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FC Bayern: Muss sich Julian Nagelsmann neu erfinden?

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FC Bayern: Muss sich Julian Nagelsmann neu erfinden?

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Muss sich Nagelsmann verbiegen?

Julian Nagelsmann startet beim FC Bayern durch. Nach seiner Vorstellung folgte schon das erste Training. Muss sich der 33-Jährige für den Erfolg anpassen?
Julian Nagelsmann ist endgültig beim FC Bayern und spricht über Taktik, Campus, Spieler und Leroy Sané, für den er schon einen Plan hat
Christopher Mallmann
Christopher Mallmann

Es war der 26. April 2017, als sich viele Zuschauer verdutzt die Augen rieben.

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Während auf dem Feld der Allianz Arena das Pokal-Halbfinale zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund ausgetragen wurde, saß auf der Tribüne niemand Geringeres als Julian Nagelsmann.

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Das Bemerkenswerte: Der damals 29-Jährige saß dort nicht einfach so, sondern ausgerechnet in einer makellos roten Jacke, die ebenso rot zu schimmern schien wie die Vereinsfarbe des FC Bayern.

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Zufall? Das fragten sich damals viele. Die Antwort: vermutlich. Aber auch über Zufälle lässt sich bekanntlich philosophieren.

"Ich bin schon seit langer Zeit ein Fan des FC Bayern", erklärte Nagelsmann, der vier Jahre nach seinem Jacken-Fauxpas tatsächlich beim Rekordmeister angekommen ist, bei seiner offiziellen Vorstellung am Mittwoch - räumte zugleich aber ein: "Die rote Jacke damals war ein Einpack-Fehler. Inzwischen ist sie versteigert."

Ein Fehler also. Aber warum eigentlich, wenn sich am Ende alles so fügen musste, wie es damals wahrscheinlich niemand geplant, sich aber alle schon gewünscht haben - sowohl Nagelsmann selbst auch die ganze Bayern-Familie?

Bayern-Trainer Julian Nagelsmann über seine Rote Jacke als Leipzig-Trainer
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Kahn: Nagelsmann "mit dem Verein identifiziert"

In der Psychologie könnte der geneigte Betrachter von unbewusster Anpassung sprechen. Nagelsmann trug Rot, nicht weil er es aktiv wollte, sondern weil es schon eine unterschwellige Neigung dazu gab; ein Umstand, der den Bayern-Bossen nicht unwichtig zu sein scheint.

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"Wir können mit Julian eine Ära prägen", sagte Vorstandsboss Oliver Kahn auf der Pressekonferenz. "Er ist unglaublich mit dem Verein identifiziert. Das hat uns das Gefühl gegeben, dass wir langfristig mit ihm arbeiten wollen."

Will heißen: die Bayern wollen keinen klassischen Erfolgstrainer, wie es vielleicht Carlo Ancelotti oder Pep Guardiola waren, sondern jemanden, der sich über den Erfolg hinaus mit dem Verein auseinandersetzt, ganz und gar in ihm aufgeht.

Das kann und soll Nagelsmann, der bei seiner Vorstellung übrigens ganz in Schwarz auftrat - mit Jackett und Rollkragenpullover -, nun beim großen Rekordmeister erfüllen. Bleibt die Frage, was dafür nötig ist - und inwieweit Nagelsmann sich neu erfinden muss.

"Es bedeutet mir viel, dass ich gleich einen Fünfjahresvertrag bekommen habe", erklärte der 33-Jährige. "Ich möchte dem gerecht werden. Es gibt einem ein gutes Gefühl, aber zugleich muss man liefern." (Spielplan und Ergebnisse der Bundesliga)

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Nagelsmann: Anpassen für den Erfolg?

In der Tat kommt es nun auf das Liefern an. Nagelsmann scheint jedoch zu wissen, dass ihm die Dinge nicht zufliegen werden. Ganz im Gegenteil, es mag sogar sein, dass er einiges ändern oder zumindest anpassen muss, um nach Hoffenheim und Leipzig auch in München erfolgreich zu sein - oder wie es Kahn sagte: eine Ära zu prägen, die über den reinen Erfolg hinausgeht.

