Es waren gerade einmal sechs Sekunden gespielt, da waren alle Diskussionen über die mangelnde Durchschlagskraft des Hamburger SV vorerst beendet.
Hamburg entdeckt neue Tugenden
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Kaum hatte Schiedsrichter Peter Gagelmann die Partie beim SC Paderborn angepfiffen, da lag Marcell Jansen nach einem Foul von Patrick Ziegler bereits im Strafraum der Gastgeber.
Kapitän Rafael van der Vaart verwandelte den frühen Strafstoß und leitete damit den 3:0-Sieg beim direkten Konkurrenten ein - für HSV-Verhältnisse nach zuvor neun Treffern in 18 Partien ein wahres Torfestival. (DATENCENTER: Ergebnisse und Tabelle)
HSV will keinen Schönheitspreis
Dass die Hanseaten beim zweiten Auswärtssieg der Saison keine Glanzleistung ablieferten, wurde von den Profis sogar positiv bewertet. "Wir müssen ab und zu auch mal nicht schön spielen, aber so, dass das Ergebnis stimmt", sagte van der Vaart mit dem Lächeln eines Siegers.
Und Routinier Heiko Westermann blockte jedwede Kritik an der teilweise etwas schleppenden Spielweise direkt ab: "Jeder, der behauptet, wir hätten nicht schnell gespielt, der interessiert mich nicht. Wir haben 3:0 gewonnen."
"Glück auf unserer Seite"
Ansonsten war die am häufigsten strapazierte Vokabel die vom "Glück". "Wir hatten das Glück auf unserer Seite", sagten van der Vaart und Jansen unisono, ihr Trainer Joe Zinnbauer sah ein Team, das es sich "erarbeitet" hatte.
Beide hatten Recht. Der HSV hätte sich nicht beschweren dürfen, wenn Gagelmann auch bei einem Zweikampf zwischen Linksverteidiger Ronny Marcos und Elias Kachunga Elfmeter gepfiffen hätte, bei der Ecke vor dem 2:0 durch Jansen (72. ) lag der Unparteiische definitiv falsch.
Dennoch verdienten sich die Gäste den Sieg durch das Zeigen der Kardinaltugenden eines Abstiegskandidaten: Einsatz und geringe Fehlerquote in der Defensive.
Lob von Zinnbauer
"Wir haben kompakt gestanden", lobte Zinnbauer sein Team. Dazu kam endlich wieder Sicherheit im Torabschluss, drei Tore gelangen den Hamburgern zuletzt vor fast einem Jahr beim 3:0 gegen Borussia Dortmund.
Paderborn kommt nach dem achten Spiel in Folge ohne Sieg dagegen so langsam da an, wo die Experten den Sensations-Aufsteiger bereits zu Beginn der Saison erwartet hatten: im tiefsten Abstiegskampf.
Zu einem verschlafenen Beginn und Pech bei den Schiedsrichterentscheidungen kamen gegen den HSV auch mangelnde Durchschlagskraft und das Fehlen des sonst in Heimspielen bei Rückstand so oft gezeigten unbedingten Willens.
Born hadert
"Wir müssen effektiver werden, aber wenn man so einen klaren Elfmeter verweigert bekommt, ist es schwer für die Mannschaft, immer wieder zurückzukommen", sagte Manager Michael Born.
Er musste damit leben, dass über zehn Jahre nach der von Robert Hoyzer verschobenen Pokalpartie zwischen den beiden Teams wieder der Schiedsrichter im Mittelpunkt stand. Die HSV-Fans quittierten das mit einem süffisanten "Ohne Hoyzer habt ihr keine Chance".
Trainer Andre Breitenreiter ärgerte dagegen vor allem die einmal mehr verschlafene Anfangsphase: "Wir nehmen uns vor, sehr wach zu sein und bekommen nach wenigen Sekunden einen Elfmeter gegen uns. Das ist eine Vollkatastrophe, das geht gar nicht. Das ist viel zu einfach."