Thomas Müllers grübelt. Und das öffentlich.
Die Macht der Bayern-Kabine
Erstmals denkt das Bayern-Urgestein offen über einen Abschied nach und erhöht damit den Druck auf Niko Kovac, der ihn vor laufenden Kameras als Notnagel abgestempelt hatte. Zwar stellte der Coach hinterher klar, seine Wortwahl sei missverstanden worden - doch der Schaden ist angerichtet.
Als Vizekapitän gehört Müller dem Mannschaftsrat an, der erst mit Beginn dieser Saison wieder eingeführt wurde. Sein Wort hat also Gewicht.
Die Macht der Bayern-Kabine ist berüchtigt, immer wieder lehnen sich Spieler auf. Mal mit weniger, mal mit mehr Erfolg. SPORT1 blickt auf einige Fälle der Vereinsgeschichte zurück:
- Kovac stolpert fast über Maulwurf-Afffäre
Vor knapp einem Jahr drangen beinahe täglich Interna aus der Bayern-Kabine an die Öffentlichkeit.
Die wochenlange Suche nach dem Maulwurf gipfelte zwischenzeitlich darin, dass Kovac Ende November am Tag nach dem 3:3 gegen Fortuna Düsseldorf in der Kabine bei einer Teamsitzung am Sonntagmorgen sogar seinen eigenen Rauswurf thematisiert haben soll.
Nach dem Schlusspfiff sollen sich damals viele Spieler der Münchner in der Kabine offen gegen Kovac positioniert haben, als der gerade nicht im Raum war. Der kicker berichtete, Arjen Robben, Mats Hummels, Thomas Müller und Franck Ribéry seien zu jener Zeit die interne Opposition zu Kovac gewesen.
Uli Hoeneß gab später im CHECK24 Doppelpass zu, dass er nach dem Düsseldorf-Spiel das Gespräch mit wichtigen Spielern gesucht habe. Kovac bekam in der Folge den Auftrag, einige Dinge bei seiner Arbeit zu ändern, was ihm letztlich den Job rettete.
-Taktik-Meuterei gegen Guardiola
Im Mai 2014 hatte der FC Bayern im Halbfinale der Champions League das Rückspiel gegen Real Madrid vor der Brust. Das Hinspiel hatte das Team von Trainer Pep Guardiola mit 0:1 verloren. Bastian Schweinsteiger pochte darauf, mit einer Doppelsechs aufzulaufen. Jenes System, mit dem in der Saison zuvor unter Jupp Heynckes das Triple eingefahren wurde.
Guardiola, sonst als Sturkopf bekannt, fügte sich - und Bayern verlor 0:4. "Wir können nicht mit den Ideen der Spieler spielen. Das ist nicht möglich. Wir müssen mit der Idee eines Trainers spielen", polterte der Spanier später.
- Ancelotti: "Der Feind im eigenen Bett"
Im Herbst 2017 musste der damalige Trainer Carlo Ancelotti nach einer 0:3-Pleite bei Paris Saint-Germain gehen – auch weil der Italiener am Ende einen Großteil des Starensembles verloren hatte.
"Vor einem Jahr spürte ich hier in Paris das Vertrauen von lediglich vier oder fünf Bayern-Spielern", sagte Ancelotti als Neapel-Coach im Oktober 2018 bei seiner Rückkehr an den Ort seines letzten Spiels als Bayern-Trainer. Insbesondere mit der Führungsriege hatte er es sich verscherzt, wie Hoeneß später erklärte.
"Du kannst als Trainer nicht deine prominentesten Spieler als Gegner haben", tadelte der Bayern-Präsident: "Ich habe in meinem Leben einen Spruch kennengelernt: Der Feind in deinem Bett ist der gefährlichste. Deswegen mussten wir handeln."
- "Systemkritiker" Lahm vs. van Gaal
Anfang November 2009 war Philipp Lahm noch nicht der Kapitän bei den Münchnern, lehnte sich aber dennoch sehr weit aus dem Fenster. Er holte in einem nicht vom Klub autorisierten Interview in der Süddeutschen Zeitung zu einem verbalen Rundumschlag gegen die Klubführung, den damaligen Trainer Louis van Gaal und die Transferpolitik aus.
Lahm habe "in eklatanter und unverzeihlicher Art und Weise gegen interne Regeln verstoßen", erklärte der Vorstand und sprach gar von einem Tabu-Bruch.
