Die Ukraine ist der erste Härtetest für Deutschland bei der EM 2016 in Frankreich.
Taktik-Check: Vorsicht vor der Zange
Obwohl das Team von Trainer Michail Fomenko nicht zum erweiterten Favoritenkreis zählt, sollte kein deutscher Spieler den Gegner am Sonntag (ab 20.30 Uhr LIVE in unserem Sportradio SPORT1.fm und im LIVETICKER) unterschätzen.
Die Gefahr lauert dabei vor allem auf den Flügeln.
Ukraine auf Individualisten angewiesen
Die beiden Stars der Ukraine sind die Außenstürmer Jewhen Konopljanka und Andrij Jarmolenko. An Letzterem soll etwa Borussia Dortmund vor geraumer Zeit interessiert gewesen sein.
Obwohl Fomenko es mit einigen taktischen Tricks im Mittelfeld versucht, ist seine Mannschaft insbesondere in Partien mit überlegenen Gegnern auf die beiden Individualisten angewiesen. Deshalb ist es nur konsequent, dass der Nationaltrainer sein Angriffskonzept darauf ausrichtet, Konopljanka und Jarmolenko in Szene zu setzen.
Für Deutschland bedeutet dies: Bundestrainer Joachim Löw könnte eine Fünfer-Abwehrkette aufstellen, die die ganze Breite des Spielfeldes abdeckt.
Konopljanka und Jarmolenko doppeln
In einer 4-3-3- oder 4-2-3-1-Grundformation müssten die beiden offensiven Außenspieler in der Defensivarbeit schnell nach hinten gehen, um Konopljanka und Jarmolenko zu doppeln. Damit ginge jedoch ganz vorn Druck im Pressingspiel verloren.
In einer Fünferkette fungieren immer die beiden Halbverteidiger als Absicherung, da sie über kurze Distanz zur Unterstützung der Flügelverteidiger nach außen rücken. Auch die Sechser können sich notfalls zum Flügel bewegen.
Parallelen zu Ungarn
Löw benannte die defensive Organisation sowie das Verhalten gegen gefährliche Konter als Schwerpunkte in der taktischen Arbeit vor dem Aufeinandertreffen mit der Ukraine.
Er fügte zugleich an, dass die deutsche Mannschaft bei eigenem Ballbesitz auf eine kompakte Defensive treffen wird. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Ukrainer aggressives Pressing spielen werden.
Ebenso wie Deutschlands letzter Testgegner Ungarn nutzt Fomenkos Team eine enge Manndeckung, aus der sich die DFB-Elf erst einmal befreien muss. Nicht jeder Akteur muss unmittelbar im Spielaufbau eingebunden werden.
Auf die Flügel ausweichen
Zuletzt bewegte sich beispielsweise Sami Khedira in der Anfangsphase von Angriffen vom Ball weg, um seinen unmittelbaren Gegenspieler in tote Zonen zu locken. Ähnliches können die beiden Flügelspieler der DFB-Elf tun. So öffnet ein Team Räume, um anschließend unter geringerem Druck den Ball nach vorn zu bewegen.
Im besten Fall ergeben sich Lücken im Zentrum des Spielfeldes. Die Ukrainer stehen dort mit drei eng nebeneinander positionierten Mittelfeldspielern. Khedira und Co. sind also gefragt, von Zeit zu Zeit auf die Flügel auszuweichen, damit zum Beispiel Toni Kroos aus dem Rückraum in die offenen Zonen stoßen kann.
Schnelle Pässe gegen Abwehrhünen
Nähert sich die DFB-Auswahl dem gegnerischen Tor, wird sie sehr wahrscheinlich das Augenmerk auf schnelle Vertikal- und Ablagenpässe legen. Die ukrainischen Innenverteidiger rücken oftmals aggressiv aus dem Abwehrverbund heraus. Die meisten deutschen Angreifer sind physisch unterlegen und müssen deshalb den Ball schnell zirkulieren lassen.
Die Ukrainer stellen an sich keine außergewöhnliche Mannschaft, gegen die Deutschland ganz besondere Vorbereitungen treffen muss. Vielmehr sind die Osteuropäer ein Paradebeispiel für einen durchschnittlichen, vornehmlich defensiv orientierten EM-Teilnehmer.
Die beiden Flügelstürmer geben Fomenkos Team allerdings einen Schuss Unberechenbarkeit.