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FC Augsburg: Stefan Reuter über Besonderheiten, Kader und Heiko Herrlich

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FC Augsburg: Stefan Reuter über Besonderheiten, Kader und Heiko Herrlich

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Reuter: Das macht den FCA besonders

FCA-Geschäftsführer Stefan Reuter spricht im SPORT1-Interview über die Besonderheiten des Klubs, die Qualitäten des Kaders und die Rolle von Trainer Heiko Herrlich.
Der FC Augsburg hat sich zwar namhaft verstärkt, trotzdem wird es wohl auch in dieser Saison gegen den Abstieg gehen. Die Gründe dafür im Video...
von Stefan Kumberger

Der FC Augsburg spielt seit zehn Jahren in der Bundesliga.

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Vor dem Saisonauftakt am Samstag bei Union Berlin (Bundesliga: Union Berlin - FC Augsburg, ab 15.30 Uhr im LIVETICKER) spricht Geschäftsführer Stefan Reuter im SPORT1-Interview über die Besonderheiten des Klubs, die Qualitäten des Kaders und die Rolle von Trainer Heiko Herrlich.

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SPORT1: Herr Reuter, das zehnte Jahr steht der FC Augsburg jetzt in Liga 1. Wie lange haben Sie gefeiert? Wird manchmal immer noch gefeiert?

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Stefan Reuter: Nein, das gar nicht. Unser Saison-Finale war auch nicht so, dass wir euphorisiert in die Pause gehen konnten. Die Rückrunde war einfach deutlich zu schlecht. Nichtsdestotrotz sind wir sehr glücklich, im zehnten Jahr in Folge in der Bundesliga zu sein. Das war immer unser übergeordnetes Ziel und das haben wir erreicht. Aber es ist in einer solchen Phase auch ganz wichtig, dass man die Dinge realistisch, sachlich analysiert und feststellt, dass nicht alles gut war.

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SPORT1: Jetzt sind Sie auch schon sehr lange - seit 2013 - Teil der Erfolgsgeschichte des FC Augsburg. Hand aufs Herz: Haben Sie irgendwann einmal im Hinterkopf mit einem Abstieg gerechnet? 

Reuter setzt das Wort "Abstieg" beim FC Augsburg auf den Index

Reuter: Ganz am Anfang, ja. Das haben wir auch immer offen kommuniziert. Der frühere Präsident Walther Seinsch hat mir zum Einstieg mit auf den Weg gegeben: "Der Druck ist gar nicht so groß, wir werden in den nächsten fünf Jahren ohnehin zweimal absteigen. Das ist gar nicht zu verhindern, wenn man sich die Budgets in der Liga anschaut." Ich habe ihm gesagt: "Vielen Dank, dass du mir ein Stück weit den Druck nimmst, aber ab sofort sollten wir diesen Begriff - Abstieg - nicht mehr verwenden, sondern sagen, dass wir Gas geben. Dann werden wir am Ende auch belohnt." Die erste Saison, in der ich dabei war, war für uns unglaublich. Wir hatten uns als Zielsetzung in der Winterpause ausgemalt, dass wir den Relegationsplatz anpeilen. Am letzten Spieltag haben wir dann mit dem Sieg gegen Greuther Fürth direkt die Klasse gehalten. Da war die Freude riesig, die Euphorie groß. Das war sicher auch ein ganz wichtiger Schritt. Wir haben da eine sehr stabile und kontinuierliche Leistung begonnen und haben so den Verein von Jahr zu Jahr ein Stück weiterentwickeln können.

SPORT1: Wollen Sie persönlich in Ihrem Job möglichst früh den Klassenerhalt erreichen, damit Sie nicht immer parallel für die zweite Liga planen müssen? 

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Reuter: Das ist richtig. Grundsätzlich versuchen wir, optimistisch an die Dinge ranzugehen. Mit der nötigen Überzeugung. Von daher plane ich gedanklich mit der ersten Liga. Aber natürlich haben wir Jahre dabeigehabt, wo in denen es bis zum letzten Spieltag sehr eng war. Es ist vernünftig, zwei Szenarien durchzudenken. Trotzdem sind wir immer mit Optimismus und Mut zu Werke gegangen, um die Klasse auch zu halten. Das ist uns Gott sei Dank bisher gelungen. Das ist ein großer Erfolg für alle Beteiligten, für alle beim FC Augsburg. Dass wir zehn Jahre in Folge in der ersten Liga spielen, haben dem FC Augsburg sicher die wenigsten zugetraut.

SPORT1: Wie würden Sie einem Außerirdischen, der in Augsburg landet, den FCA erklären? Was macht den FC Augsburg so besonders? 

Reuter: Man muss das selbst erleben. Die Stimmung im Stadion ist sehr positiv. Wir haben ein traumhaftes Stadion. Wir haben kurze Entscheidungswege innerhalb des Klubs. Das Ganze hier wird sehr familiär angegangen und gelebt. Sehr viel Disziplin ist nötig, dass eben nicht die Unruhe, die, wenn die Ergebnisse ausbleiben, zwangsläufig von außen an uns herangetragen wird, uns im Inneren erschüttert. Wir wollen sehr sachlich, sehr realistisch an die Sache herangehen und dabei die Dinge intern trotzdem kontrovers diskutieren. Nach außen wollen wir aber geschlossen auftreten.