Lahm bekam mit 50.000 Euro die höchste Strafe in der Geschichte des FC Bayern aufgebrummt. Geld, das aus seiner Sicht gut angelegt war. "Der Zwischenfall sorgte für eine freie und selbstverständliche Gesprächsbasis zwischen dem Vorstand und mir", erzählte er Jahre später. Lahm hatte sich mehr Macht erkämpft.
- Toni flüchtet aus dem Stadion
Als Lahm damals vor versammelter Mannschaft zusammengestaucht wurde, musste sich auch Luca Toni einiges anhören. Der Italiener war beim 1:1 gegen den FC Schalke 04 nach seiner Auswechslung aus dem Stadion geflüchtet. Zuvor hatte er bereits immer wieder gegen van Gaal geschossen, der ihn wenige Tage später sogar suspendierte.
Zeitgleich bekam der Trainer ein Ultimatum von Sportdirektor Christian Nerlinger gestellt, der forderte, bis zur Winterpause alle Spiele zu gewinnen. Van Gaal rettete sich, stolperte später aber unter anderem darüber, dass er Hans-Jörg Butt im Tor durch Thomas Kraft ersetzte. "Damit ging die ganze Scheiße los. Dass die Spieler hinter ihm standen, ist ein Märchen", polterte Hoeneß nach der Entlassung des Niederländers im April 2011.
- Klinsmann gegen die Mannschaft
Jürgen Klinsmanns unrühmliches Jahr beim FC Bayern war auch geprägt von öffentlichen Scharmützeln mit seinem Kapitän Mark van Bommel. Der zwischenzeitlich zum Ersatzspieler degradierte Abräumer war mit dieser Rolle alles andere als zufrieden. Erst als die Mannschaft sich für ihren Leader stark machte, durfte van Bommel wieder regelmäßig auflaufen.
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Dennoch blieb das Verhältnis belastet. Als "ein verlorenes Jahr" bezeichnete van Bommel die Zeit unter Klinsmann anschließend in einem SZ-Interview.
Der Niederländer war aber nicht der einzige Spieler, der ein Problem mit Klinsmann hatte. "Es ist vollbracht", soll in einer SMS gestanden haben, die ein TV-Reporter von einem Bayern-Spieler nach dessen Entlassung bekommen hatte.
Im Gegensatz zu Vorgänger Ottmar Hitzfeld vermisste die Mannschaft ein taktisches Konzept. Zwischenzeitlich sollen die Spieler ohne Klinsmann die Ausrichtung auf dem Platz untereinander festgelegt haben.
- Hoeneß stoppt Lucios Aufstand
2004 holte der FCB Meistertrainer Felix Magath aus Stuttgart. Nach einer heftigen 1:4-Klatsche am 3. Spieltag gegen Bayer Leverkusen soll ein Teil der Spieler mit Rädelsführer Lucio einen Aufstand gegen den Trainer geplant haben.
Doch die Führung um Uli Hoeneß machte den Profis deutlich, dass man Magath großes Vertrauen schenke und eine Meuterei der Spieler nicht hingenommen werde. Lucio und Co. fügten sich dem Machtwort – und die Münchner holten das Double.
- König Otto demontiert
14 Jahre war Otto Rehhagel der König von Bremen. Bis er 1995 den Wechsel nach München wagte. Bayern-Präsident Franz Beckenbauer sprach damals ursprünglich von einem Fünf-Jahres-Vertrag, nach nur zehn Monaten war die Liaison schon wieder Geschichte.
Rehhagel wurde unter anderem sein Vorgänger zum Verhängnis. Die Mannschaft hatte zu Giovanni Trapattoni ein herausragendes Verhältnis. Reservisten wie Mehmet Scholl oder Jean-Pierre Papin sprachen offen über Abschied. Der damalige Kapitän und heutige SPORT1-Moderator Thomas Helmer drohte mit Rücktritt, da er die Rückendeckung des Trainers vermisste.
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"Es kann doch nicht sein, dass ich jedesmal kontra kriege, wenn ich was sage", schimpfte der Leader. Das Verhältnis zur Mannschaft wurde rapide schlechter, am Ende fehlte es dem Trainer an Autorität. "Er sieht in jedem Menschen das Gute und ist daran gescheitert, dass er nie durchgegriffen hat", berichtete Christian Ziege später.