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Leichtathletik-WM: Folgen für Klosterhalfen nach Doping-Skandal um Salazar

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Leichtathletik-WM: Folgen für Klosterhalfen nach Doping-Skandal um Salazar

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Salazar-Sperre: Die Folgen für "Koko"

Nach der Doping-Sperre von Alberto Salazar rückt auch Konstanze Klosterhalfen wieder in den Fokus. SPORT1 analysiert, ob Zweifel an ihr berechtigt sind.
Die Leichtathletik-WM in Doha startet in Doha. SPORT1 stellt die Athelten vor, die besonders im Fokus stehen.
Johannes Fischer
Johannes Fischer

Für Konstanze Klosterhalfen beginnt die Leichtathletik-WM in Doha schon vor ihrem ersten Auftritt am Mittwoch mit einer Hiobsbotschaft.

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Alberto Salazar, Cheftrainer des Nike Oregon Projects (NOP), bei dem auch die deutsche Überfliegerin der Saison unter Vertrag steht, ist am Montagabend wegen des Verstoßes gegen die Doping-Richtlinien durch die US-Anti-Doping-Agentur (USADA) für vier Jahre gesperrt worden.

Auch der Endokrinologe Jeffrey Brown, der beratend für das NOP tätig war und dort einige Athleten medizinisch betreute, wurde für vier Jahre aus dem Verkehr gezogen.

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Salazar selbst ist zwar nicht Trainer der deutschen Medaillenhoffnung - dennoch wirft die lange Sperre Fragen auf.

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SPORT1 erklärt, wegen welcher Vergehen der frühere Marathonläufer verurteilt wurde, wie Salazar sowie Sportartikelhersteller Nike reagieren und was die Sperre des NOP-Chefs für Klosterhalfen bedeutet.

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Was wird Salazar vorgeworfen?

Salazar wird in dem Bericht beschuldigt, auf gefährliche Weise die Leistung seiner Athleten gesteigert zu haben. Demnach sei es "nahezu sicher", dass der frühere Marathon-Star gegen Anti-Doping-Bestimmungen verstoßen habe. 

Der gebürtige Kubaner habe mit Testosteron gehandelt, Dopingkontrollen manipuliert und das unerlaubte Zuführen von L-Carnitin (ein Stoff, der Fett in Energie verwandelt) verantwortet, heißt es im USADA-Schreiben.

USADA-Chef Travis Tygart ließ in dem Statement verlauten, dass Salazar und Brown gezeigt haben, dass "Siegen wichtiger war als die Gesundheit und das Wohlbefinden der Athleten, denen sie verpflichtet waren".

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SPORT1-Redakteur Johannes Fischer ist bei der Leichtathletik-WM in Doha vor Ort
SPORT1-Redakteur Johannes Fischer ist bei der Leichtathletik-WM in Doha vor Ort

Die USADA lobte bei der Verkündung der Sperre die Mitarbeit von ehemaligen NOP-Athleten. "Sie hatten die Courage, auszupacken und die ultimative Wahrheit zu enthüllen", sagte Tygart.

Laut BBC gehören Marathonläuferin Kara Goucher und der frühere NOP-Trainer Steve Magness zu den Zeugen, die gegen ihren früheren Chef ausgesagt hätten. Insgesamt habe man Informationen von 30 Zeugen erhalten, teilte die USADA mit.

Was sagt Salazar dazu?

In einer Stellungnahme auf der NOP-Seite bestreitet Salazar die Vorwürfe der USADA vehement.

"Ich bin schockiert über dieses Ergebnis", heißt es in einer auf der NOP-Website verbreiteten Stellungnahme.

"Das Oregon Project hat niemals Doping geduldet und wird es niemals dulden. Ich werde Einspruch einlegen und nach vorne blicken", sagte Salazar:

"Während dieser sechsjährigen Untersuchung haben meine Athleten und ich eine ungerechte, unethische sowie äußerst schädigende Behandlung durch die USADA erfahren. Dies belegt schon die von Travis Tygart (USADA-Chef, d. Red.) veröffentlichte irreführende Aussage, dass wir das Gewinnen über die Gesundheit der Athleten stellen. Das ist völlig falsch."

Wie reagieren Klosterhalfen und der DLV?

Klosterhalfens Management reagierte "überrascht und ein Stück weit geschockt" auf die Nachricht aus den USA. "Aber es ändert ja an der Situation nichts: Konstanze ist entschieden gegen jegliche Art von verbotenen Substanzen. Sie ist nie damit in Berührung gekommen", sagte ihr Manager Dany Biegler der dpa

Eine Stellungnahme gibt es auch von DLV-Präsident Jürgen Kessing, der keinen Zweifel an der Integrität seiner Topläuferin hat: "Konstanze ist eine mündige Athletin. Schon im Vorfeld der WM in Doha hat sie sich mehrfach zu kritischen Fragen positioniert und dabei verdeutlicht, dass sie dem deutschen und internationalen Anti-Doping-Kontroll-System unterliegt. Trotz intensiver Kontrollen gab es bei ihr keine Beanstandungen, und sie lehnt jede unerlaubte Methode ab."