Er sei nicht nach München gekommen, um alles "auf den Kopf" zu stellen, sagte Nagelsmann. Stattdessen gehe es darum, "eine gewisse Flexibilität zu haben und den Spieler auf die bestmögliche Position zu bringen."

Das klingt durchaus anders als bei seinen vorherigen Stationen, wo er als Heilsbringer komplett freie Hand hatte - und gegenüber seinen Spielern in nahezu allen Fällen der größere Star war.

Deutlich wurde das auch, als Nagelsmann über mögliche Strafmaßnahmen innerhalb der Mannschaft sprach. Diese wolle er mit dem Team diskutieren. Ergo: kein Alleingang des Trainers, sondern ein Miteinander. Vermutlich eine wichtige Entscheidung, denn nicht wenige Bayern-Coaches scheiterten an der Macht einzelner Spieler, zuletzt Niko Kovac an Thomas Müller.

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Und auch was die Kommunikation mit den Bossen betrifft, scheint Nagelsmann vorsichtig zu sein. So sagte er, dass der Verein den Hut aufhabe, wenn es um die Kaderplanung gehe, denn dieser "bezahlt die Spieler. Und auch die Halbwertszeit ist bei Spielern meist länger als bei Trainern. Ich verstehe, dass man nicht alles auf dem Transfermarkt machen kann."

Eine kaum zu überhörende Erinnerung an das, was zwischen Vorgänger Hansi Flick und Salihamidzic zum Bruch geführt hatte. Nagelsmann weiß genau, was geschehen ist - und dass er selbst eine solche Kollision vermeiden muss, um bei Bayern wirklich eine langfristige Zukunft zu haben. (Die neues Transfer-News)

So gab er auch den Bossen im Fall von David Alaba und Jérôme Boateng Recht, indem er sagte, dass "Übergänge häufig sehr ad hoc" seien: "Da hat man nicht viel Zeit."

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Was er meinte: es ist in Ordnung, dass die Altgedienten gehen, um den neuen Jungen wie Dayot Upamecano oder Tanguy Nianzou Raum zur Entfaltung zu geben.

Zum Anpassen gehört derweil auch die Frage nach der Emotionalität. Die Bundesliga kennt Nagelsmann als scherzenden, mitunter ironischen Akteur. Und während er bei seiner Bayern-Vorstellung ebenfalls für einige Lacher sorgte, gibt es da doch den zweiten Nagelsmann, der an der Seitenlinie kaum zu bremsen ist, im guten wie im schlechten Sinne.

Nagelsmann: "Kann mich nicht komplett verstellen"

"Ich bin immer laut, wenn etwas nicht funktioniert oder wenn etwas sehr gut funktioniert", sagte Nagelsmann. "Ich bin ein emotionaler Trainer und kann mich nicht komplett verstellen. Auch im Training bin ich manchmal etwas lauter. Das hat niemals persönliche Gründe, sondern sachliche. Aber es wird jetzt nicht so sein, dass ich 90 Minuten wie ein Rumpelstilzchen an der Linie stehe."

Nagelsmann scheint also nicht bereit, sich gänzlich zu ändern - trotzdem muss er sich schon jetzt erklären; eine Tatsache, die zeigt, dass er an Zugeständnissen und Kompromissen auf lange Sicht nicht vorbeikommt.

Doch jener Nagelsmann, der da neben Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic über eine Dreiviertelstunde auf dem Podium saß, wirkt nicht wie jemand, der die Dinge nicht schon im Vorfeld erkannt hätte. Sein Auftritt war aufgeräumt, das Lächeln selbstsicher, die Mode dezent, aber fein.

Und apropos Mode: Die Jacke, die er im April 2017 in der Allianz Arena getragen hatte, könnte - im Gegensatz zu damals - jetzt tatsächlich gut passen.

Als Zeichen der Anpassung - als Zeichen eines Trainers, der sich gerade neu erfindet.