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BVB: Lars Ricken beklagt mangelnden Durchsetzungswillen im Nachwuchs

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BVB: Lars Ricken beklagt mangelnden Durchsetzungswillen im Nachwuchs

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Ricken über Probleme bei Talenten

Immer weniger deutsche Talente schaffen es bis in die Bundesliga. BVB-Nachwuchschef Lars Ricken nennt die verschiedenen Probleme und wie man sie lösen kann.
Lars Ricken (links) ist Nachwuchschef beim BVB
Lars Ricken (links) ist Nachwuchschef beim BVB
© Getty Images
SPORT1
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von SPORT1

Der Bundesliga gehen die deutschen Talente aus.

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Immer weniger Nachwuchsspieler schaffen es tatsächlich bis in die höchste deutsche Liga, obwohl jeder Klub mit einem eigenen Jugend-Internat zur Förderung verpflichtet ist. Auch Borussia Dortmund hat mit diesen Problemen zu kämpfen.

Lars Ricken, in den 1990er Jahren das Supertalent beim BVB, gibt als Nachwuchs-Chef bei der Borussia seine Erfahrungen weiter. Der Champions-League-Sieger von 1997 reagierte bereits vor Jahren auf den Trend und ergriff bei der Borussia Gegenmaßnahmen. Er beklagt einen mangelnden Durchsetzungswillen.

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"Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass bei einigen jungen Spielern heutzutage die Widerstandsfähigkeit nicht so stark ausgeprägt ist wie früher. Wir widmen uns diesem Thema schon seit einigen Jahren. Ich kann als Nachwuchskoordinator eines großen Vereins nicht darauf warten, bis mir jemand Konzepte oder Strategien vorlegt, wie dies anzugehen ist. Das müssen wir schon selbst leisten", erklärte Ricken in einem Interview mit Die Welt

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Keine kleinen Prinzen entwickeln

Dabei habe die Borussia festgestellt, dass ihre U19 zwar den stärksten Kader in Deutschland habe, sich aber trotzdem nur mit Mühe und Glück ins Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft spielen konnte.

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"Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es sich um kein rein fußballspezifisches Problem handelt: Es fehlte den Spielern häufig an Widerstandsfähigkeit. Das ist in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext zu sehen. Junge Menschen tun sich heute schwerer, gegen Widerstände anzukämpfen. Wir wollen aber keine kleinen Prinzen in bunten Fußballschuhen entwickeln!"

Der BVB habe deswegen für jüngere Mannschaften eine Elternschule eingeführt. Dort werde mit einem Maßnahmenkatalog die Eigenverantwortung für Spieler, Trainer und Eltern gefördert. Der BVB richte sich damit bewusst auch an die Eltern.  

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"Eltern sind speziell für die ganz jungen Spieler auch Trainer, Manager und Förderer. Doch das darf nie dazu führen, dass sie ihren Kindern immer nur die besten und teuersten Fußballschuhe kaufen und alles abnehmen. Auch darf nicht jedes Problem vom Vater oder der Mutter gelöst werden, die Jungs müssen lernen, Problemlösungen selbstständig anzugehen. Das müssen die Jungs lernen – aber auch die Eltern."

Bildungsprogramm für den älteren Nachwuchs 

Neben den Maßnahmen für den jüngeren Nachwuchs hat der BVB in den letzten Jahren ein spezielles Bildungsprogramm für die älteren Jahrgänge entwickelt.

"Schließlich haben wir auch viele Spieler im U19-Bereich, die bereits die Schule beendet haben und nur noch Fußballspieler sind. Diese Spieler machen bei uns die Trainer-B-Lizenz. Sie bekommen aber auch Anleitungen für den Alltag: Was ist zu tun, wenn ich meine erste Wohnung beziehe? Worauf muss ich achten? Sie erhalten eine Ernährungsberatung und eine Unterweisung im Umgang mit Social Media. Sie bekommen Englisch- und Spanischunterricht, ein Rhetoriktraining", erläuterte Ricken das Programm. 

Zudem gebe es "Impulsreferate über Mut und Motivation und echte Leidenschaft von ehemaligen Spielern wie Sebastian Kehl und Florian Kringe". "Uns ist es wichtig, dass wir starke Mannschaften haben, die auch um Platz eins oder die Deutsche Meisterschaft spielen, denn durch solche Herausforderungen und Ziele lernen die Spieler Widerstandsfähigkeit. Sie lernen nichts, wenn sie um Platz vier oder Platz fünf spielen. Sie lernen etwas, wenn sie vor 34.000 Zuschauern ein Finale gegen Bayern München spielen", sagte Ricken.

Bedeutung von Social Media wächst 

Der BVB-Nachwuchs-Koordinator beschreibt zudem den wachsenden Einfluss der Berater und die Bedeutung von Social-Media-Aktivitäten. "Es gibt kaum noch einen talentierten Jugendspieler, der keinen Berater hat. Hinzu kommt die Bedeutung der Social-Media-Aktivitäten, die dazu führen, dass sich Spieler häufig nicht nur anhand der Leistung auf dem Platz, sondern insbesondere auch an der Anzahl der Follower einschätzen. Das birgt Gefahren. Das Kerngeschäft Fußball und die Erkenntnis, dass ein Nachwuchsleistungszentrum keine Komfortzone ist, werden teilweise verdrängt."

Als Problem führte Ricken an, dass man in Deutschland bis zum 18. Lebensjahr in die Schule gehen müsse, während man in anderen Ländern wie Spanien, England und Frankreich die Schule mit 16 verlassen könne. Das habe Auswirkungen auf die Trainingsintensität und die Regenerationsmaßnahmen.

Nur ausgewählter Nachwuchs aus dem Ausland

"Es ist ein gehöriger Aufwand, den die Jungs betreiben müssen: Du hast in der Woche einen Arbeitsaufwand von 70, 80 Stunden, du hast im Prinzip zwei Jobs: Schule und Fußball. Du stehst oft um sechs Uhr auf und hast erst abends um 20.30 Uhr Feierabend – und das fünfmal pro Woche. Das ist kein Spaß", beschreibt Ricken den Arbeitsalltag eines Jungprofis. 

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Zudem sei der Markt europäischer und professioneller geworden.

"Heute müssen sich unsere Talente mit Talenten aus ganz Europa auseinandersetzen. Auch der BVB setzt im höheren U-Bereich auf internationale Toptalente – aber wir wollen es nicht in der Breite machen, sondern wirklich nur Spieler aus dem Ausland holen, in denen wir ein außergewöhnlich großes Potenzial sehen. Wie bei Pulisic, Bruun-Larsen oder aktuell bei Gio Reyna und Immanuel Pherai", erklärt der 43-Jährige die Philosophie der Borussia.