Demonstration auf

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Thomas Berthold ruft erneut zu Querdenker-Demonstration auf

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Bertholds bedenklicher Werdegang

Der Weltmeister von 1990 ruft einmal mehr zu einer Demonstration der Querdenker auf und disqualifiziert sich mit einem historischen Vergleich. Es ist nicht Bertholds erste Verfehlung.
Thomas Berthold spricht häufiger auf Querdenker-Kundgebungen
Thomas Berthold spricht häufiger auf Querdenker-Kundgebungen
© Imago
hluhmann
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18 Sekunden dauert Thomas Bertholds neues Video. Mit blauem T-Shirt und Föhnwelle im inzwischen graumelierten Haar verkündet der Weltmeister von 1990 via youtube: "Das ist mein Aufruf an die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Kommt alle am 3. April nach Stuttgart. Nur gemeinsam können wir gegen diesen parlamentarischen Faschismus vorgehen. Wir wollen alle in Freiheit und selbstbestimmt leben. Euer Thomas Berthold."

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Am 3. April, dem Ostersamstag, wollen sich die Querdenker in Stuttgart treffen, um einmal mehr gegen Maßnahmen in der Corona-Pandemie zu demonstrieren. Berthold hat sich der Bewegung mit Inbrunst verschrieben. Es ist eine bedenkliche Entwicklung, die der 56-Jährige genommen hat. 

"Bestbezahlter Golfspieler nach Langer"

Rückblick: Schon als Fußballer eckte Berthold an. Als der Verteidiger nach dem WM-Triumph von AS Rom nach Deutschland zurückkehrte und zum FC Bayern wechselte, geriet er dort mit Trainer Erich Ribbeck aneinander. Berthold saß einen großen Teil seiner Vertragslaufzeit auf der Tribüne ab und soll mehr Golf als Fußball gespielt haben. Bayerns damaliger Schatzmeister Kurt Hegerich verpasste ihm daraufhin das Etikett "bestbezahlter Golfspieler nach Bernhard Langer".

Nach seinem Wechsel von den Bayern zum VfB Stuttgart schaffte er es zur WM 1994 noch einmal in die Nationalmannschaft. Nach der WM kritisierte er Bundestrainer Berti Vogts in einem Interview mit dem Spiegel unter anderem als "zu verbissen" und besiegelte damit sein Karriereende als Nationalspieler.

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Berthold: Lauterbach "unter Drogen"

Bertholds Äußerungen und seine Rolle in der Corona-Pandemie sind jedoch von einem anderen Kaliber. Nur "unbequem" ist Berthold längst nicht mehr – stattdessen positioniert sich der selbsternannte "Freidenker" immer häufiger und extremer als Verschwörungstheoretiker mit einer bedenklichen Nähe zu Populisten mit rechter Gesinnung.

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Im vergangenen Jahr etwa fällt Berthold dadurch auf, dass er sich von Alex Quint interviewen lässt. Der Dresdner Vermögensberater wirkte vor Jahren bei einem Pegida-Ableger in Dresden mit. In Bertholds Ausführungen ist die Rede davon, dass die Regierung "weg" müsse, dass SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach "unter Drogen" stehe oder "ein psychologisches Problem" habe. Mit solchen Aussagen überschritt Berthold die Grenzen, wahlweise die des guten Geschmacks und der Ehrabschneidung.

In der Toskana fand ein großes Weltmeistertreffen statt
Die Weltmeister von 1990 bei einem Treffen in der Toskana
Andreas Brehme (v.l.), Pierre Litbarski und Lothar Matthäus.
Franz Beckenbauer.
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So sehen die Weltmeister von 1990 heute aus

Ebenso bereitwillig gibt Berthold dem rechten Blogger Oliver Janich, der antisemitische, fremdenfeindliche und verschwörungstheoretische Ansichten verbreitet, ein Interview, kurz nachdem Berthold selbst im August 2020 bei einer Veranstaltung der Querdenker auf der Bühne in Stuttgart gesprochen hat.

Berthold äußert auch Ansichten, die ihn in die Nähe der sogenannten Reichsbürger rücken. Der Deutschlandfunk zitiert Berthold wie folgt: "Japan und Deutschland sind keine souveränen Staaten. Wir leiden noch unter den Kriegsfolgen, das ist so."

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"Lieblingsfachbuch" auf dem Index

Dem Spektrum der Verschwörungstheoretiker schien Berthold schon vor über 20 Jahren zugeneigt zu sein. In einer Anzeige für einen Buchhändler im Jahr 1999 hatte er das Buch "Geheimgesellschaften und ihre Macht im 20. Jahrhundert" des Antisemiten "Jan van Helsing" als "Lieblingsfachbuch" angegeben. Der Titel stand wegen Volksverhetzung auf dem Index.

Mit seiner aktuellen Aussage bedient sich Berthold nun der Klaviatur jener, die Maßnahmen gegen Corona mit dem totalitären System des Faschismus gleichsetzen. Dass dieser Vergleich in der Corona-Pandemie inzwischen inflationär genutzt wird, macht seine Aussage nicht weniger schlimm. Denn ein solcher Vergleich schließt mit ein, die historischen Gräueltaten zu relativieren und zu verharmlosen.

Als Fußballer hätte Thomas Berthold längst die Rote Karte gezeigt bekommen.

Thomas Berthold war bis 2020 für SPORT1 als Kolumnist und Experte im Doppelpass tätig. SPORT1 distanziert sich entschieden von Bertholds Aussagen.