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Reuter schildert Baier-Aus

SPORT1: Sie sprechen Kontroversen an. Sie haben die alte Hierarchie beim FC Augsburg zerschlagen, wollten neue Wege gehen. Daniel Baiers Vertrag wurde aufgelöst, obwohl dieser im Januar noch verlängert worden war. Was hat Sie innerhalb dieses halben Jahres umdenken lassen? 

Reuter: Wir hatten vor Weihnachten eine gute Phase und waren uns aber trotzdem bewusst, dass es eine sehr schwierige Saison werden würde und es vielleicht bis zum letzten Spieltag um den Klassenerhalt geht. Da war es aus unserer Sicht richtig, mit Daniel Baier zu verlängern. Aus zwei Gründen: Zum einen, damit er den Kopf frei hat und sich nicht die ganze Rückrunde Gedanken macht. Zum anderen war es auch eine Belohnung, weil er über viele Jahre außergewöhnliche Leistungen gezeigt hatte. Deshalb finde ich es nicht schlimm, wenn man bei einem solchen Spieler noch ein Jahr dranhängt, weil er sich das aufgrund der Leistungen in den letzten Jahren auch verdient hat.  

SPORT1: Ist Daniel Caligiuri der neue Daniel Baier?  

Reuter: Wir sind unheimlich glücklich, dass wir mit Daniel Caligiuri, Tobias Strobl und Rafal Gikiewicz in einer Phase, in der es für alle Vereine in der Liga sehr schwer war, drei Spieler verpflichten konnten, die allesamt ablösefrei gekommen sind. Das war für uns in der Phase top, weil das drei sehr erfahrene Spieler sind, mit guter Persönlichkeit. Daniel hat schon im ersten Spiel gezeigt, dass er unserer Mannschaft auch fußballerisch sehr gut tut. Rafal Gikiewicz hat im Pokal zu null gespielt. Letzte Woche haben wir mit Robert Gumny noch einen zusätzlichen Spieler verpflichtet, der Perspektive hat und Kapitän der polnischen U21-Nationalmannschaft ist. Er hat in der letzten Woche einen guten Eindruck hinterlassen. Von daher freuen wir uns, dass es uns gelungen ist, die Mannschaft punktuell zu verstärken.  

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"Wir sind in einer recht guten Verfassung"

SPORT1: Wo sehen Sie konkret die neue Stärke im Kader des FC Augsburg? 

Reuter: Wir haben auf allen Positionen Konkurrenzsituationen. Es kann sich keiner zurücklehnen. Der Trainer hat die Qual der Wahl. Jede Position ist doppelt besetzt. Das merkt man auch. Aus diesem Grund haben wir eine hohe Trainingsqualität und sind in einer recht guten Verfassung. Aber auch wenn die Vorbereitung noch so gut läuft: Letztendlich zählen die Punkte und da geht es am Wochenende bei Union Berlin los. Letztes Jahr haben wir gegen Union nicht gewinnen können, also wissen wir, was von uns gefordert wird. Wir fahren mit Selbstbewusstsein nach Berlin, aber auch mit dem nötigen Respekt.  

SPORT1: Saisonstarts zählen nicht gerade zu den Stärken des FCA.  

Reuter: Wir wollen zeigen, dass wir das durchaus anders können. Ich kann mich zum Beispiel nicht daran erinnern, dass wir im Pokal eine so entspannte erste Runde hatten. Das hilft vielleicht dann auch für den Bundesliga-Start.

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SPORT1: Wenn ich Sie gerade nach den Stärken des Kaders gefragt habe, muss ich Sie natürlich auch nach den Schwächen fragen. Gibt es Mannschaftsteile, auf die Sie ein besonderes Auge werfen und bei denen Sie vielleicht im Winter reagieren müssen? 

Reuter: Nein, wir sind mit unserem Kader sehr zufrieden und planen Stand heute keinerlei Wintertransfers. Wobei der Fußball schnelllebig ist und sich manchmal Dinge anders entwickeln, als man denkt. Momentan sind wir aber sehr zufrieden mit unserem Kader und freuen uns, dass es jetzt endlich losgeht.  

SPORT1: Philipp Max hat den Verein verlassen. Wenn man sich Spieler wie ihn, oder auch wie Luca Waldschmidt, ansieht: Ist es ein neuer Trend, dass deutsche Spieler den Weg ins Ausland suchen, aber nicht - so wie Sie früher - gleich bei Juventus Turin landen, sondern erstmal in Ligen der zweite Reihe wie in Holland oder Portugal wechseln? 

