Krönungsmesse oder Kampfabstimmung - High Noon in Hannover: In der niedersächsischen Landeshauptstadt entscheidet sich am Samstag die Zukunft des deutschen Handballs.
DHB droht die Zerreißprobe
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188 Tage nach dem Rücktritt von Bernhard Bauer soll Andreas Michelmann das Machtvakuum beim Deutschen Handballbund (DHB) füllen und zum neuen Präsidenten des weltgrößten Handballverbandes gekürt werden.
Doch beim DHB-Bundestag droht eine weitere Zerreißprobe.
Wenn es im Maritim Hotel Airport in Hannover zur Abstimmung unter den 123 Delegierten kommt, "entscheidet jeder für sich selbst", sagte Hans Artschwager, Präsident des einflussreichen Landesverbandes Baden-Württemberg, der Handballwoche - und sorgt damit kurz vor dem außerordentlichen Verbandstreffen für neuen Zündstoff.
Querelen im Vorfeld
Denn ausgerechnet Artschwager war es, der zuletzt einen Abwahlantrag gegen das bestehende Präsidium um den umstrittenen Verbandsvize Bob Hanning initiiert und als Anführer einer rebellischen Allianz einiger Landesverbände eine Rückkehr Bauers forciert hatte.
Erst nach einem Krisengipfel zwischen dem DHB-Präsidium, den Landesverbänden und den Ligavertretern zogen die Abtrünnigen ihren Antrag zurück und beendeten so den verbandsinternen Machtkampf.
Michelmann ist somit weiter einziger Kandidat.
Zweifel bei Brand
Ob der Burgfrieden am Samstag hält, wird in der Szene allerdings bezweifelt.
So hatte sich kürzlich auch der langjährige Bundestrainer Heiner Brand eher zurückhaltend über den designierten DHB-Boss Michelmann geäußert. Er müsse "ja erst mal beim Bundestag gewählt werden", sagte Brand dem Kölner Stadt-Anzeiger: "Ob die erforderlichen Seilschaften alle halten, werden wir ja dann sehen."
Für die Wahl ist eine einfache Mehrheit erforderlich.
Michelmann, ohne Walhkampf angetreten, gibt sich nach dem monatelangen Hickhack an der Verbandsspitze optimistisch, rechnet vor dem Hintergrund der monatelangen Diskussionen aber "mit allem".
Ziel: Gold bei Olympia 2020
Großes Ziel", sagte Michelmann, "bleiben weiter die Olympiasiege im Jahr 2020."
Bei den Männern sei man voll auf Kurs, bei den Frauen "müssen wir noch nacharbeiten". Zusammen mit den Landes- und Ligaverbänden sowie dem Präsidium wolle er die Perspektive 2020 weiterentwickeln.
Die Aufgaben im Handball sind groß: Zum einen stehen bei Frauen (2017) und Männern (2019) Weltmeisterschaften in Deutschland bevor. Zum anderen gilt es, den schleichenden Mitgliederschwund zu stoppen.
Im zweiten Anlauf?
Verbandsvize Bob Hanning zweifelt unterdessen nicht an der Wahl Michelmanns. "Ich halte ihn für sehr fähig, er hat sich auch nicht verbiegen lassen in der kritischen Phase. Da stand er für Ehrlichkeit, Geradlinigkeit und Transparenz. So ein Präsident wird uns gut tun", sagte Hanning der Süddeutschen Zeitung.
Schon im Jahr 2012 war Michelmann, derzeitiger DHB-Vizepräsident für Amateur- und Breitensport, von der damaligen Findungskommission als Nachfolger von Ulrich Strombach vorgeschlagen worden, hatte dann aber kurzfristig zugunsten Bauers verzichtet.
"Alle Landesverbände hatten Michelmann vorher gewollt, es gibt also gar keinen Grund, ihn jetzt nicht mehr zu wollen", sagte Hanning.