Sebastian Weiß, Bundestrainer für den Mittel- und Langstreckenbereich, sagte auf SPORT1-Nachfrage, er teile die Ansicht des Präsidenten. 

Von Klosterhalfen selbst gibt es noch keine Reaktion. Die Ausnameathletin wird am Mittwoch ihren ersten Vorlauf bestreiten, wobei sie sich laut dpa für die 5000 Meter entschieden hat. 

Muss Klosterhalfen jetzt auch unter Generalverdacht stehen?

Nicht notwendigerweise. Die 22-Jährige ist nicht in Salazars Trainingsgruppe, sondern trainiert unter Coach Pete Julian. Bundestrainer Weiß sagte bei SPORT1 nach der DM von Berlin, wo sie den deutschen Rekord über 5000 Meter um 15 Sekunden verbesserte, er würde "die Hand für sie ins Feuer legen".

Klar ist aber auch: Nach der Verurteilung Salazars muss sie sich mehr denn je unangenehme Fragen stellen lassen.

Dass es Ungereimtheiten im NOP-Camp geben könnte, war schon lange klar, bevor sich Klosterhalfen im November 2018 dem NOP anschloss. Bereits 2017 hatte die russische Hacker-Organisation Fancy Bears verschiedenen Medien einen USADA-Untersuchungsbericht über die umstrittenen Methoden des NOP zugespielt. 

Dennoch hatte sich Klosterhalfen dazu entschlossen, den Schritt nach Portland zu wagen - mit dem Wissen, dass die Doping-Frage in der deutschen Medienlandschaft eine Rolle spielen würde. Diese wurde umso größer, nachdem sie in diesem Jahr reihenweise ihre Bestleistung pulverisierte.

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Bei SPORT1 sagte sie kurz vor den Deutschen Meisterschaften im August: "Mir war schon bewusst, dass es sicher auch kritisch gesehen wird. Man bekommt das mit und ist im ersten Moment auch nicht glücklich darüber. Aber ich gehe nicht darauf ein und lasse es so gut es geht an mir abprallen. Ich weiß inzwischen, wie viel hier gearbeitet wird, wir Athleten trainieren superhart und die Leute hier kitzeln jede Kleinigkeit heraus."

Sind die Leistungssprünge ein Indiz für Doping?

Klosterhalfen ist eine absolute Ausnahmeerscheinung, ihre Werte waren bereits in jungen Jahren beeindruckend. 

An der Uni Leipzig, wo Klosterhalfen schon mehrmals auf Herz und Nieren untersucht wurde, sieht man eine logische Fortsetzung ihrer früheren Leistungen. "Wie in den Ergebnisdatenbanken der Leichtathletik ersichtlich wird, ist die Leistungsentwicklung von Konstanze Klosterhalfen ein Prozess, der sich bereits im Schüler- und Jugendalter angedeutet hat", heißt es auf SPORT1-Nachfrage aus dem Institut für angewandte Trainingswissenschaft. 

Auch der Leistungssprung in dieser Saison ist nicht zwingend ein Indiz für Doping. Im Vorjahr setzte Klosterhalfen eine langwierige Knieverletzung monatelang außer Gefecht, so dass sie in ihrer Entwicklung gebremst wurde.

Zudem fördern die professionelleren Bedingungen in den USA ihre Entwicklung: Sauerstoffreduzierte Luft im Wohnhaus der Athleten oder Laufbänder im Wasser gehören dort zu den innovativen Trainingsmethoden, die in Deutschland nicht zu finden sind.

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Was sagen die Doping-Experten?

Der frühere Leiter des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln, Professor Wilhelm Schänzer, ist sicher, dass Klosterhalfens Rekord kein Indiz für den Einsatz unerlaubter Mittel ist. 

"Natürlich sind ungewöhnliche Leistungen auch ohne Doping möglich", sagte Schänzer im August bei SPORT1 - und hat damit eine andere Meinung als sein früherer Kollege Fritz Sörgel.

Sörgel, Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Heroldsberg bei Nürnberg, hatte sich in der Rheinischen Post skeptisch über Klosterhalfens 3000-Meter-Rekord geäußert, der Ende Juni spektakulär verbessert wurde. "Die Leistung muss ja irgendwie zustande gekommen sein. Nur durch Training allein würde ich eher nicht annehmen", mutmaßte er.

Eine Unterstellung, die Schänzer so nicht stehen lassen will. Seiner Meinung nach sei Klosterhalfens Rekordlauf nach aktuellem Kenntnisstand in erster Linie "eine tolle Leistung, die gewürdigt werden sollte".