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Basketball-EM: Eine Überraschung, die auch Deutschland fürchten muss

Schockt er auch Deutschland?

Im Halbfinale schrieb Ercan Osmani türkische Basketball-Geschichte. Der Center steht sinnbildlich für die Stärke der Türken, die auch Deutschland Probleme bereiten kann. Sein Trainer bringt ihn sogar für die NBA ins Gespräch.
Ercan Osmani war der Held der Türkei im EM-Halbfinale gegen Griechenland
Ercan Osmani war der Held der Türkei im EM-Halbfinale gegen Griechenland
© IMAGO/MN Press Photo
Im Halbfinale schrieb Ercan Osmani türkische Basketball-Geschichte. Der Center steht sinnbildlich für die Stärke der Türken, die auch Deutschland Probleme bereiten kann. Sein Trainer bringt ihn sogar für die NBA ins Gespräch.

Mit großer Vorfreude erwarteten alle das Duell der beiden Superstars Alperen Sengün und Giannis Antetokounmpo. Doch dann kam ein überraschender Held, der allen die Show stahl.

Denn nicht Antetokounmpo und auch nicht Sengün dominierten das Halbfinale der Basketball-EM zwischen der Türkei und Griechenland, sondern Ercan Osmani. Unglaubliche 28 Punkte erzielte der Center und schrieb gleichzeitig türkische Basketball-Geschichte: Mehr Punkte erzielte in einem K.o.-Spiel bei einer EM noch kein Türke.

„Ich bin sehr glücklich, dass wir im Finale sind. Danke an unsere Trainer, dass sie uns so gut eingestellt haben. Ich bin stolz, dass ich dem Team mit meiner Leistung helfen konnte“, sagte Osmani nach dem Spiel auf der PK sehr bescheiden.

Fast verschüchtert saß er in Riga im Pressekonferenzraum und konnte wohl selbst noch nicht so ganz glauben, was gerade passiert war. Denn eigentlich ist er nicht als großer Scorer, sondern als Rollenspieler bekannt.

Basketball-EM: Osmani zeigt Spiel seines Lebens

Dass Osmani gegen Griechenland das Spiel seines Lebens erleben könnte, wurde schon in den ersten Minuten deutlich. Gleich nach knapp einer Minute verwandelte er eiskalt seinen ersten Dreier.

„Wir wussten, dass Giannis meist in der Zone bleibt und nicht bis zur Dreierlinie rauskommt. Das hat Ercan Räume gegeben. Zum Glück hat er dann gleich seinen ersten Wurf getroffen und daraus extremes Selbstvertrauen gezogen“, lobte Trainer Ergin Ataman nach dem Spiel.

Und wie Osmani aus diesem ersten Treffer Selbstvertrauen zog! Anschließend funktionierte für den Center alles: Allein im 1. Viertel erzielte er 14 Punkte und war der Hauptgrund, dass die Türkei schon auf zehn Punkte Vorsprung davonzog (26:16).

Viele Beobachter rieben sich aufgrund dieser Scoring-Explosion verdutzt die Augen. Die eigentlichen Superstars Sengün und Antetokounmpo standen zusammen zu diesem Zeitpunkt bei 1/11 aus dem Feld und damit deutlich im Schatten von Osmani.

Osmani meldete Antetokounmpo ab

Aber nicht nur in der Offensive überzeugte der Center, er war auch in der Defensive einer der Hauptgründe, dass Hellas-Gigant Antetokounmpo so gar nicht ins Spiel fand. Jedes Mal, wenn der „Greek Freak“ den Ball bekam, klebte Osmani schon an ihm dran.

Am Ende des Spiels stand der NBA-Superstar bei mickrigen 12 Punkten. Er nahm nur 13 Würfe, weil er von Osmani und seinen Kollegen oft gedoppelt oder sogar getrippelt wurde und so den Ball passen musste.

Mit einer Plus-Minus-Bilanz von -30 ging Giannis schon Minuten vor dem Spielende auf die Bank. Der Frust über den Spielverlauf war ihm deutlich anzusehen.

„Wir haben Ercan Osmani auf ihn angesetzt und er hat einen fantastischen Job gemacht“, lobte NBA-Star Alperen Sengün seinen Teamkollegen direkt nach dem Spiel.

Ataman glaubt, dass „viele NBA-Teams anrufen werden“

Sein charismatischer und oft zur Übertreibung neigender Cheftrainer Ataman stellte die Leistung seines Centers gewohnt euphorisch heraus: „Das war eine der besten defensiven Leistungen, die ich auf solch einem Level und in solchen einem Spiel je gesehen habe.“

Danach holte Ataman sogar noch weiter aus und sagte lachend: „Osmani hat Giannis fantastisch verteidigt. Ich weiß nicht, ob meine Freunde bei Anadolu Efes jetzt Probleme bekommen, ihn zu halten, weil bestimmt viele NBA-Teams anrufen werden, um ihn zu holen und so eine Möglichkeit zu finden, Giannis zu stoppen.“

Während Ataman von seinem Spieler schwärmte, saß dieser übrigens auf der PK daneben. Die Aussagen seines Trainers wollte er nicht kommentieren, er lächelte nur leicht verlegen.

Osmani ist das Sinnbild der türkischen Stärke

Auch wenn Osmani auf das Loblied seines Trainers eher schüchtern reagierte, zeigt es trotzdem deutlich, wie es Motivator Ataman gelungen ist, all seine Spieler stark zu reden und zu machen.

Und so kommt der Leistungsausbruch von Osmani, der in der EuroLeague eher Mitläufer ist (6,5 Punkte im Schnitt), doch nicht komplett aus dem Nichts.

Denn bei den Türken ist längst nicht mehr nur Superstar Sengün von den Houston Rockets gefährlich. Auch durch das Vertrauen des Trainers kann fast jeder Spieler explodieren.

Deutschland sollte gewarnt sein

Deswegen zeigt Osmanis überragender Auftritt, dass Deutschland vor dem Finale auch vor der Tiefe der Türken gewarnt sein sollte. Der Center könnte im EM-Finale dann mit dem ersten EM-Titel erneut türkische Basketball-Geschichte schreiben.

Vielleicht kommt es auch im Endspiel nicht auf das Duell Schröder/Wagner gegen Sengün an, sondern auf Spieler, die man aktuell noch nicht zu 100 Prozent auf dem Schirm hat.