Reuter: "Philipp Max will zeigen, dass der internationales Format hat"

Reuter: Wenn für Philipp eine Anfrage von Juventus gekommen wäre, hätte er sich sicher Gedanken gemacht (lacht). Für ihn persönlich war es der nächste Schritt, weil er mit Eindhoven regelmäßig international spielen kann. Er will zeigen, dass er internationales Format hat, dass er sich da nochmal empfehlen kann, um in einer der Top5-Ligen dabei zu sein. Wir hätten ihn gerne behalten und haben ihm gesagt, dass der FC Augsburg ebenso ambitioniert ist und sich weiterentwickeln will. Können wir das nicht gemeinsam versuchen? Aber als das Angebot aus Eindhoven kam, hat er uns gebeten, dass wir in Gespräche einsteigen. Er hat einen klaren Wechselwunsch geäußert und dann haben wir uns mit Eindhoven ausgetauscht und eine faire Lösung für alle Beteiligten gefunden.  

SPORT1: Könnte das in Zukunft eine Blaupause für Spieler in diesem Leistungsbereich sein, dass sie nicht sofort den Sprung in die großen Ligen suchen, sondern einen Zwischenschritt nehmen? 

Reuter:  Nein, das glaube ich nicht. Unser Ziel ist es, die Spieler so auszubilden und weiterzuentwickeln, dass sie für den FC Augsburg oder die Top-Klubs in Deutschland und in den anderen Top-Ligen in Frage kommen. Das ist ein folgerichtiger Schritt. Wenn ich Augsburg verlasse, sollte das Ziel sein, zu einem international spielenden Verein der Top5-Ligen zu wechseln.  

SPORT1: Sie sagten, sie wollten gemeinsam mit Philipp Max das internationale Abenteuer wagen. Ist die Zielsetzung dann nicht eigentlich die Europa League? 

Reuter: Ich sagte, wir wollten uns mit Philipp Max gemeinsam weiterentwickeln. Von Platz fünfzehn bis zur Europa League sind einige Plätze dazwischen. Wir wollen nicht bis zum letzten Spieltag zittern und hoffen natürlich, eine bessere Saison spielen zu können. Aber das übergeordnete Ziel wird auch in der kommenden Saison wieder der Klassenerhalt sein. Sobald dieser gelungen ist, bin ich gerne bereit, mich über andere Dinge zu unterhalten. Aber bis dahin nicht.  

SPORT1: Wagen Sie denn eine Prognose? Also wünschen tun Sie sich den Klassenerhalt, aber beim Blick auf den Kader ...

Reuter: Unser Ziel ist es jedes Jahr ein Stück weit besser zu werden.  

SPORT1: Heiko Herrlich hatte einen schweren Start, weil er so lange warten musste, bis er endlich in den Pflichtspielbetrieb einsteigen konnte. Wie haben Sie ihn in der Vorbereitung erlebt? 

Reuter: Man sollte vor Herrlich den Hut ziehen

Reuter: Für ihn war es wesentlich angenehmer, eine komplette Vorbereitung mit der Mannschaft machen zu können und seine Ideen in den Kader einbringen zu können. Es ist immer schwierig, während der Saison einzusteigen. Hinzu kam eine außergewöhnliche Situation mit Corona. Die Saison wurde unterbrochen und keiner wusste, wann und wie es weiter geht. Er hat gesagt, dass wir schauen müssen, dass wir mit unserer Spielweise wieder die Zuschauer mitnehmen. Das war im leeren Stadion dann nicht ganz so einfach (lacht). Wir sind deutlich stabiler geworden, haben wesentlich weniger zugelassen. Heiko hat versucht, was das Spielerische angeht, eine Schippe draufzulegen. Unsere Transfers werden dazu beitragen, dass wir ballsicherer sind und Phasen im Spiel haben werden, in denen wir Ballbesitz haben und damit schwerer auszurechnen sind.  

SPORT1: Hat er denn persönlich eine Entwicklung durchgemacht? Manche Kritiker sagen, er sei manchmal sorglos. Wenn man an die Zahnpasta-Affäre denkt oder an seine Schwalbe zu Leverkusener Zeiten: Haben Sie nach dem Fauxpas gemerkt, dass er nochmal in sich gegangen ist? 

Reuter: Man sollte Respekt davor haben, wie er im Nachgang mit der Sache umgegangen ist. Davor sollte man den Hut ziehen. Er macht einen super Job und ist sehr auf die Mannschaft fokussiert. Da kommt es natürlich vor, dass man manchmal in Gedanken schon in der Spielvorbereitung ist. Wir dürfen die Sache mit der Zahnpasta (Herrlich hatte vor dem Bundesliga-Restart - trotz der Corona-Bestimmungen der DFL - unerlaubt das Teamhotel verlassen, um Zahnpasta und Handcreme zu kaufen – Anm. d. Red) nicht allzu hoch hängen. Er macht einen tollen Job, ist mit voller Leidenschaft und Begeisterung dabei und die Spieler spüren sehr genau, dass er als Trainer viel Erfahrung hat und als Spieler sehr viel Erfahrung sammeln durfte. Die kann er jetzt an die Jungs weitergeben.