Sportexpertin Sylvia Schenk von Transparency International kritisiert die Aktionen auch der deutschen Nationalmannschaft gegen den umstrittenen WM-Gastgeber Katar.
Katar? "Nicht alles kaputt machen"
Die von Norwegens Team angestoßenen und danach von anderen Auswahlteams wie auch dem DFB-Team in abgewandelter Form übernommenen Maßnahmen für die Achtung von Menschenrechten in Katar beschrieb Schenk in einem Spiegel-Interview als fehlgerichtet. (Service: Ergebnisse und Spielplan der WM-Qualifikation)
Zugunsten der Migrantenarbeiter auf den WM-Baustellen "gibt es keinen Grund für Protest", meinte Schenk und betonte Fortschritte in dem Golf-Staat: Es sei "kein anderes Land in der Geschichte bekannt, dass so viele Reformen in kurzer Zeit angestrengt hat".
Deswegen seien die Proteste "von den Fakten abgekoppelt", betonte Schenk: "Der Druck auf Katar muss bleiben, damit die Entwicklung auf andere Bereiche ausstrahlt. Aber der Druck darf nicht alles kaputt machen."
Schenk sieht Wirkung in Katar
Vor dem Hintergrund der Proteste vor der WM 2022 für eine Verbesserung der Menschenrechtssituation in dem Emirat sieht Schenk inzwischen andere Spitzenorganisationen stärker gefordert als den Fußball-Weltverband FIFA.
Entgegen verschiedener Medienberichte über die Lage in dem Wüstenstaat mit vielen Toten sei sogar "als best practice (bestes Beispiel) wichtig, wie die Leitprinzipien der Vereinten Nationen im Sport gewirkt haben", sagte Schenk an das Internationale Olympische Komitee (IOC) oder auch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) adressiert.
Kritik an IOC und DFB
Das IOC habe sich "immer noch nicht voll zu den UNO-Leitlinien bekannt, schiebt das Menschenrechtskonzept vor sich her und beschließt es nicht", sagte die frühere Spitzensportlerin.
Sie monierte eine aus ihrer Sicht fehlende Auseinandersetzung mit der Thematik auch bei den deutschen Topverbänden Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) und DFB: "Sonst hätte der DFB längst sagen müssen: 'In Katar sind Dinge gut gelaufen, wir fordern für die Zukunft aber noch A, B, C' statt sich in der Debatte wegzuducken. Mit einer faktenbasierten, differenzierten Position, mutig nach vorne gebracht, da hätte der DFB ein völlig anderes Standing. Dafür müsste er aber die vorhandenen Informationsangebote nutzen."